Als Anfang Februar vergangenen Jahres das erste Album endlich fertig war, packte die beiden die Nervosität. Was würden die Puristen, die ja nun einen nicht gerade geringen Anteil des Klassikpublikums ausmachen, dazu sagen? Ein Cellist mit Loop-Pedal und eine Sopranistin, die klassische Stücke, Jazz, Fado und traditionelle mallorquinische Musik verbinden und auf der Bühne auch noch ein Schlagzeug dabei haben? Konnte das Konzept Voicello aufgehen?

Carme Garí und Biel Fiol sehen alles andere als wie Revoluzzer aus. Es sind freundliche, junge Menschen Anfang 30. Sie aus Palma, er aus Felanitx. Seit wenigen Jahren sind sie ein Paar. Beide sind am Konservatorium ausgebildete Musiker. Wenn sie davon erzählen, dass sie etwas Innovatives machen wollten, „ohne groß zu stören", klingt es eher entschuldigend denn als Kampfansage.

2018 sollte ihr Jahr werden

Aber sie wirken auch nicht, als ob sie nicht wüssten, was sie tun. 2018, das hatten sie im Vorfeld beschlossen, würden sie es einfach mal probieren. Garí kündigte ihren Job als Musiklehrerin. Fiol fuhr die Stunden an der Musikschule zurück und sagte viele Projekte mit anderen Musikern ab. Er kümmerte sich um die Arrangements, das künstlerische Konzept, sie um die Vermarktung.

2018 sollte ein gutes Jahr für Voicello werden. Allein in den vergangenen anderthalb Monaten gewannen sie einen balearischen Musikpreis für das beste Klassikalbum des Jahres, veröffentlichten unter der Regie des Goya-nominierten Joan Bover ihren ersten Videoclip zu „Cançao do mar d'arrels" und gestalteten das musikalische Programm beim offiziellen Festakt zum Inselfeiertag „Diada de Mallorca im Teatre Principal. In den Monaten zuvor tourten sie durch die Dörfer der Insel, spielten aber auch in England, Italien und in Valencia.

Die Entdeckung des Pedals

Angefangen hatte alles vor sechs Jahren, als Fiol unter dem Titel „Cello Works" ein Album mit Eigenkompositionen für drei Celli aufnahm. „Damals kannte ich das Loop-Pedal noch gar nicht", erzählt er. Das Effektgerät erlaubt Musikern, live mehrere Spuren über­einanderzulegen, sodass man allein mehrere Stimmen eines Instruments spielen kann. „Dadurch musste ich nicht immer zwei weitere Musiker buchen, was ich mir nicht leisten konnte", sagt Biel Fiol.

Die Gagen waren auch der Grund, warum Fiol vor einigen Jahren Garí - sie waren schon ein Paar - bei einem Konzert begleitete. „Ich sollte singen, konnte aber keine weiteren Musiker bezahlen", erzählt Garí. „Also fragte ich Biel, ob er mich mit dem Cello und Pedal begleiten könnte. Wir haben damals einfach ein paar Arien aneinandergereiht."

Der beste Ratschlag kam vom Chorleiter

Am Anfang beschränkte sich Voicello auf klassische Stücke. Es sei Joan Lainez, Leiter des Mallorca Gay, gewesen, der den beiden vorschlug, bei einem Konzert auch mal andere Stücke auszuprobieren. „An dem Tag kamen die Leute nach dem Konzert und sagten: Heute habt ihr zum ersten Mal richtig hübsche Lieder gespielt", sagt Garí mit einem gequälten Lächeln. „Ab da wussten wir: Schöne Lieder bedeutet - keine Arien."

Wenn man mit Carme Garí und Biel Fiol spricht, kommen schnell die Themen auf, die auch die anderen Musiker der Insel beschäf­tigen. Die Schwierigkeit, Konzerte zu geben, die Sorge, dem begrenzten Publikum auf Mallorca auf die Nerven zu gehen, wie wichtig es sei, auf dem Festland zu spielen. Aber bei Voicello klingt es irgendwie anders. Unbekümmerter.

Kein Profi, aber viele Ideen

Garí mag keine gelernte Marketingfrau sein, aber sie hat Ideen. „Wir haben festgestellt, dass wir Konzerte in den Dörfern vollkriegen, die Leute dafür aber häufig extra anreisen, also wenige Dorfbewohner kommen." Die Lösung: In den kommenden Monaten werden Voicello zusammen mit den Gemeindechören Konzerte geben. „Es ist wahrscheinlich, dass dann Angehörige der Sänger kommen. So erschließen wir uns ein neues Publikum." Fiol schreibt die Partituren, schickt sie an den Chor. Der Aufwand ist vergleichsweise gering.

Der erste große Auftritt steht aber am 9. Februar um 20.30 Uhr an. Ein Jahr nach Erscheinen des Debütalbums spielen Voicello zum Jubiläum ein Konzert im Teatre Xesc Forteza in Palma de Mallorca. „Es ist eine Herausforderung", sagt Garí. „Wenn wir es schaffen, die 360 Plätze zu füllen, wäre das grandios."

Nebenbei nimmt Fiol sein zweites „Cello-Works"-Solo-Album f auf. Es soll noch in diesem Jahr erscheinen. Für kommendes Jahr ist dann das zweite Voicello-Album geplant. Und wenn es nicht klappt? „Dann fange ich halt wieder mit dem Musikunterricht an", sagt Garí. „So haben wir es aber wenigstens versucht."