Die prächtigen Räumlichkeiten der Bischofsresidenz zählen zu den ältesten Museums­einrichtungen der Insel. Vor vier Jahren, im Jahr 2016, wurde hier der 100. Geburtstag des als Archäologisches Museum der Diözese gegründeten Museums gefeiert, das sich vom Meer aus gesehen rechts neben der Kathedrale in einem Palast aus dem 13. Jahrhundert befindet. Eigentlich ist dieses altehrwürdige Haus nicht sehr bekannt, viele verwechseln es mit dem Museum der Kathedrale, das links

neben dem Besuchereingang von La Seu in ­einem ihrer Türme liegt.

Das soll sich jetzt ändern. „Wir wollen unsere Kirchenschätze bekannter, zugänglicher und verständlicher machen - und ein Museum für alle, für jedes Publikum sein", erklärte Cristina Ortiz als Kulturbeauftragte der Kathedrale bei einer Pressekonferenz am Dienstag (10.3.). Dafür wurde das Museum vor gut einem Jahr geschlossen, komplett überarbeitet und in Museum für Sakrale Kunst von Mallorca (MASM) umgetauft. Aus dem Fundus von 1.400 möglichen Exponaten erstrahlen nun 50 Kirchenschätze in neuem Glanz - im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie wurden nicht nur restauriert, sondern werden nun auch mit LED-Lampen in ein neues Licht gesetzt.

Das neue, von der Hängung und Ästhetik eher minimalistische Ausstellungskonzept möchte nicht weniger als das Christentum erzählen. Die Exponate sind dafür nicht chronologisch geordnet, sondern auf vier Säle verteilt, die Jesus Christus, der Jungfrau Maria, der Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen und ihren Heiligen gewidmet sind. Das Motto lautet: Restaurierung, Ausstellung und Verbreitung dieser umfangreichen Sammlung religiöser Kunstwerke, um so den Erhalt der einstigen Kultgegenstände und Sakralkunst zu garantieren.

Sie stammen zum Teil aus Kirchen oder Klöstern der Insel, die heute gar nicht mehr existieren, und wurden teilweise erst im letzten Moment vor der Zerstörung bewahrt. Ein Beispiel hierfür ist eine hölzerne Urne aus dem 14. Jahrhundert aus dem mittlerweile verschwundenen Kloster Sant Domingo. In ihr wurden die Gebeine von Pere Bennàsser bestattet, einem adeligen Mallorquiner, der sein Leben Gott und den Dominikanern widmete und es in demütiger Armut verbrachte.

Nicht zuletzt geht es um die Vermittlung christlichen Wissens. Die Erläuterungen zu der religiösen Bildersprache stellen in diesem Sinne ganz einfache Fragen: Was hat Jesus getan? Oder: Warum ist Jesus gestorben? Die Erklärungen sind knapp und kurz und gut verständlich (nicht nur auf Katalanisch, sondern auch auf Spanisch und Englisch).

Drachentöter und Krokodil

Einige der Ausstellungsstücke sind bereits bekannt, wie das Bild des Heiligen Georgs von 1470 - hierzulande wird der Drachentöter als Sant Jordi verehrt -, das als Blickfang beim ­Betreten der Ausstellung jetzt viel besser zur Geltung kommt.

Oder der berühmte „Drac de na Coca": ein kleines ausgestopftes Krokodil, das im Jahr 1776 höchstwahrscheinlich auf einem

Handelsschiff nach Palma gelangte und in den Abwasserkanälen unterhalb der Altstadt sein Unwesen getrieben haben soll, bevor der ­Gouverneur von Alcúdia, Bartomeu Coc, es per Dolchstich erlegte und seiner Angebeteten, der Coca, vermachte - und die Kinder wieder ruhig schlafen konnten.

