Es waren Sätze, die aufrütteln sollten: „CineCiutat ist das charismatischste Kino auf Mallorca und der wichtigste Katalysator eines vielfältigen Kinoprogramms auf dieser Seite des Mittelmeers", hieß es Ende Januar selbstbewusst in der Einberufung einer außerordentlichen Versammlung der Vereinsmitglieder. „Aber wir dürfen nicht den Fehler begehen, seinen Fortbestand und seine Bedeutung für selbstverständlich zu halten." Oder anders gesagt: Wenn nichts geschieht, könnte eines der erfolgreichsten Kulturprojekte Mallorcas - die Übernahme der

Renoir-Kinos durch die Bürgerinitiative Xarxa Cinema im Jahr 2012 - bald vor dem Aus stehen. Die Probleme sind vielfältig, wie Javier Pachón, der aktuelle Leiter von CineCiutat auf der Mitgliederversammlung ausführte.

Die Finanzen

Derzeit hält sich das Kino gerade so finanziell über Wasser. Das bedeutet: Jede außergewöhnliche Ausgabe wird zu einem Problem, sei sie nun groß, wie die Erfüllung der Auflagen einer Arbeitsschutz-Inspektion oder die Reparatur eines Projektors, oder klein, wie eine kaputte Scheibe in den Aushängen am Kino-Eingang. „Es gibt immer mehr Komplikationen", sagt der Filmvorführer Miquel Rigo, einer von fünf fest angestellten Mitarbeitern. Das ansonsten von Freiwilligen betriebene Kino veraltet, eine Renovierung wird immer dringlicher.

Eine Belastung ist vor allem die für ein Kulturprojekt außerordentlich hohe Miete von 9.100 Euro im Monat. Der Pächter des stadteigenen ehemaligen Schlachthofgeländes s'Escorxador, das andalusische Unternehmen Mercasa, lässt nicht mit sich reden, schon gar nicht vor Ablauf des Pachtvertrages im Jahr 2021. Bislang konnte ein Großteil der Miete durch die Beiträge der Mitglieder aufgebracht werden. Doch deren Zahl sinkt leicht. Derzeit zahlen 963 Kinofreunde einen Jahresbeitrag von 100 Euro (ermäßigt 70 Euro), um zu verbilligten Konditionen Filme in Originalfassung mit Untertiteln sehen zu können. 2015 waren es noch 1.300 Mitglieder.

Die Filme

Dank CineCiutat lassen sich in der 400.000-Einwohner-Stadt Palma die gleichen aktuellen Autorenfilme sehen wie in Metropolen wie Madrid, Berlin oder Paris. Neben der Entstehungsgeschichte des Kinos und seinen vielfältigen Initiativen ist es auch dieses Angebot, das international immer wieder für Aufsehen sorgt. Da sich die vier Säle zumindest in Palma damit aber nur bedingt füllen lassen, bemüht sich das CineCiutat stets auch um den einen oder anderen Blockbuster fürs breite Publikum - nur diese Filme spülen genug Geld in die Kassen, um auch Abseitigeres zeigen zu können. Das Problem: An diese Filme, häufig große US-Produktionen, ist nicht einfach heranzukommen: Die Verleihfirmen, die an jeder verkauften Eintrittskarte mitverdienen, ziehen es vor, sie an größere Ketten und Säle zu vergeben.

Auf Mallorca gehört neben dem spanienweiten Big Player Cinesa (Fan, Festival Park) auch die einheimische Aficine-Gruppe (Ocimax, Manacor, Rivoli, Augusta) dazu - die ebenfalls sehen muss, wo sie bleibt. In den vergangenen Monaten hatte CineCiutat häufiger das Nachsehen, und das wirkt sich direkt auf die Einnahmequelle Kartenverkauf aus. Selbst jetzt im Winter, eigentlich Hochsaison für Kinogänger, kommen weniger Zuschauer als in den Vorjahren „Derzeit läuft es ganz schlecht", sagt Rigo. Da kann die Möglichkeit, den Saal mit einem bekannten Film zu füllen, einen großen Unterschied machen: So wird die bejubelte Netflix-Produktion „Roma" gezeigt.

Die Strategie

CineCiutat steht mit dem Zuschauerschwund nicht allein da. In Deutschland sind die Zuschauerzahlen 2018 um 15 Prozent gefallen, gegenüber 2015 sogar um fast 30 Prozent. Hier wie dort versuchen die Kinos gegenzusteuern: mit neuen Angeboten, mehr Komfort, Events. CineCiutat hat schon einiges ausprobiert und damit auch schon zusätzliche Einnahmen generiert. Es gibt Kinderkino, Festivals, Schulvorführungen, Kino auf Katalanisch, Videospiel-Partys. Das weiter auszubauen und das Kino, vielleicht sogar mit zusätzlichen Räumen, zu einer Begegnungsstätte auch abseits der Filme zu machen, ist eine mögliche Perspektive.

Um sich neu aufzustellen und die vier Säle auf Vordermann zu bringen aber braucht es Geld, mindestens 100.000 Euro, schätzt Miquel Rigo. Der Vorstand, der aus den für den 9. März angesetzten Wahlen hervorgehen wird, wird Optionen wie Crowdfunding, Investoren-Suche oder Subven­tions-Akquise prüfen. Gelingt es ihm nicht, einen Ausweg zu finden, ist ein von dem Leiter der Mallorca Film Commission Pedro Barbadillo beschriebenes Szenario nicht auszuschließen: „Dann verschwindet CineCiutat, wenn der Pachtvertrag 2021 endet. Und womöglich wird sich kaum jemand daran stören."