Das Augustprogramm des diesjährigen Mallorca Live Festivals endet mit einem Sinnesrausch: Die 1979 gegründete katalanische Kult-Theatergruppe La Fura dels Baus zeigt am Sonntag (30.8.) ihr Spektakel „Free Bach 212" - eine freie Version der weltlichen Bauernkantate von Johann Sebastian Bach aus dem Jahr 1742.

Wie all unsere Experimente ist es sehr gewagt", verspricht Miki Espuma im Telefongespräch mit der MZ. Der 61-Jährige ist einer der künstlerischen Leiter des Kollektivs, und mit Co-Regisseur David Cid verantwortlich für den wilden Ritt dieser vor drei Jahren uraufgeführten Inszenierung, die nun erstmals auf einer Bühne der Insel gezeigt wird.

Die Essenz der Musik wird respektiert

La Fura dels Baus hat den Anspruch, niemals Schindluder mit dem Original zu treiben, sondern die Essenz der Musik zu respektieren. Espuma ist davon überzeugt, dass die Musik des deutschen Komponisten „absolut zeitlos" ist, und dass es ohne Bach als Vorreiter moderner Musik heute weder Jazz noch Blues noch Heavy Metal geben würde. Er betont, dass ihr „Free Bach" keine Version sei, sondern vielmehr ein völlig neues Formexperiment, das Bach huldigen möchte: Die Partitur der Bauern­kantate werde Note für Note gespielt, in historischer Aufführungspraxis interpretiert vom Barockquartett Divina Mysteria, ohne je die „perfekte Struktur" zu übertönen. „Unser Part ist, dass wir uns in Bach verlieben und an seiner Seite spielen", sagt Espuma.

Was man sich darunter konkret vorzustellen hat? Bachs Original zeichnet sich bereits durch den Kontrast verschiedener Stile aus, Volksmusik der Epoche trifft auf Kunstmusik. An den Übergängen und Schnittstellen klinkt sich La Fura dels Baus ein und ergänzt neue Elemente, die sich laut Espuma auf fast magische Weise nahtlos in das Gesamtwerk eingefügt haben: elektronische Musik, atmosphärische Videoprojektionen, Tanz und vor allem Flamenco-Gesang von Mariola Membrives. „Flamenco repräsentiert die heutige Volks­musik perfekt", erklärt Espuma.

Politik, Liebe und Bier

Inhaltlich geht es bei der Bauernkantate um Liebe, um Politik - und um Bier, das auf der Bühne reichlich fließt. Denn in den letzten Parts der Kantate sei es Bach darum gegangen, alle alltäglichen Probleme abzuschütteln und gemeinsam mit den Musikern und dem Publikum anzustoßen.

Von Anfang bis Ende ver­ströme das Stück Positivität, auch dank Bachs ­zeitgemäßem Sinn für Humor. „Wir brauchen gerade jetzt Spektakel, die optimistisch sind. Bei ,Free Bach' haben die Zuschauer Spaß und ­lachen praktisch die ganze Zeit durch", sagt Espuma. Besonders gespannt ist er auf mög­liche Reaktionen deutscher Zuschauer. Denn wenn die Pandemie die Pläne nicht vereitelt, feiert das Stück im September beim Kunstfest Weimar Deutschlandpremiere. „Mallorca ist dafür jetzt unsere Feuerprobe", so Espuma.

Infos und Tickets unter mallorcalivefestival.com