Es ist ein prächtiges, farbenfrohes Gemälde vom Pla de Mallorca, das in der neuen Ausstellung des Aba Art Lab in Palma sogleich ins Auge springt. Mit dem Puig de Sant Salvador im Hintergrund verschmelzen auf dem Bild Himmel, Erde und Meer zu einem Ganzen. ­Rafel Joan (Palma, 1957), einer der eigenwilligsten und zugleich renommiertesten Künstler Mallorcas, hat seine Umgebung auf drei Ebenen gemalt: unter, an und über dem Meeresspiegel. „Ses costes des Pla" - „Die Küsten des Pla", so heißt das Bild - ist das zentrale Werk aus einer Serie von 14 zwischen 2017 und 2019 entstandenen Bildern. Sie setzen sich mit Lichteffekten und Wasserspiegelungen auseinander. Abgeerntete Felder oder ­Olivenblätter werden hier von Fischen, Seeigeln oder Korallen umrahmt.

Ob das Pla aus dem Wasser auftaucht oder im Gegenteil untergeht, muss der Betrachter selbst entscheiden. Handelt es sich um eine neue biblische Sintflut? Einen Vulkanausbruch? Rafel Joan nennt die Ebene „la mar antiga", „das alte Meer". Es ist eine Landschaft, die vor Millionen Jahren unter Wasser lag und es womöglich auch eines Tages wieder sein wird, wenn es mit dem Klimawandel so weiter geht.Oder wie es Rafel Joan kurz und bündig zusammenfasst: „Alles was oben ist, kann auch unten sein." Das ist eine taoistische Weisheit, die auch auf andere Bilder dieser Ausstellung zutrifft.

„Unter Wasser ändert sich unsere Wahrnehmung. Unter Wasser gibt es keinen Horizont, und die Gestalt eines Körpers lässt sich ab einer Entfernung von fünf Meter nicht mehr so genau erkennen." Rafel Joan weiß, wovon er redet. Er taucht schon seit Jahren, spricht vom „Wandern unter Wasser". Viele der bei Aba Art gezeigten Bilder habe er am Meeresgrund skizziert, wohl mit Bleigewichten um die Hüfte, auf einem wasserabweisenden speziellen Papier.

Und so ist Rafel Joan, dem das Museum Es Baluard 2017 schon eine eigene Retrospektive widmete, nach längerer Abwesenheit wieder aufgetaucht. Im Wasser gehe alles ruhiger, leiser und langsamer zu, sagt er. Das färbe auch auf sein künstlerisches Temperament ab: „Früher brach mein Schaffen aus mir heraus, heute bezeichne ich mich eher als kontemplativ."

Zuweilen, so erzählt er, steige er auch in ein Leichtflugzeug und fliege über den Pla hinweg. Das ist dann die Vogelperspektive in „Ses costes des Pla". In dieser Schau geht es aber vor allem um die Unterwasserperspektive. Auch um die Entdeckungen am Meeresgrund: Rafel Joan ist fasziniert von den Nacktkiemern, vielfarbigen Nacktschnecken, die das Dunkle ­beleuchten. Die bunten und abwechslungs­reichen Licht-Wasser-Effekte verwandeln das Aba Art Lab in eine Art U-Boot mit Fenster, in ein Kunstgalerie-Aquarium.

Träume sind Schäume, oder bei Rafel Joan: Schäume sind Träume. Nicht nur die Spiegelungen des Meeres stehen im Vordergrund, auch der Schaum und die darin enthaltene Luft. Bei genauer Betrachtung besteht Schaum aus unzähligen winzigen Blasen, die den Schaum ergrauen lassen. In dem Bild „Sabonera espessa" enthalten diese Blasen dann Verse von Dichtern und Freunden: Miquel Bauzà, Toni Bauçà, Andreu Vidal, Tao Te Ching. Das Bild war schon fertig, als Rafel Joan auf die Idee kam, die Luftblasen mit einem Bleistift und kindlicher Schrift zu füllen, bis auch die kleinste Schaumspur gedichtet war. Weder ist das Meer blau, noch die Gischt weiß - ein passendes Fazit für dieses Lichtstudium (Preise zwischen 4.000 und 30.000 Euro).

"Kochkunst" in Pere Garau

Rafel Joan ist eine magere Gestalt. „Ich ziehe dem Essen das Malen vor", sagt er. Das ist jetzt nur bedingt ein guter Werbeslogan für ein Restaurant. Aber Kunst und Essen lassen sich heute oft nicht mehr voneinander trennen. Auch nicht bei den Aba-Galeristinnen ­Alejandra und Maribel Bordoy, die vor einem Jahr auch das Bistro Muare im Herzen des Stadtviertels Pere Garau eröffneten. Rafel Joan ist auch dort Gast - in Gestalt von 20 von ihm gestalteten Tellern, die an der Wand hängen. Nicht besonders köstlich für den Mund, aber doch ernährungsreich für den Geist

Information:

Rafel Joan mal zwei

„Pintures", Aba Art Lab, Plaça de la Porta de Santa Catalina, 21 B., Palma, Mo.-Fr. 10-18 Uhr, bis 6.3.

„Plats" im Restaurant Muaré, Carrer Francesc Barceló i Combis, 4, Mo.-Sa. 10-13.30 Uhr, Fr. und Sa. 20-24 Uhr