Kenny Garrett ist normalerweise ein veritables Energiebündel. Seit über 41 Jahren steht der mittlerweile 59-Jährige aus Detroit in den Clubs und auf den Bühnen der Welt und begeistert an seinem Alt-Saxofon die Jazz-Fans. Als „Wirbelsturm" bezeichneten ihn Kritiker - natürlich positiv gemeint. Doch an diesem Montagabend (10.2.) wirkt Garrett ein ­wenig erschöpft, als er mit der MZ zum ­Telefoninterview verabredet ist. „Es war ein langer Tag", sagt der US-Amerikaner gleich zu Beginn. Wir erwischen ihn in einem Hotel im rheinland-pfälzischen Wittlich, wo Garrett gerade während einer Europa-Tour abgestiegen ist. „Einen Monat lang bin ich unterwegs, wir spielen in den Niederlanden, in Deutschland und anderswo", sagt er. Auch auf Mallorca. ­Garrett und sein Quintett schlagen am Sonntag (16.2.) im Rahmen des Jazz ­Palma Festival im Teatre Xesc Forteza auf.

Er habe schon einmal auf der Insel gespielt, sagt er, könne sich allerdings nicht mehr erinnern, wann genau. „Sicher bin ich mir aber, dass wir immer, wenn wir in Spanien gespielt haben, jede Menge Spaß mit dem Publikum hatten. Die Leute hier gehen sehr gut mit." Was wohl auch daran liegen dürfte, wie Garrett und seine Bandkollegen mit den Zuhörern umgehen. Bei ihren Auftritten sprühen sie regelrecht vor Spielfreude. Und sie können es sich erlauben, denn technisch sind sie perfekt, allen voran Kenny Garrett, den der legendäre Gitarrist Carlos Santana einst im ­ausverkauften Madison Square Garden in New York als „einen der größten lebenden Musiker" vorstellte. Die „New York ­Times" nannte ihn den „wichtigsten Alt-Saxo­fonisten seiner Generation".

Lehrjahre mit Ellington

Die Karriere von Garrett startete früh. Sein Vater, im Hauptberuf Tischler, war Tenor-Saxofonist und schenkte seinem Sohn im Alter von acht Jahren das erste Instrument. Schnell machte der Junge Fortschritte und nahm professionellen Unterricht. Noch bevor er die High School beendete, trat Garrett bereits mit der Band von ­Mercer Ellington auf, der unter anderem das Duke Ellington Orchestra leitete. Kurz ­darauf fragte ihn Mercer Ellington, ob er sich dem Orchester anschließen ­wolle. Da schmiss Garrett die Schule und tourte mit dem Duke Ellington Orchestra ­dreieinhalb Jahre durchs Land. „Ich hatte großartige Lehrer, die besten", sagt ­Garrett am Telefon. „Solche Vorbilder ­führen dazu, dass du übst und übst und ­immer besser werden willst."

Und weil Garrett nicht nur übte, sondern auch bald selbst komponierte, wurde die Jazz-Welt auf ihn aufmerksam. Ein Stück weit waren ihm die Möglichkeiten in die Wiege gelegt worden, schließlich stammte er aus Detroit. Dort ging es in den 70er-Jahren nicht mehr ganz so hoch her wie in den 60ern, die Jazz-Szene aber war noch sehr lebendig. „Das war einfach eine Referenz, jeder wollte hören, was dort gerade angesagt war. Und auch heute noch ist Detroit eine echte Größe im internationalen Jazz", sagt Garrett.

Mit Miles Davis in New York

Trotzdem zog es ihn 1982 nach New York. Dorthin, wo es früher oder später alle Jazz-Musiker zieht. „New York ist einfach das beste Kriterium, um zu sehen, wo man steht. Dort hörst du allenthalben Leute, die noch besser sind als du", sagt Garrett. Im Big Apple traf der damals 22-Jährige dann auf Miles Davis, bereits damals eine Art lebende Legende. In dessen Band ­spielte Garrett fünf Jahre mit, bevor er sein ­eigenes Ensemble gründete.

Bei den Bandmitgliedern griff der ­Saxofonist auf eigene Schüler zurück, mit denen er seitdem durch die Welt tourt. Aber nicht nur das: 20 Alben hat der Detroiter bereits in seiner Karriere produziert. Dazu gesellen sich Kooperationen mit Musikgrößen wie Bruce Springsteen, Sting oder Peter Gabriel. Die Krönung seiner bisherigen Laufbahn war ein Grammy für das beste Jazz-Instrumental-Album im Jahr 2010. In fünf weiteren Jahren war er für den Preis nominiert.

Kenny Garrett hat dem Jazz alles zu verdanken - und der Jazz einiges ihm. Auch wenn die Musik nicht mehr den Stellenwert wie vor 60 Jahren hat. Aber das ficht Garrett nicht an. „Die Musik ent­wickelt sich weiter, genauso wie wir Menschen. Klar ist Jazz nicht mehr so populär, wie er das einst war. Aber Jazz ist auch eine Musikrichtung, von der man nie sagen kann, wie sie sich weiterentwickelt. Plötzlich kann sie wieder da sein", sagt er.

Kenny Garrett Quintet am Sonntag (16.2.) um 19 Uhr im Teatre Xesc Forteza. Karten (30 Euro) und weitere Informationen zum ­Festival unter palmacultura.koobin.com