Wasser, Feuer, Erde, Licht und Luft: Die neue Ausstellung „Elementum", die bis zum 20.12. in der Galerie des CCA Andratx zu sehen ist, nimmt in ihrer Struktur auf die verschiedenen Elemente Bezug, allerdings ohne scharfe Abgrenzungen: Was die Kuratorin Jackie Herbst für die großzügigen Räume gestaltet hat, ist ein spielerischer Parcours, ein Universum an Formen, Emotionen und Ideen, durch den sich der Besucher intuitiv hindurchbewegt.

Die Gruppenausstellung versammelt 64 Werke, überwiegend Konzeptkunst, von insgesamt 51 Künstlern, die zu verschiedenen Zeiten zu einer Residenz im CCA eingeladen waren. Und sie entstand während des Lockdowns, was ihr Konzept entscheidend prägen sollte: „Obwohl wir von einer Pandemie sprachen, die sich auf den Menschen auswirkt, ging in vielen Fällen die menschliche Seite unter all den Nachrichten von der großen, weltweiten Ebene unter", erklärt Herbst. So sei die Idee entstanden, die Werke auf einen menschlichen Maßstab schrumpfen zu lassen.

Ungewohnte Selbstporträts

Der „menschliche Touch" manifestiert sich zum Teil ganz buchstäblich: „Wir haben einige Werke ausgewählt, die direkt mit den Fingern geformt wurden und so etwas ganz Intimes enthalten. Sie sprechen auf Augenhöhe mit dem Betrachter", sagt die Kuratorin. Zum Beispiel eine Keramikskulptur mit Platinüberzug von Markus Karstiees, bei der die Handabdrücke des Künstlers deutlich erkennbar sind, und die ein bisschen aussieht wie ein Alien.

Auch finden sich eine Reihe ungewöhnlicher, doch nicht minder persönlicher Selbstporträts: Das deutsche Künstlerpaar Awst and Walter schuf 2012 eine Serie von „Biometric Diagrams". Für die Reihe, die sich im Laufe der Residenz in eine Art Tagebuch verwandelte, arbeiteten die beiden mit ihren eigenen Fingerabdrücken aus Tinte.

Das Werk lädt zu einem Vergleich mit einem anderen ein, das bewusst an der gegenüberliegenden Wand platziert wurde: „Self portrait, Respiration and Perspiration (2018)" des Dänen Karl Troels Sandegård. „Er hat eine sehr wissenschaftliche Auffassung von Kunst", sagt Herbst und erklärt die Entstehung seiner ungewöhnlichen Serie.

Der Künstler schickte eine Probe seines eigenen Schweißes an ein Labor, ließ sie analysieren und literweise künstlich nachbilden. Anschließend floss der Kunstschweiß aus einem Tropf auf verschiedene Platten aus Metall, wo er eine chemische Reaktion bildet. „Das Resultat erinnert an Aufnahmen des Universums oder an die Oberflächen von Planeten. In ein und demselben Werk trifft Mikrokosmos auf Makrokosmos", sagt Herbst. Es zeige die Essenz des Künstlers, und was sie mit anderen Elementen macht.

Elemente der Natur in Andratx

Ein weiterer Aspekt der Ausstellung ist, was die Umgebung in Andratx mit den Künstlern macht. Die Herausforderung, mit den Ressourcen vor Ort arbeiten zu müssen, spiegele sich in den meisten der ausgewählten Werke. „Viele Künstler greifen in ihrer Arbeit die Natur und die Landschaft auf, die sie hier im CCA Andratx umgibt", erklärt die Kuratorin.

So haben sich zwei Künstler mit dem großen Brand auseinandergesetzt, der 2013 in Andratx wütete. Der Däne Benjamin Grodin schuf eine Skulptur, die an einen verbrannten Baum erinnert. Und das Video der finnischen Künstlerin Nastja Sade Rönkkö zeigt eine poetische Performance, in der sie das verwüstete Gebiet besuchte und verbrannte Bäume umarmte. „Sie überträgt vollkommen dieses Gefühl, das man bekommt, wenn man einen solchen Ort mit eigenen Augen sieht", sagt Herbst. Andere Künstler finden hingegen einen völlig anderen Weg, um Elemente der Natur in ihre Arbeiten zu integrieren, etwa die Deutsche Dani Jakob, die mit natürlichen Pigmenten malte, die sie selbst herstellte.

Marlene Haring, ebenfalls eine deutsche Künstlerin, schuf 2011 vor Ort eine Serie von analogen Fotografien, die sie auf 96 Filmrollen bannte. Diese ließ sie allerdings nicht entwickeln, sondern verpackte sie in fünf Kartons, die als Skulpturen auf einem Podest drapiert sind. Der Titel lautet „Choosing is losing": Wen die Neugier so stark packt, dass er die Kisten auspackt, der zerstört damit das Kunstwerk. Oder nicht? „Wenn du die Filme entwickeln lassen willst, verlierst du diese Skulptur. Aber was ist nun das Werk? Die Fotos oder die Skulptur?", fragt die Kuratorin. Es ist das klassische „Den-Kuchen-essen-oder-behalten?"-Dilemma. Konzept-Kunst in ihrer schönsten Form.

Das Material als Protagonist

Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Werke: „Es sollten Materialien zum Zuge kommen, die ehrlich sind und so präsentiert werden, wie sie sind und die nicht vorgeben, etwas anderes zu sein", sagt die Kuratorin. Das Material sei der Protagonist, aber nicht nur als physisches Element, sondern eher als psychologisches Element. Das direkte, physische und intellektuelle Experimentieren mit dem Material, das menschliche Spuren hinterlässt.

Eigentlich sollte man laut Herbst bei dieser Ausstellung nicht nur die Einzelelemente wahrnehmen, sondern das Gesamterlebnis. „Die Art der Hängung und Verteilung ist sehr poetisch. Wir versuchen, Beziehungen zu knüpfen, Dialoge zwischen den näheren und ferneren Werken zu schaffen, um die Betrachtungsweise zu ergänzen." Jeder kann sich an den verschiedenen Elementen wie an Fixsternen orientieren und sie auf subjektive Weise kombinieren. Der Betrachter hat also eine sehr aktive Rolle. Dennoch: Eine geführte Besichtigung kann in jedem Fall helfen, noch tiefer in diesen kreativen Kosmos einzutauchen.