Wenn ein Museum seine eigene Sprache spricht, dann ist das Museu de Pollença eindeutig multilingual. In zehn Räumen im ersten Stock des ehemaligen Dominikanerklosters ist ein buntes Potpourri versammelt, das auf den ersten Blick verwirrt: gotische Altäre aus verschiedenen Kirchen von Pollença, die neueste zeitgenössische Kunst, Malerei der Escola Pollencina aus dem 20. Jahrhundert, dazu ein Raum für die Vorgeschichte der Insel, ein buddhistisches Kalachakra Mandala (ein Geschenk des Dalai Lama) und mehrere Säle mit sehr vielen Arbeiten des argentinischen Künstlers Atilio Boveri.

„Unser Museum ist ein plato combinado (ein gemischter Teller)", sagt Aina Aguiló, die seit sieben Jahren gemeinsam mit Andreu Aguiló für die Leitung verantwortlich ist. „Es gibt wohl keines auf Mallorca, das so viele unterschiedliche Dinge unter einem Dach vereint." Sie empfinde das als großen Vorteil, denn wenn zum Beispiel eine Familie das Museum besuche, finde dort garantiert jeder etwas nach seinem Geschmack. Eine Schwierigkeit bestehe nur darin, alle Bereiche logisch zusammenzuführen: „Es kann nicht immer einen roten Faden geben, auch wenn das schön wäre", räumt sie ein.

Fokus auf weibliche Kunst

Einen gewissen verbindenden Charakter haben die Räume zwei und drei, die das L-förmige Herzstück bilden und einen Übergang zu den kleineren Sälen schaffen. Die hier gezeigte Vielfalt an zeitgenössischer Kunst stimmt den Besucher bereits auf die noch üppigere Vielfalt ein, die ihn im Rest des Museums erwartet. Raum zwei und drei sind eng an den Internationalen Wettbewerb für bildende Künste (Certamen Internacional de Artes Plásticas) gekoppelt, dessen Gewinner seit 1962 kontinuierlich die Sammlung des Museu de Pollença vergrößern. Ein Teil dieser Werke wird hier ausgestellt.

Als das Direktoren-Tandem mit seiner Arbeit begann, waren an den Wänden nur die ersten 25 Jahre des Wettbewerbs repräsentiert, und damit hauptsächlich Malerei. Aina und Andreu Aguiló entschlossen sich dann dazu, die letzten 25 Jahre abzubilden, was eine starke Dominanz der Fotografie zur Folge hatte.

Nun haben sie die vergangenen Monate genutzt, um den Ausstellungspart noch einmal vollständig neu zu denken und zu gestalten -weg von einer chronologischen, hin zu einer thematischen Ordnung und zu einer Mischung aus den ersten und den letzten Jahren des Certamen. „Jetzt ist es in Bezug auf die Genres viel ausgeglichener", erklärt Aina Aguiló. „Außerdem ist unsere Sammlung zeitgenössischer Kunst inzwischen sehr weiblich, und das finde ich gut so", fügt Andreu Aguiló hinzu. Der Anspruch sei, aktuelle Trends aus der Welt der Kunst im Kleinen widerzuspiegeln.

Der Adoptivsohn von Pollença

Während sich in den Räumen zwei und drei nach dem Motto „mehr ist mehr" an jeder verfügbaren Fläche die Werke namhafter Preisträgerinnen wie Susy Gómez oder Olimpia Velasco an der Wand reihen, stehen mehrere kleinere Räume des Museums ganz im Zeichen eines männlichen Protagonisten: Atilio Boveri, für den die beiden Co-Direktoren grenzenlose Begeisterung hegen.

„Ich liebe ihn, als wäre er mein Großvater", sagt Aina Aguiló über den argentinischen Künstler, der zwischen 1912 und 1915 in Pollença lebte und arbeitete, als perfekt integrierter „Adoptivsohn" der Stadt betrachtet wurde und ihr über Umwege einen Großteil seines Gesamtwerks hinterließ. „Er war ein großer Künstler, der viele Stile und klassische Techniken beherrschte", sagt Andreu Aguiló. Die Zusammenstellung von Boveris Werk reicht von Gemälden von Kaktusblüten über Stiche vom Castell del Rei bis hin zu Möbeln und kunstvoller Keramik.

Gratis-Führungen nach Maß

Im Zuge ihrer Umgestaltung fügten Aina und Andreu Aguiló noch mehr Arbeiten des Künstlers aus dem Fundus hinzu und nutzten dafür sogar das letzte bisschen freien Platz über dem Treppenhaus. Auch im ersten Raum, der Malerei vom Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt, kamen sechs neue Bilder dazu. Und überall gibt es kleine Verbesserungen wie etwa neue Sockel für die Skulpturen.

Für all diese Dinge, die im Alltagsgeschäft stets auf der Strecke blieben, seien in der Corona-Pause endlich Kapazitäten frei gewesen. „Das Museum spricht mit uns, aber wir müssen uns die Zeit nehmen, um zuzuhören und uns anzusehen, was die Räume brauchen", sagt Aina Aguiló. Der Saal mit gotischer Kunst soll als Nächstes an die Reihe kommen, neue Vitrinen erhalten und andere Kunstwerke integrieren.

Das Museu de Pollença empfängt in einem normalen Jahr rund 75.000 Besucher. Momentan hat es nur Dienstag bis Sonntag vormittags von 10 bis 14 Uhr geöffnet, ab Juli auch wieder nachmittags. Das wichtigste Ziel sei nun, nach der Corona-Krise wieder mehr Menschen hineinzulocken.

Als neuen Service bietet das Museum daher (nach vorheriger Reservierung unter 971-53 11 66) kostenlos Führungen für bis zu vier Personen in mehreren Sprachen. Dabei können spezielle Interessen berücksichtigt werden: Wer möchte, kann sich zum Beispiel nur das Mandala ansehen, etwas über die Vorgeschichte auf Mallorca erfahren - oder sich von der Passion der Aguilós für ihren Boveri anstecken lassen.