Was hat Kunst mit Hubschrauberflügen zu tun? „So ziemlich alles", finden Gabriela ­Girova (40) und Philippe Perreaux (45). Der Schweizer und die Slowakin sind Gründer des Unternehmens „Helimallorca", das individuelle Flüge über die Insel Mallorca anbietet und Piloten ausbildet.

Die beiden lernten sich in England kennen und teilen die grenzenlose Leidenschaft für das Fliegen und für die Fotografie: Auf ihren gemeinsamen Helikopter-Trips nimmt Fotografin Girova stets die Kamera mit, um die atemberaubende Natur Mallorcas tief unter ihnen einzufangen.

Nun hat Helimallorca in Alaró zugleich ein Hauptquartier und eine Kunstgalerie, die Eröffnung fand am 23. Juli statt. Zu Beginn zeigt Girova unter dem Titel „Rise above" zwölf ihrer großformatigen, bestechend vielseitigen und poetischen Aufnahmen.

Ein schwindelerregender Job

„Für mich ist Fliegen eine Meditation", so die Fotografin. „Alles steht still, und man erhebt sich über sich selbst." Ihre Arbeiten laden dazu ein, konkret wie sinnbildlich neue ­Perspektiven einzunehmen. Und Girova porträtiert die lebendige, schöne und schützenswerte Natur der Insel in einer Weise, die sich mit Drohnen wohl nicht erreichen lässt: „Das sind Maschinen, die keine Gefühle haben", sagt sie.

Die Fotos entstehen nicht nur mit Leidenschaft, sondern auch mit vollem Körpereinsatz: Gut gesichert hält Girova teilweise bei geöffneter Türe ihre Kamera aus dem ­Helikopter und kämpft mit dem Wind, um ein scharfes Bild zu bekommen, während ­Perreaux im Kreis fliegt. Völliges Vertrauen ist dafür Grundvoraussetzung: „Ich könnte das nicht ohne meinen Piloten", sagt sie.

Manche Landschaftsaufnahmen sind fast abstrakt

Grob sortieren lassen sich ihre Fotografien in drei Gruppen: Einige Arbeiten zeigen das erkennbar geografische große Ganze wie etwa einen besonders reizvollen Strandabschnitt. Andere glänzen durch Detailaufnahmen der Natur, etwa eines vollkommenen, runden Buschs.

Und schließlich gibt es noch Fotografien, bei denen die Landschaften zu solch abstrakten Formen verschmelzen, dass man rätselt, was man darauf sieht. Als Käufer kann man jedes Motiv in verschiedenen ­Größen und Ausführungen erwerben: zum Beispiel auf Plexiglas oder speziellem Papier ­gedruckt oder als „Lightbox" (die wohl eindrucksvollste Variante).

Imposante Räumlichkeiten in Alaró

Eindruck macht ein Besuch der Galerie allein schon durch die Räumlichkeiten: Es handelt sich um ein rund 200 Jahre altes, traditionell mallorquinisches Haus im Besitz der Bordoys, die das Gebäude einst zur Produktion von Seifen aus Olivenöl nutzten und hier zuletzt Familientreffen abhielten. Als Perreaux und ­Girova das Objekt im Internet entdeckten, waren sie schockverliebt und mieteten es direkt nach der Besichtigung. „Das Haus hat uns ausgesucht", so die Fotografin, die mit ihrem Lebensgefährten den oberen Gebäudeteil bewohnt.

Das Paar zog kurz vor der Ausgangssperre ein. „Wir hatten gerade noch Zeit, um Farbe zu kaufen", erzählt Perreaux. Die beiden nutzen die Zeit der Quarantäne, um das Erdgeschoss zu entrümpeln und der Galerie ihre jetzige Form zu verleihen. Die Gestalt der Räume ist nun geprägt vom Kontrast zwischen Alt und Neu: Die historische Küche neben dem Wintergarten blieb komplett erhalten. Etliche Erbstücke wie landwirtschaftliche Werkzeuge, Holzmöbel und Dekorationsgegenstände wurden detailverliebt neu arrangiert und bekamen Gesellschaft von silbernenen Designersesseln und goldenen Krokodil-Figuren.

Zukunftsvision: Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern

Man kann sich gut vorstellen, wie Kunden hier vor Antritt ihres exklusiven Helikopterflugs die Schaukel ausprobieren und bei einem Glas Champagner überlegen, ob sie sich anschließend eine Lightbox zulegen wollen. Aber die Galerie in dem Dorf am Fuß der ­Tramuntana darf nach vorheriger Anmeldung natürlich auch von bodenständigeren Kunstliebhabern besucht werden, die selbigen nicht zu verlassen gedenken.

Fürs Erste plant Girova, ihre eigenen Werke mit wechselnden Arrangements zu zeigen. Danach könnte es höher hinausgehen: Girova stellt sich für die Zukunft vor, mit lokalen Künstlern zusammenzuarbeiten, um andere Arbeiten zu präsentieren, die zur Flugthematik passen. Perreaux ergänzt, dass auch kleine Pop-up-Events denkbar seien, zum Beispiel mit lokalen Designern: „Wir möchten Kunst zeigen, aber es wäre eine Schande, die Räume selbst nicht zu nutzen."

Helimallorca, Carrer Sa Siquia, 6, Alaró, Besichtigung mit vorherigem Termin unter gg@helimallorca.com, Tel.: 687-30 85 09, helimallorca.com. Preise: ca. 1.000 bis 4.000 Euro.