Interessiert betrachtet Winston Churchill die Kamera, die der Fotograf Josep Planas in der Hand hält. Es scheint, als erkläre der Katalane dem großen Staatsmann seine Arbeit, während sie vor der Kathedrale von Palma de Mallorca sitzen. Es ist das Jahr 1951.

Das Foto war der Ausgangspunkt für das Rechercheprojekt von Daniel Gasol. Der ­katalanische Künstler ist einer von drei Stipendiaten des Goethe-Instituts Barcelona in Zusammenarbeit mit der Casa Planas in Palma. In dem Kulturzentrum wird das riesige Archiv von Josep Planas i Montanyà (1924-2016) ­aufbewahrt. Der umtriebige Fotograf dokumentierte nicht zuletzt als Postkarten-Unternehmer jahrzehntelang den Tourismus auf Mallorca. Mit den Goethe-Stipendien soll das Archiv künstlerisch vermessen werden.

„Eigentlich wollte ich ein Projekt über das Verhältnis von Planas zu den berühmten ­Besuchern der Insel machen", erzählt Gasol. „Es heißt, dass die Prominenten-Besuche teilweise vom Franco-Regime bezahlt wurden, sozu­sagen als Werbemaßnahmen." So soll unter ­anderem Eva Perón einen solchen PR-Trip ­unternommen haben.

Dann aber habe ihm das Planas-Archiv einen Strich durch die Rechnung gemacht - im positiven Sinne. Denn zwischen Kameras und Postkarten fand er ein Bild von einer Küstenlandschaft. Und die Widmung auf der Rückseite deutet darauf hin, dass Winston ­Churchill höchstselbst es gemalt hat. „Ich werde das jetzt von Kunsthistorikern prüfen lassen", sagt ­Gasol, der sich schon in früheren Projekten mit Archiven auseinandergesetzt hat. Sollte das Bild tatsächlich vom britischen Staatsmann sein, will Gasol einen 30-minütigen ­Dokumentarfilm über diesen Fund drehen.

Vier deutsche Künstler

Eher intellektuell ist der Ansatz von Ángela ­Bonadies. Die venezolanische Künstlerin, die

unter anderem mit der Galerie Addaya in Palma zusammenarbeitet, hat sich vier deutsche Künstler vorgenommen: Hanne Darboven, Grete Stern, Martin Kippenberger und Hans-Peter Feldmann. „Ausgehend von ihrer Kunst stelle ich mir vor, wie sie wohl das Archiv ­Planas betrachten würden", sagt sie. „Mit Ausnahme von Kippenberger haben sich alle vier mit Archiven, Klassifizierung und Ordnung aus­einandergesetzt. Aber Kippenberger ist in ­seinem Schaffen ein Archiv für sich."

Mit Kippenberger wolle sie im Archiv Selbstporträts zum Thema machen. Hanna Darboven stehe für den Aspekt der Serien und der Wiederholung von Motiven. „Grete Stern hingegen hat sich in ihren Fotomontagen mit dem Thema des Unterbewusstseins auseinandergesetzt. Ich finde es spannend, das Archiv eines Fotografen mittels der Bilder einer anderen Fotografin zu analysieren." Hans-Peter Feldmann ist ein eher fröhlicher Künstler, er hat sich aber auch mit Serien auseinandergesetzt. Am Ende sollen auch hier ein Film und ein Arbeitstagebuch entstehen.

Das dritte Projekt ist eher lokal veranlagt. Mit einer Gruppe Anwohnern aus dem Stadtteil Es Fortí, wo sich das Kulturzentrum befindet, haben die Mediatorinnen Rosa García und Mar Barceló über die Veränderungen der Stadt in den vergangenen Jahrzehnten gesprochen. Das wollen sie nun künstlerisch aufarbeiten. Die Resultate sollen danach ins Archiv integriert werden, um es inhaltlich zu ergänzen und dazu beizutragen, dass die Geschichte der Insel weitererzählt werden kann.

Bis alles fertig ist, wird es noch eine Weile dauern. Am Freitag (22.11.) sprechen die beteiligten Künstler um 19 Uhr im Museum Es Baluard über ihre Projekte. Die Präsentation wird von Kuratoren vom Festland begleitet. Auch die Leiterin des Goethe-Instituts Barcelona wird anwesend sein.