Es gibt nichts Leichteres, als auf Mallorca Konzerte zu veranstalten. Gerade im Sommer. Zahlreiche zahlfreudige Urlauber, ein paar Einheimische kriegt man auch mit. Für die Künstler ist es sowieso toll. Fertig ist die Laube. Das Geld fällt vom Himmel. Denkste!

„Mallorca ist ein schwieriges Pflaster, um Konzerte zu veranstalten", sagt Roland Michael. Er weiß, wovon er redet. Seit über 30 Jahren leitet er die Firma Bloch Consulting, die sich auf das Musikbusiness spezialisiert hat. „Wir sind der Vermittler zwischen Veranstaltern und den Managern der Künstler", sagt er. Das heißt: Bekommt ein Veranstalter etwa für ein Festival einen bestimmten Künstler nicht, beauftragt er Roland Michael, damit er es dennoch möglich macht. Oder wenn ein Manager für seinen Künstler neue Konzertorte oder Veranstalter sucht, macht sich Michael auf die ­Suche nach den richtigen Kontakten.

Vor elf Jahren kam er nach Mallorca, in den vergangenen Jahren fing er an, auch auf der Insel Konzerte zu organisieren. Im Rahmen der Konzertreihe „Legends VIP" hat er Michael Bolton, Europe und The Jacksons nach Mallorca geholt. In diesem Jahr reihen sich Nena und ein Konzert zum 50-jährigen Jubiläum der Bandgründung der Les Humphries Singers in die Liste ein.. Er kooperiert auch mit den Veranstaltern des Wacken-Festivals beim „Full Metal Holiday", das im vergangenen Jahr erstmals auf der Insel stattfand, und der mittlerweile fest etablierten „Full Metal Cruise", die in diesem Jahr am 24. April im Hafen von Palma startet.

Mit 18 in die USA

Michael ist in Oberösterreich aufgewachsen, ging mit 18 Jahren in die USA, versuchte sich als Songwriter. „Keinen Hit", antwortet er lachend auf die Frage, was er denn so für Songs geschrieben habe. Später ging es nach London, er produzierte Musik, machte Remixes, ging langsam in das Consulting-Business über. Das Portfolio seiner Firma liest sich beeindruckend. Von Michael Jackson über AC/DC bis hin zu Willie Nelson oder Whitney Houston - er hat mit vielen internationalen Stars zusammengearbeitet. Zahlreiche Platinplatten und Memorabilia der Popgeschichte bedecken die Wände der Kellerräume in dem Dorfhaus in Montuïri, zeugen von seiner Erfahrung und seinen Erlebnissen.

Michael und seine Frau wollten nicht, dass die Kinder in London aufwachsen. Deshalb der Umzug auf die Insel. Früher sei er noch jede Woche in die englische Hauptstadt geflogen, wo ein Büro seiner Firma ist. Das mache er aber lange nicht mehr. Das meiste könne er aus Montuïri erledigen. Das Dorf in der Inselmitte bietet zudem auch einen strategischen Vorteil. Hier ist er weit genug entfernt von der Insel-Society, von der er sich am liebsten fernhalte. „Es gibt viele Sonnenkönige auf Mallorca", sagt er. Leute, die einem irgendwas aufschwatzen wollen. Leute, die einen ausnutzen wollen.

Keine Plastikstühle

Dass Mallorca ein komplizierter Markt sei, habe aber andere Gründe. „Der spanische Musikgeschmack unterscheidet sich sehr vom nordeuropäischen. Das mag teilweise von der Zensur während der Diktatur herrühren. Zum anderen gibt es eine musikalische Nähe zu lateinamerikanischer Musik, etwa Reggaeton, was wiederum in Ländern wie Deutschland und Frankreich nicht so verbreitet ist."

Zudem habe die Insel eine komplizierte Publikumsmischung, da viele unterschiedliche Musiksozialisationen aufeinandertreffen. Der Mallorquiner habe ganz andere Erwartungen an ein Konzert als viele Urlauber. „Die Lebenslust, die hier herrscht, wird nicht von Service und Ausstattung getragen, sondern lässt sich eher als bodenständige Gemütlichkeit beschreiben." Anders sind da die Deutschen. „Die setzen sich etwa nicht gerne auf Plastik­stühle bei einem Konzert."

Große Künstler, die ihre eigene Produk­tion, wie die Bühne für die Tournee, mitnehmen, hätten es besonders schwer. „Durch den Transport mit der Fähre gehen zwei oder drei Tage verloren." Dass auf Mallorca die Ticketpreise deutlich niedriger seien als auf dem Festland, mache die Sache nicht leichter. „Auf Mallorca liegen die Preise für ein normales Konzert bei 20 bis 30 Euro, in Madrid bei 45 bis 65 Euro." Bands wie die Foo Fighters oder U2 unter den Umständen auf die Insel zu holen, wäre nach Ansicht von Roland Michael „ein Kamikazeprojekt".

Jeder Kennt „99 Luftballons"

Als er selbst anfing, auf der Insel Konzerte zu veranstalten, habe er viele Gespräche geführt, um herauszufinden, was die Leute gerne hören. Letztlich musste er aber einfach ins kalte Wasser springen. „Michael Bolton war so ein Grenzfall. Das war okay. The Jacksons war genial und auch Europe lief ziemlich gut." Auch Nena, die am 14. August in Port Adriano auftritt, sieht Michael als international etablierte Künstlerin, die auch das heimische Publikum ansprechen kann. „In Spanien kennt jeder ,99 Luftballons'", sagt er.

Nena auf die Insel zu bringen, sei aber auch der Versuch zu zeigen, dass man musikalisch auch eine andere Art deutschsprachiger ­Musik auf die Insel bringen kann. Allerdings wäre es schwierig, die Strukturen etwa am ­Ballermann zu verändern, selbst wenn man auf andere Künstler setzen würde, die bei jungen Leuten gut ankämen. „In gewisser Weise ist die Partymusik an der Playa ja schon deutsches Kulturgut. Es gibt auch gar nicht die richtigen Veranstaltungsorte an der Playa für eine andere Art von Konzerten." Zudem wären die Gagen etwa für in Deutschland erfolgreiche Rapper ganz andere als jene, die die jetzigen Künstler am Ballermann bekämen. „Da würden 500 Euro nicht reichen."

Mehr Unterstützung

Wenn er sich eine Band aussuchen könnte, die er auf die Insel bringt, wären das die Rolling Stones. Bevor das allerdings so weit ist, würde er gerne ein großes, mehrtägiges Festival auf dem Paseo Marítimo in Palma organisieren - um die Nebensaison zu beleben. „Das Geld der Balearen für Tourismus wäre viel besser in solche Veranstaltungen investiert, als über teure Markenbotschafter Werbung für die Insel zu machen." Die Festivalbesucher würden über Social Media schon selbst dafür sorgen, dass die Attraktivität der Insel bekannter wird.

Das Mallorca Live Festival (10./11.5.), das genau den Ansatz verfolgt, die Nebensaison in Calvià durch Popmusik zu beleben, hält Michael für eine gute Initiative. „Aber es braucht noch viel mehr Unterstützung durch die Regierung und die Behörden. Das kann am Ende nur gut für uns alle sein."