Ein junger Mann steht vor dem prachtvollen Gebäude im Carrer Sant Miquel, wo am Freitag (22.11.) auf 900 Quadratmetern die erste mallorquinische Filiale des französischen Kulturkaufhaus-Giganten Fnac eröffnet werden soll. Der junge Mann hat Formulare in der Hand, mit denen man sich für die Clubkarte der Kette anmelden kann. „Sie ist kostenlos, aber nur wenn man sie sich vor der Eröffnung holt", erklärt er. Ab Freitag koste die Karte ­jährlich 15 Euro.

Schon die Ankündigung des Konzerns, eine Filiale in Palma zu eröffnen, hat für Schlagzeilen gesorgt. Das Unternehmen setzt auf eine breite Produktpalette aus der Unterhaltungsbranche, bietet neben Elektrogeräten und Büchern auch Musik, Videospiele und Filme an. Fnac steht für „Fédération Nationale d'Achats des Cadres" und bedeutet so viel wie nationaler Einkaufsverband für leitende Angestellte. In Spanien gibt es die Kette seit 1993 vor allem in Großstädten, in Madrid und Barcelona sind es regelrechte Konsum-Institutionen. Die Filiale in Palma wird die 38. des Landes und ist Teil eines 2016 verabschiedeten Expansionsplans. Bis 2021 will der spanische Flügel des Konzerns, der auch Andorra umfasst, 50 Filialen eröffnet haben.

Für Palmas Einzelhandel ist das womöglich keine gute Nachricht. Was wird nun, fragen sich viele, aus den kleinen Buchläden, die nicht mit der Preispolitik und dem Angebot von Fnac mithalten können?

Erster Händler schliesst

Ein erstes „Opfer" gibt es schon. Rund 200 Meter von der geplanten Fnac-Filiale entfernt, hat ein Buchhändler die Konsequenzen gezogen. Anfang November schloss Jaume Ramis nach acht Jahren seine Buchhandlung MM. Gegenüber der MZ-Schwesterzeitung „Diario de ­Mallorca" gab er an, die Konkurrenz aus dem Internet und die Ankündigung der Fnac-Eröffnung hätten das Fortbestehen seines Ladens unmöglich gemacht.

Diese Sorge teilen nicht alle. Direkt gegenüber dem neuen Kaufhaus liegt die 1993 eröffnete Filiale der Kette Librería San Pablo, die sich vor allem auf religiöse und spirituelle Bücher spezialisiert hat. Die dortige Buchhändlerin Alicia Servera sieht den Rummel gelassen. „Ich glaube, dass wir vielleicht sogar davon profitieren können", glaubt sie. „In diese Ecke des Carrer Sant Miquel verirren sich vergleichsweise wenige Menschen." Das Angebot von Fnac überschneide sich kaum mit dem von San Pablo.

Viel mehr Kopfzerbrechen bereitet ihr eine andere Ankündigung, die diese Woche bekannt wurde. Spaniens größte Buchkette Casa del Libro eröffnet im Februar ebenfalls eine Filiale in Palma. „Hier werden wir sicherlich viel mehr die Konsequenzen spüren", sagt die Buchhändlerin.

Groß gegen noch Größer

Die neue Casa-del-Libro-Filiale, ebenfalls die erste auf den Balearen, wird auf den Avenidas im ehemaligen C&A-Kids entstehen. Nur wenige Hundert Meter davon entfernt befindet sich seit sieben Jahren Palmas bislang größtes Buchgeschäft: Agapea. Auf 250 Quadratmetern bietet die Sortimentbuchhandlung ein breites Angebot. Die neue Casa del Libro soll Medienberichten zufolge rund 470 Quadratmeter zur Verfügung haben.

„Natürlich werden wir das in den Verkäufen zu spüren bekommen", sagt Francisco Hoyo, der Geschäftsführer von Agapea. Um Fnac mache auch er sich keine großen Sorgen. „Die verkaufen ja eher Bestseller, setzen nicht auf ein breites Sortiment, Casa del Libro hingegen schon." Wie man gegenüber dieser neuen Konkurrenz bestehen werde, habe er sich noch nicht überlegt. „Unsere Stärke sind sicherlich die Aktionen wie Buchpräsentationen und ­Lesungen", sagt er. „Davon werden wir noch mehr anbieten müssen, um die Kunden zu binden." Agapea werde die verschärfte Konkurrenz aber überleben. „Eher müssen sich die kleinen Buchläden Sorgen machen", sagt Francisco Hoyo.

Beratung statt Touchscreens

Das sieht Adrià García anders. Der 24-Jährige hat gerade mal vor zwei Wochen seinen ersten Buchladen Ínsula Literària im Open-Air-Einkaufszentrum Els Geranis in der Nähe des ­Carrer Sant Miquel eröffnet. „Ich mache mir da keinen Kopf", sagt er zuversichtlich. „Wir ­können ausgesuchte Titel und eine kompetente und individuelle Kundenberatung ­anbieten." Die Devise ist klar: Im Gegensatz zu den Fnac-Touchscreens, auf denen man sich durch das Sortiment wischen und hierbei auch auf den Online-Katalog zugreifen kann, kennt er die Wünsche seiner Kunden im besten Fall auswendig. Zudem setzt auch García auf kulturelle Veranstaltungen.

Nur wenige Schritte von seinem Geschäft hat kürzlich auch der alteingesessene Buchladen Ramon Llull neu eröffnet, nachdem er den ­alten Standort in Carrer Argenteria wegen ­einer Mieterhöhung verlassen musste. Buchhändlerin Joana Berber gibt sich deutlich ­zugeknöpfter. „Ich möchte keine Werbung für diese Leute machen, indem ich das kommentiere. Wir haben zudem ein ganz anderes Angebot als sie."

Ein Ort für Kulturevents

Nur mit der Verstärkung des kulturellen Rahmenprogramms werden die kleinen Läden sich nicht gegen die Mega-Geschäfte durchsetzen können. Denn natürlich setzen auch die auf Veranstaltungen. Fnac hat angekündigt, auch in der neuen Filiale auf der Insel ein „Forum" für diverse Events einzurichten.

Bei der Eröffnungsfeier am Freitag treten dort nicht nur der mallorquinische Sänger Bruno Sotos und die Band OR auf. Der bekannte Comic-Zeichner Bartolomé Seguí signiert Bücher und wird zudem als Schirmherr des neuen Geschäfts präsentiert. Eine nicht unverfängliche Verpflichtung, befindet sich doch ­direkt gegenüber der Comic-Laden Gotham, eine Institution bei Comic-Fans der Insel. Die dortigen Mitarbeiter wollen den neuen Nachbarn denn auch nicht kommentieren.

Sicher ist: Die Kleinen geben nicht kampflos auf. In ­einer Seitenstraße des Carrer Sant Miquel hat vor wenigen Tagen die Buchhandlung Biblioteca de Babel eine weitere Filiale eröffnet: „Alejandría" setzt auf nur 1.000 ausgewählte Titel. Der beim jungen und hippen Publikum ­beliebte Kulturladen Rata Corner zog erst im September in ein Geschäft mit größerer ­Ladenfläche in die Nähe der Einkaufsstraße ­Blanquerna. Und dann ist da noch der unkaputtbare Optimismus des Adrià García von Ínsula Literària: „Dass diese großen Ketten hierher kommen, zeigt doch nur, dass es in Palma einen Markt für Bücher gibt."