Von der Staatsoper Hannover ins Teatre d'Artà: Derzeit steht Tadashi Endo in der Wagner-Oper „Tristan und Isolde" in der niedersächsischen Landeshauptstadt auf der Bühne, Anfang November kommt er eine Woche lang auf die Insel, um eine Butoh-Woche abzuhalten. Der in Göttingen lebende Japaner ist einer der wichtigsten Vertreter dieser Tanzform, die in den 60er-Jahren in seinem Heimatland entstanden ist.

Von „Tanz der Dunkelheit" spricht Cäcilia Cartellieri, die die Butoh-Woche im Teatre d?Artà organisiert und den 71-jährigen Künstler schon länger kennt. In der Dokumentation „Dancing in Between" erzählt Endo über die Ursprünge dieser Bühnenkunst, die von Melancholie und langsamen Bewegungen geprägt ist: „Butoh war ein Protest gegen die konventionelle, immer mehr amerikanisierte Kultur, die sich in Japan insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebreitet hat."

Die Folge war eine Abkehr von allen Standards des zeitgenössischen Tanzes: Performances auf der Straße und anderen Orte, die eben keine klassische Theaterbühne waren. Eine Suche nach Hässlichkeit oder zumindest eine Negierung der Schönheit, die sonst in den Kostümen und den Bewegungen Ausdruck findet. „Stattdessen sagte man: Tanz ist das Leben und das Leben ist nicht immer schön", so Endo. So habe Butoh eine neue Ästhetik gefunden. Eine, die ihren Ausdruck im echten Leben findet. „Wie in dem Moment, wenn ein Kind geboren wird. Es ist voller Blut, hat ein zerquetschtes Gesicht und es schreit. Das ist das pure Leben. Butoh sucht diese Momente im Tanz."

Eingeleitet wird die Butoh-Woche am 31.10. mit dem Film „Kirschblüten-Hamami" von Doris Dörrie mit Hannelore

Elstner und Elmar Wepper, in dem Endo als Butoh-Tänzer eine Rolle hat. Der Film wird auf Deutsch mit spanischen Untertiteln im Teatre d?Artà gezeigt. Der Eintritt ist frei.

Am 3.11. zeigt Endo an gleicher Stelle seine etwa einstündige Performance „Maboroshi", was auf Japanisch „Wesen ohne Gestalt" bedeutet. Darin setzt sich der Künstler tänzerisch mit dem Tod auseinander und mit der Frage, was mit der Seele passiert, welche Form sie hat. „Ich versuche mit meinem materiellen Körper etwas Immaterielles darzustellen", erklärt Endo in einem Fernsehinterview. „Das werden einige sicher für unmöglich halten. Aber einige im Publikum fangen an, etwas zu spüren, sie kommen in eine Art Trance." Begleitet wird die Aufführung von sphärischen, meditativen Klängen und zarter klassischer Musik. Das Göttinger Tageblatt schrieb vergangenes Jahr über „Maboroshi": „Als Tänzer ist Endo weder Mann noch Frau. Er ist Mensch, Kreatur. Auf dem Boden liegend muss er sich ganz langsam ins Leben hineinkämpfen, bis er aufrecht steht - zum Menschen wird." Die ­Performance beginnt um 20.30 Uhr, der Eintritt kostet 15 Euro.

Hauptteil der Butoh-Woche ist ein fünftägiger Workshop (6.-10.10.). „Es ist sowohl eine Gelegenheit für alle, die den Butoh-Tanz lernen möchten, als auch für Tänzer, die ihr Repertoire um eine weitere Ausdrucksform ergänzen möchten", sagt Organisatorin Cartellieri. Die gemeinsame Arbeit findet in den Tagen von jeweils 12.30 bis 16.30 Uhr in einem Probe-Raum des Teatre d?Artà statt. Unterrichtssprache ist Englisch. Der Kurs kostet 250 Euro. Interessenten können sich unter der Telefonnummer 649-80 32 65 oder per E-Mail unter cecilia.cartellieri@web.de bei Cäcilia Cartellieri melden.