Das Erste, was man spürt, ist Unsicherheit. Die hölzerne Tür fällt zu, und man steht im Eingang der Kapelle des Klosters Sant Domingo und blickt in die Dunkelheit. Im Raum schweben grün leuchtende Elemente. Was genau das ist, begreift man in diesen ersten Sekunden nicht. Von der Seite hört man ein lautes Rauschen. Es klingt wie Wassermassen, ein Fluss vielleicht oder ein Wasserfall. Wie viele Schritte reicht der Boden noch? Bin ich allein?

Schritt für Schritt geht es langsam voran. Allmählich gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit. Man erreicht das erste leuchtende Element. Eine hölzerne, einsehbare Kiste. Darin Neonröhren mit einem Schriftzug. „DelsHorts". Hier und da stehen Stühle im Raum, genauso wie mit Wasser gefüllte Plastikkanister. Das brutale Rauschen der Wassermassen wandelt sich langsam. Mit der Zeit wird es zum Plätschern. Je weiter man in den Raum eindringt, vorbei an weiteren Kisten - manche hängen von der Decke, manche stehen auf dem Boden - hört man noch Naturgeräusche aus einer anderen Quelle, ganz hinten im Altarraum. Zwischendurch erklingen auch mal Sätze, die sich mit dem Thema Wasser auseinandersetzen.

Kunst mit Botschaft

Die Ausstellung „Fonts Vives" (Lebendige Quellen) der aus Österreich stammenden Künstlerin Eva Lootz ist ein Erlebnis für die Sinne. Es lohnt sich, Zeit mitzubringen. Vielleicht hat man Glück, und für ein paar Minuten oder auch nur einen Moment steht manalleine in diesem Raum. Ohne dass jemand den Spaß verdirbt, indem er die Taschenlampe am Handy anmacht. Selbst sollte man sie auch nicht benutzen.

Inhaltlich setzt sich Lootz, die seit über fünf Jahrzehnten in Madrid lebt und mittlerweile auch die spanische Staatsbürgerschaft besitzt, mit Wasserknappheit und Wasserverbrauch auseinander. Das Thema beschäftigt sie schon seit knapp 15 Jahren. Die aus Leuchtstoffröhren geformten, grünen Wörter sind die Namen der 34 wichtigsten Sturzbäche Mallorcas. Bei den Kisten handelt es sich um sogenannte fresqueres aus Holz mit feinen Metallgittern, in denen Lebensmittel auf Mallorca aufbewahrt wurden, als es noch keine Kühlschränke gab.

Betrachter sensibilisieren

Ihr Anliegen sei es, die Betrachter für das Thema zu sensibilisieren, sagte sie in einem Interview mit der Zeitung „Ara Balears". „Ich habe für diese Ausstellung viel recherchiert. Eine der Erkenntnisse war, dass die Bewohner Mallorcas sich der Wasser-Problematik viel bewusster sind als die Urlauber." Während ein Bewohner rund 119 Liter Wasser am Tag verbrauche, seien es 300 Liter bei Urlaubern, bei Golfurlaubern sogar 800 Liter, so Lootz. „Es ist wichtig, dass die Leute, die häufig aus Ländern kommen, in denen es ein Überfluss an Wasser gibt, das Problem verstehen."

Diese Botschaft mag sich nicht jedem Besucher sofort erschließen, zumal der Ausstellungstext die genannten Zahlen auch nicht erwähnt. Was aber deutlich wird, ist die Bedeutung des Wassers. Wie bedrohlich es wirken kann, vor allem im Dunkeln. Wenn man weiterdenkt, ist man von der Bedrohung durch das Fehlen von Wasser nicht weit entfernt. In „Fonts Vives" kann man das erst fühlen und dann verstehen.

„Fonts Vives", Claustre de Sant Domingo, Pollença, tägl. 10- 13.30, 16-21 Uhr, bis 6.10.