Nein, aufgehört zu malen, habe er nie, sagt Jaume Mayol. So gut wie jeden Tag sei er, wenn es ihm die Zeit erlaubte, die Treppe hochgegangen, in den Raum über seiner Apotheke in Son Servera, in sein Atelier. Ja, die ganzen

27 Jahre seit seiner letzten Ausstellung, damals in der Galerie Maeght in Barcelona. Es war 1992 seine zweite Ausstellung überhaupt. Die erste hatte 1988 stattgefunden, in der Galerie Sa Pleta Freda in Son Servera.

Seit vergangenem Freitag (7.6.) ist er wieder zurück in diesen wunderschönen, verrückten, verwinkelten, weißen Räumen in dem Dorf im Osten der Insel, in die wohl beeindruckendste Galerie Mallorcas. Einmal im Jahr öffnet sie ihre Türen für eine Ausstellung. Seit 1976. Es sind nicht viele Künstler, die in diesen Jahren hier ausgestellt haben. Hier zu wiederholen, ist auch eine Auszeichnung.

„Mir war nicht danach, irgendwem hinterherzulaufen, damit ich ausstellen kann", ist Mayols Erklärung für diese langen Jahre, die er praktisch als Phantom der Kunstwelt gelebt hat, ohne Website, Kunstmessen und Insta­gram-Account. „Ich glaube, das hat mir auch die Möglichkeit gegeben, meinen eigenen Stil zu entwickeln und nicht irgendwelchen Trends hinterherzulaufen, damit eine Galerie meine Bilder zeigen will." Froh sei er natürlich dennoch, dass er wieder gefragt worden ist. Galerist Miquel Servera sei im Laufe der Jahre immer wieder im Atelier vorbeigekommen. Vor drei, vier Jahren habe er erstmals vorgefühlt, ob eine Ausstellung möglich sei.

Mit den expressionistischen Arbeiten, die er vor 31 Jahren gezeigt hatte, haben die heutigen Werke nichts mehr zu tun. Der 60-Jährige zeigt auf eines seiner Bilder. „L'inici" hat er es genannt, „Der Anfang". Die Titel fielen ihm spontan ein, wenn die Arbeiten fertig sind, sagt er. Wie fast alle Bilder der Ausstellung zeigt es breite, vertikale Farbstreifen, die

ineinander übergehen, sich überlappen und hier und da abrupt stoppen. Das Gemälde hat zwei rosafarbene, einen bläulichen, einen beigen und einen braunen Streifen. Aus dem Hintergrund dringen andere Töne hervor. Mayol arbeitet mit Pinsel und Sprühdosen. „Dieses Bild hat für mich eine gewisse Luftigkeit. Ich kann spüren, wie ein leichter Wind durch das Bild weht", sagt er.

Es sind keine abstrahierten Landschaften oder Szenen, die Mayol hier wiedergeben will. Vielmehr Experimente mit Farben und

Strichen, in denen sich irgendwo Gefühle, Momente und Erinnerungen widerspiegeln. Der Galerist Miquel Servera drückt es in seinem Vorwort zum Ausstellungskatalog so aus: „All das, was du in Worten nie sagen oder ausdrücken könntest, beginnt heute in deinem Kopf eine Reise."

Jaume Mayol, der in Felanitx geboren ist, aber seit Jahrezehnten in Son Servera lebt, ist weitgehend Autodidakt. Nach seinem Pharmaziestudium habe er den Wunsch empfunden, noch etwas Künstlerisches zu machen. „Ich war ein Jahr lang an der Kunsthochschule in Palma eingeschrieben, aber wirklich gelernt habe ich da nichts." Er habe sich ja auch später ausreichend Zeit fürs Selbststudium genommen, sagt er augenzwinkernd.

Mayols Bilder werden in der Galerie für 1.400 bis 9.000 Euro angeboten. Nein, nervös sei er nicht vor der Ausstellung, sagt er wenige Stunden vor der Vernissage. „Druck verspüre ich zumindest keinen."