Es ist ein Fall, der Spanien drei Jahre lang beschäftigt hat: Anfang Juli 2016 vergewaltigten fünf Männer eine junge Frau in Pamplona. Die Gruppe, die sich selbst la manada (das Rudel) nannte, wurde zum Sinnbild für sexuelle Gewalt an Frauen. Über Jahre zog sich der Prozess hin. Die Anwälte der Täter taten alles, um die Glaubwürdigkeit des Opfers infrage zu stellen. Zunächst endete der Prozess vor dem Gerichtshof Navarra im April 2018 mit einer milden Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs. Dann erhöhte der spanische Oberste Gerichtshof in diesem Sommer das Strafmaß wegen sexuellen Übergriffs auf je 15 Jahre.

Der für sein Dokumentartheater bekannte Autor Jordi Casanovas hat mit „Jauría" (Die Meute) Aussagen aus dem Gerichtsprozess zu einem Theaterstück zusammengestellt. Die Kompanie Teatro Kamikaze aus Madrid bringt es am Samstag (14.12.) im Teatre Principal unter der Regie von Miguel del Arco auf die Bühne. Das Stück zeigt Parallelen auf zwischen der Tat, bei der die Frau von den Männern umringt wurde, und dem Prozess, bei dem sie sich wieder von ihnen umgeben sah.

Auffällig sei, dass das Opfer viel mehr Fragen beantworten, viel mehr Rechenschaft ablegen musste als die Täter, erklärte Jordi Casanovas in einem Interview mit der Zeitung „El País". „Es wird in ihrer Vergangenheit gegraben und ihr Verhalten hinterfragt." Das Stück basiert auf den Gerichtsakten sowie der Berichterstattung in den Medien. Zusätzliche Interviews führten Autor und Regisseur Miguel del Arco nicht.

„Ich schrieb der Frau allerdings einen Brief, in dem ich das Projekt vorgestellt habe", so der Regisseur. Er habe sich mehr konzentriert auf die Emotionen, die dieser Fall auslöst, als auf die Darstellung des Tathergangs. „Der Zuschauer soll das, was er ohnehin schon weiß, am eigenen Körper spüren. Es ist etwas anderes, ob man eine Nachricht in der Zeitung liest oder sie von einer Person geschildert bekommt." Beim Kritiker der Online-Zeitung „El Diario" löste die Inszenierung genau diesen Effekt aus: „Es ist unmöglich, dass man sich als Mann nicht von einigen Sprüchen der manada ertappt fühlt, von ihren Witzen, ihrer Kumpanei, ihrem Kodex oder ihren Rechtfertigungen. (...) In vielen Momenten während des Stücks möchte ich verschwinden, vom Sessel verschluckt werden, wegfliegen."

Auch Raúl Losanez, der Theaterkritiker der konservativen Tageszeitung „La Razón", war erschüttert: „Es geht nicht darum, dass manche Taten verabscheuungswürdig sind, sondern dass einige Menschen, die diese Taten begehen, nicht ganz zu begreifen scheinen, was an ihnen eigentlich verabscheuungswürdig sein soll." Und das sei eine Frage der Erziehung, die uns alle angeht.

Gerade junge Menschen sollten das Stück anschauen, wünschte sich Regisseur Miguel del Arco gegenüber der „Irish Times". In der nordspanischen Stadt Avilés ist das Stück bereits für Schüler aufgeführt worden. „Am nächsten Tag haben alle immer noch über sexuelle Gewalt und toxische Männlichkeit geredet. Das ist großartig, denn diese Schüler werden es sein, die den Sexismus in der Gesellschaft bekämpfen." So sieht das auch die Politik: Das spanische Ministerium für Gleichberechtigung hat „Jauría" mit dem Kulturpreis für den Einsatz gegen sexuelle Gewalt ausgezeichnet.

Jauría, Teatre Principal, 14.12., 20 Uhr, Spanisch, Karten 8 bis 25 Euro, ab 13 Jahren