Er spiele mit seinem Jazz Voyeur Festival international gesehen ja lediglich in der Dritten Liga, stapelt Organisator Roberto Menéndez tief. „Trotzdem habe ich wieder versucht, die Besten der Besten nach Mallorca zu locken", sagt der Argentinier der MZ am Telefon. Und obwohl die Organisation Jahr für Jahr schwieriger werde, wie er klagt, hat Menéndez seine Hausaufgaben auch diesmal gemacht. Das zeigt das Aufgebot der Künstler, die zur zwölften Ausgabe des Festivals auf die Insel kommen.

Los geht es am 27. Oktober mit dem bereits in der MZ angekündigten Auftritt von Ute Lemper. Die aus Münster stammende Sängerin wird sich in der Show „Rendezvous with Marlene" in Marlene Dietrich verwandeln. Im Nachgang wird am 6. November im Teatre Catalina Valls der Kino-Klassiker „Der blaue Engel" mit Marlene Dietrich und Emil Jannings aus dem Jahr 1930 zu sehen sein.

Nicht minder prominent geht es beim zweiten Konzert des Festivals am 2. November im Konservatorium von Palma mit dem Gastspiel von Kyle Eastwood weiter. Der Komponist der Filmmusik von „One Million Dollar Baby" oder „Invictus" ist der älteste Sohn des Regisseurs Clint Eastwood und seiner früheren Ehefrau, dem Model Maggie Johnson. Der 51-jährige Kontrabassist spielte bereits beim Jazz-Festival in Sa Pobla vor neun Jahren. Sein Quintett vervollständigen Andrew McCormack am Klavier, Chris Higginbottom am Schlagzeug, der Trompeter Quentin Collins und der Saxofonist Brandon Allen.

Stolz ist Organisator Menéndez darauf, dass es ihm gelungen ist, die Yellowjackets zu einem Auftritt auf Mallorca zu bewegen. Die Combo hat in ihrer über 40-jährigen Laufbahn 22 Alben aufgenommen und wurde 17 Mal für den Grammy nominiert, wobei zwei Preise heraussprangen. „Da ist jeder Musiker für sich genommen schon ein internationaler Star", sagt Menéndez. Die Yellowjackets treten am 13. November in Es Gremi auf.

Drei Tage später geben sich am selben Ort die Wooten Brothers die Ehre, auch sie ein grammyprämiertes Duo, bevor am 22. November Javier Ruibal und die Gruppe Luar Na Lubre aufspielen, beides Größen des spanischen Jazz. Am 7. Dezember sind Martirio und der Pianist Chano Domínguez für den Abschluss des Festivals im Auditorium zuständig.

Eines seiner Hauptprobleme, so sagt Menéndez, ist die Häufung der Festivals im Herbst in Europa. „Die großen Stars wollen dann nicht auf allen auftreten, sondern suchen sich zehn oder zwölf aus. Und sie zu überzeugen, dass sie nach Mallorca kommen, ist nicht so einfach." Hier profitiert Menéndez nach eigener Aussage von seiner bereits 33-jährigen Erfahrung im Metier. „Irgendwann kennt man dann eben alle Künstler persönlich, vor allem, wenn es wie im Jazz nur eine begrenzte Anzahl von echten Spitzenleuten gibt."

Luxushotel statt Jazz-Kneipe

Menéndez kennt seine Künstler auch deshalb so gut, weil er seit Jahren gemeinsam mit seinen Söhnen den Jazz Voyeur Club betreibt - den Nachfolger des „Barcelona" in der belebten Straße Apuntadores im Lonja-Viertel. Jetzt ist allerdings klar: Die Kultbar hat keine Zukunft an diesem Standort. Im November, so Menéndez, muss er weichen, ebenso wie die benachbarte Cocktailbar Abaco. An der Stelle entsteht - wie so oft in der Alstadt von Palma in den vergangenen Jahren - ein Luxushotel. „Mit dem Verschwinden von Bluesville im Jahr 2014 und jetzt des Jazz Voyeur Club verabschiedet sich die Lonja von der Live-Musik. Das Viertel bevorzugt andere Dinge: Leute mit Geld und Niveau", sagt Menéndez mit verbittertem Unterton. Der winzige Jazz Voyeur Club ist eine Institution im mallorquinischen Nachtleben, unter anderen gewann hier Concha Buika, Mallorcas international bekannteste Sängerin, erste Bühnenerfahrung. Menéndez will nun versuchen, den Club an anderer Stelle weiterzuführen.

Wie lange er das Jazz Voyeur Festival noch auf die Beine stellen kann, wagt er nicht zu prognostizieren. Die Konzertreihe musste bereits zwischen 2012 und 2016 pausieren. „Wir machen so lange weiter, wie es geht", sagt er. Immerhin hat Menéndez 30.000 Euro vom Institut d'Estudis Baleàrics für die diesjährige Ausgabe bekommen.

Der Rest des 140.000-Euro-Budgets wird durch kleinere Sponsoren und den Ticketverkauf erwirtschaftet. „Und da ist das Problem, dass es kaum Nachwuchs gibt. Die jungen Leute haben weder das Verständnis noch die Muße, Jazz-Musik zu hören." In Zeiten, in denen jeder ein Youtube-Video hochladen könne und dabei nicht einmal ein Instrument beherrschen müsse, habe er es eben nicht leicht. Aber aufgeben gilt nicht.