Sanft schmiegt sich das Dörfchen Son Servera an den Hügel Puig de sa Font. Kaum einer würde vermuten, dass sich hier eine der ältesten und vielleicht auch schönsten Galerien der Insel verbirgt. Am vergangenen Freitag hat Sa Pleta Freda wieder ihre Türen für den Sommer geöffnet: mit einer Vernissage des im Jahr 2000 auf Ibiza verstorbenen deutschen Künstlers Eduard Micus (Höxter, 1925).

Es ist nicht das erste Mal, dass Micus' Bilder in Son Servera zu sehen sind. Vor zehn Jahren gab es schon einmal eine Ausstellung. Einer der zwei Galeristen, Toni Esteva, hatte die Tochter des Künstlers, Katja Micus, bei der Ausstattung des Gran Hotel Ibiza kennengelernt.

Für die aktuelle Ausstellung trafen sie gemeinsam eine subjektive Auswahl. Es sind Werke aus einer sehr großen Zeitspanne, von den frühen 80ern bis zu den 90er-Jahren. „Es geht immer um den Kontrast", um Gegensätzliches wie Yin und Yang, erklärt Katja Micus, als sie uns durch die Ausstellung führt. Es ist stets die rechte Seite, die den Kontrast zu einer gewissen Leere auf der linken Seite des Bildes setzt. Micus fand diese Darstellungsweise für sich bereits während seines Studiums an der Kunstakademie ­Stuttgart bei Willi Baumeister, einem der großen Künstler der deutschen Nachkriegsmoderne. Seitdem war sie eine Konstante in seinem ­-uvre.

Bei den älteren ausgestellten Werken schleicht sich hier und da noch leuchtende Farbe ein, die mit der Zeit immer weiter abnimmt. Einige Werke weisen nur noch materialbedingte Kontraste auf. Das Material ist ohnehin ein wichtiges Element: Micus platziert auf der rechten Seite der Leinwand zerrissene Stofffetzen, kaputte Obstkisten, alte Zigarettenschachteln ?

Die meisten Bilder sind ohne Glas gerahmt, sodass sich diese Fragmente in den Raum hinein erstrecken können. Manche Leinwände haben keinen Keilrahmen. Sie sind dicht an der Wand aufgehängt, scheinen aus ihr hervorzuwachsen. Es ist eine lebendige Ergänzung der alten, unebenen Gemäuer. Die ­Galerie ist in drei zusammenhängenden alten Stadthäusern untergebracht. In ihrem Inneren ist es kühl, und der typische, leicht feuchte Geruch steigt einem in die Nase.

Sein eigenes Haus hat Eduard Micus nur selten verlassen. „Er war immer im Atelier", erzählt Katja Micus. „Abends hieß es dann: 'Jetzt kommt's mal, sagt was dazu!'" Um den frei hängenden Leinwänden ihre papierne Beschaffenheit zu geben, mussten sie und ihr Bruder manchmal beim Kleben von Zeitschriftenseiten mithelfen.

Ihr Vater war 1972 nach Ibiza gezogen. Sie selbst kam nach, nachdem sie Schule und Ausbildung zur Goldschmiedin beendet hatte. „Ich kam an, und da stand schon ein halbes Haus!", erinnert sie sich. Eigentlich wollte sie die Eltern nur besuchen, aber sie begann, am Haus mitzubauen und blieb über Umwege schließlich da.

Aus dem halben Haus wurde mit der Zeit ein Ensemble aus drei Gebäuden, in denen die Familie lebte und Eduard Micus sein Atelier hatte. Ein Haus war als Ausstellungsraum gedacht. Eduard Micus nannte es den „Espacio Micus". Dort lagerten und hingen die Bilder, ab und zu gab es auch Lesungen oder Happenings.

Katja Micus bemüht sich darum, dieses Erbe aufrechtzuerhalten. Sie hat aus dem Espacio Micus eine richtige Galerie gemacht. Dort finden sowohl die Werke ihres Vaters als auch zeitgenössische Künstler Platz. Auswahl gibt es genug: Aufgrund seiner unablässigen Produktivität hat Eduard Micus sehr viele Arbeiten hinterlassen.

Sa Pleta Freda, C/. Pleta Freda, 2, Son Servera. Di. bis Sa. von 18 bis 21 Uhr, bis Mitte September. Preise ab 3.000 Euro.