Andere Stücke werden erstmalig ausgestellt: wie die beiden ältesten archäologischen Schätze, eine Weihrauchschale und das verzierte Kopfstück einer steinernen Basilika-Säule, beide aus dem 6. Jahrhundert, noch vor der Zeit der muslimischen Herrschaft auf Mallorca. Stolz ist man auch auf zwei lange silberne Stäbe mit gekrönten Aufsätzen, sogenannte Rimonim aus dem 15. Jahrhundert, Aufsätze der beiden Rollstäbe einer Torarolle, die aus der heute nicht mehr existierenden Cammarata-Synagoge auf Sizilien stammen. Der

Mallorquiner Francesc Puig erstand sie von ­jüdischen Kaufleuten, um sie 1493 der Kathedrale als Opfergabe für die Jungfrau Maria zu vermachen, woraufhin sie zu Zeptern umgewandelt und „christianisiert" wurden.

Die beiden Stäbe gelten als die weltweit ­ältesten dieser Art, die noch erhalten sind. Wie sie stammen weitere zehn Werke ursprünglich aus der Kathedrale La Seu, darunter das imposante „Tafelbild der Dreieinigkeit" (1523-1525), das zuvor ein Schattendasein in einem dem Publikum unzugänglichen Flügel der Kathedrale führte, weil es den Kirchen­vätern nicht als orthodox genug galt.

Oder auch zwei besondere Interpretationen des Abendmahls: ein gotisches Werk, der „Tisch der Almosen" (um 1500), das Jesus nicht mit seinem Jüngern, sondern mit armen und kranken Tischgenossen zeigt, die er barmherzig versorgt. Oder das barocke Teilstück eines Altarbildes von 1662 eines unbekannten Künstlers: als Szene eines Abendmahls mit ganz offensichtlich volkstümlichen Zügen. Denn ein wichtiger Kontext sind die landeseigenen, religiösen Bräuche als kulturhistorisches Erbe. So konzentriert sich der Bereich für die Heiligen auf einige in der mallorquinischen Tradition besonders wichtige santos. Und auch der Raum für die Jungfrau Maria unterstreicht den Stellenwert der Mutter Gottes für Land und Leute und lässt ihre Verehrung über die Jahrhunderte hindurch erahnen.

Besonderer Aufmerksamkeit gilt dem neu gestalteten Museumseingang: Er führt jetzt ­geradeaus durch den imposanten Patio des ­Palastes in einen hellen und großzügigen Empfangsbereich. Den Wettbewerb für dessen Gestaltung gewannen Studenten der Hochschule für Design. Weitere Neuerungen sind die komplette Barrierefreiheit des Museums und die Ausstattung mit Blindenschrift.

Wechselnde Ausstellungen

Ebenso stehen Führungen, Familienprogramme, Schulbesuche und Konferenzen auf dem Programm. Im oberen Stockwerk wird zusätzlich eine temporäre Ausstellung über die Geschichte des Museums eröffnet, die bis Ende Dezember 2020 einen Überblick über den Werdegang und die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichenden Ursprünge bietet. Diese Dynamik ist neu: Zweimal im Jahr sollen im oberen Bereich die Ausstellungen wechseln und Museumsstücke ausgetauscht werden, sodass nach und nach sämtliche Schätze aus dem Bestand Beachtung finden.

Viel Neues also, das Mallorcas Bischof, Sebastià Taltavull, an diesem Donnerstag (12.3.) um 19 Uhr präsentieren will. Bei der ­Eröffnung sei jeder willkommen, heißt es in einer eigens verschickten Pressemitteilung.Öffnungszeiten:

Museu d'Art Sacre de Mallorca (MASM)

Carrer del Mirador, 5, Bischofspalast, Palma, Tel.: 971-71 31 33, www.museuartsacredemallorca.org

Öffnungszeiten: bis Ende März: Mo.-Fr. 10 bis 15 Uhr, Sa. 10 bis 14.15 Uhr,

April, Mai und Oktober: Mo.-Fr. 10 bis 17.15 Uhr,

Juni bis September: Mo.-Fr. 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 4 Euro, Residenten: 2 Euro, Schüler, Studenten und Rentner: 3 Euro, ­Kinder unter 11 Jahren: Eintritt frei, kombinierter Eintritt Kathedrale-Museum: 8 Euro, freier Eintritt: jeden Samstag.