Es war vor zweieinhalb Jahren, so um Weihnachten, als Silke Abendschein bei einem Besuch auf Mallorca endlich verstand, woher diese Leidenschaft kam. Einige Jahre hatte sie ihre Protagonistin, die mallorquinische Choreografin Avatâra Ayuso begleitet. Aber erst bei dem Besuch bei ihrer Familie wurde Abendschein klar, dass diese Passion auf einer Finca außerhalb Palmas begründet liegt. „Mallorca ist keine Insel, Mallorca ist ein Grundnahrungsmittel", fasste die Mutter Ayusos das Konzept zusammen.

Ihre Tochter ist eine von drei Frauen, von denen Abendscheins Film „El séptimo sentido. I am a Dancer. Von der Kunst zu leben" handelt, der am Freitag (20.4.) international auf DVD und als Video on Demand erscheint. Der Film wurde in Dresden, Barcelona, London und auf Mallorca gedreht. Auch deshalb ist der Titel dreisprachig.Fasziniert von der Persönlichkeit

Ayuso stand am Anfang der Dreharbeiten. 2009 lernte Abendschein, die damals noch als Kostümbildnerin arbeitete, die Mallorquinerin im Festspielhaus Hellerau in Dresden kennen. „Ich war total fasziniert von ihrer Persönlichkeit", sagt die Regisseurin. Auch die Tänzerin Eugènia Morales, ebenfalls Mallorquinerin, war damals beteiligt. Wohin der Film gehen sollte, war damals alles andere als klar. „Erst nach drei Jahren hat sich die Geschichte so langsam zusammengefügt", sagt Abendschein. Zu dem Zeitpunkt hatte sie die aus Murcia stammende Tänzerin Alejandra Banjo als Protagonistin gewonnen.

Herausgekommen sind drei sehr unterschiedliche Geschichten. Ayuso, die in London lebt, hat sich einen Namen als Choreografin gemacht. 2015, im letzten Jahr der Dreharbeiten, wurde sie für den UK National Dance Award nominiert. Die gelernte Architektin Morales hingegen machte, bedingt auch durch die Schwierigkeiten, sich in ihrem Berufsfeld durchzusetzen, in einem Arbeiterviertel in Barcelona eine Tanzschule auf. Den Kindern näht sie dort sogar eigenhändig die Kostüme. Die alte Autowerkstatt dient zudem Tänzern, die nicht von ihrer Kunst leben können, als Proberaum. „Es ist beeindruckend, mit welchem Engagement und mit wie wenig Geld sie das auf die Beine gestellt hat", sagt Abendschein. Alejandra Banjo, die dritte ­Protagonistin, orientierte sich im Lauf der Zeit von einer Tänzerin zu einer Yoga-Lehrerin um.

Ein Film über Leidenschaft

„El séptimo sentido" ist ein Film über Menschen, die mit dem Tanz zu tun haben, ohne ein getanzter Film à la „Pina" zu sein. Stattdessen erzählt er anhand dreier Porträts von den Anstrengungen, die das Leben als Künstlerin mit sich trägt. „Aber der Fokus liegt nicht auf dem Negativen", sagt Abendschein. „Es ist ein Film über die Leidenschaft. Über den Antrieb, den man braucht, um sich durchzusetzen." Gleichzeitig ginge es auch um Migration - und den Tanz als eine Kunstform, die Kulturen miteinander verbindet. Und nicht zuletzt ist es auch eine Studie darüber, wie sich die Menschen in einer Wirtschaftskrise zu helfen wissen.

Dass der Film von Frauen handelt, ist kein Zufall. „Mich faszinieren Frauen, die ihren eigenen Weg gehen", sagt Abendschein. Auch ihr erster Film, die in Indien gedrehte Doku „Chellaponnu" aus dem Jahr 2011, handelte von Frauen. Im Bereich des Tanzes ergebe sich zudem ein offensichtliches Gefälle. „Es gibt unglaublich viele Tänzerinnen, aber bei den Choreografen dreht sich das Verhältnis um." Das sei zwar im Wandel begriffen, aber bis es da ein Gleichgewicht gebe, werde es noch dauern, so die Filmemacherin.

„El séptimo sentido. I am a Dancer. Von der Kunst zu leben", Regie: Silke Abendschein, 2017, 76 Min. Die DVD ist ab dem 20.4. im Handel und kostet 17 Euro, Video-on-Demand unter www.lighthouse-film.com und bei iTunes.