Wenn man so möchte, ist Shakira schuld. Als die Kolumbianerin Anfang der Nullerjahre über Lateinamerika hinaus ihren Durchbruch schaffte, rannten junge Frauen den Tanzstudios die Türen ein, um orientalischen Tanz zu lernen. „Wir waren damals nicht so begeistert", sagt die mallorquinische Tanzlehrerin Levana, die mit bürgerlichem ­Namen Noemi García heißt. „Denn so authentisch ist es nicht, was Shakira macht."

Weltweiter Boom

Dennoch, zu irgendwas war es gut. Denn seit Jahren ist der orientalische Tanz im Aufwind. „Mittlerweile gibt es ihn längst nicht mehr nur in den arabischen Ländern", sagt die gelernte Krankenschwester Levana. „Die USA haben eine starke ­Szene. Aber auch in China und Japan ist das In­teresse sehr groß." Mittlerweile gebe es so viele Spiel­arten, dass etwa eine eigene argentinischen Schule entstanden sei. Die meisten Stars der Szene kämen aber aus Osteuropa.

Spanienweit gab es in den vergangenen vier Wochen fünf Festivals. Auf Mallorca ist alles natürlich eine Nummer kleiner, die Szene übersichtlich. Aber auch hier geht das von Levana auf die Beine gestellte Festival Etoiles d'Orient an diesem Freitag (29.11.) bereits in seine sechste Ausgabe. Die meisten Teilnehmer kommen entweder vom spanischen Festland oder aus dem Ausland. „Auch aus Deutschland erwarten wir einige Gäste", sagt Levana. Die zwei­tägige Veranstaltung umfasst Workshops, einen Wettbewerb und zwei Galas. „Für fachfremdes ­Publikum ist sicherlich die Abschlussveranstaltung am Samstag im Hotel Occidental an der Playa de ­Palma am reizvollsten. Da treten die großen Stars auf", so die Veranstalterin.

Internationale Einflüsse

Aus der Ukraine kommt etwa Alex Delora, aus ­Russland erstmals Alla Vatc. Ihre Bekanntheit ­beweisen unter anderem Instagram-Accounts mit jeweils deutlich mehr als 100.000 Followern. „Das Spannende am orientalischen Tanz ist, dass er ­immer mehr andere Einflüsse aufnimmt", sagt ­Levana. „Viele der Frauen haben ursprünglich mit Ballett oder mit Kunstturnen angefangen und integrieren Schritte davon in ihre Choreografien." Ebenso habe sich auch die Musik anderen Stilrichtungen geöffnet. „Es wird längst nicht mehr nur auf arabische Musik getanzt", sagt Levana, die einen „spektakulären Abend" verspricht. „Wir werden ­irakische Folklore ebenso wie modernere Inter­pretationen zeigen." Bei der rund dreistündigen Abschlussgala soll auch die spanische Koryphäe des orientalischen Tanzes, Rosaleda, auftreten.

Im Gegensatz zu einer weitverbreiteten ­Meinung sei der orientalische Tanz nicht erotisch begründet. „Dahinter stecken sehr viele Aspekte unterschiedlicher Kulturen, es werden richtige ­Geschichten erzählt. Natürlich ist es ein sinnlicher Tanz, aber er hat keinerlei sexuellen Konnotationen", sagt Levana, die in Palma die Aloha Dance School betreibt.

Gesteigertes Selbstwertgefühl

Der Vorteil für Laien sei, dass man sich das Spektakel ohne Vorwissen anschauen kann. „Es ist optisch sehr beeindruckend. Wer sich dann tiefer damit auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich den Besuch einer Tanzschule", sagt Levana. Der orientalischer Tanz stünde allen offen. „Man braucht weder jung noch schlank zu sein. Und auch Männer können sich ausprobieren, auch wenn das eher selten ist." Sie habe auch Schülerinnen im Kindes- und ­Seniorenalter. „Im Laufe der Jahre haben mir schon viele von ihnen gesagt, dass sie ihr Selbstwertgefühl durch den Tanz gesteigert haben."