Wenn man die Augen ein bisschen zusammenkneift, dann kann man sich Roman Hillmann schon ganz gut als König aus dem Morgenland vorstellen. Mit seinem wallenden Haar, dem grauen Bart und dem gütigen Blick erfüllt der Rheinländer ziemlich genau das Profil für einen der drei Reyes Magos, wie sie in Spanien genannt werden.

Das dachte sich wohl auch der Regisseur Bernat Pujol, der von Anbeginn an, seit 1985, für das satirische Krippenspiel für Erwachsene, die „Adoració dels Tres Reis ­d'Orient", verantwortlich ist. Für die diesjährige Aufführung - wie immer am 6. Januar bei gutem Wetter im Ses Voltes vor der Kathedrale, bei schlechtem im Theater Xesc Forteza - wollte er Hillmann als König Melchior dabeihaben. Der sagte natürlich nicht Nein, so wie er öffentliche Auftritte ohnehin nicht scheut. „Es war für mich eine große Ehre, dass ich gefragt wurde, ob ich mitmachen will", erzählt der ehemalige TV-Produzent aus Bonn, der erst seit knapp drei Jahren auf Mallorca lebt und mit seiner Partnerin, der Musikerin ­Nermin Gönenc, gern und häufig gesellschaftliche Termine auf der Insel wahrnimmt.

Zumal seinen Informationen nach erst ein Deutscher jemals Teil des Ensembles gewesen ist. 1990 spielte der in Valldemossa lebende Künstler Nils Burwitz ebenfalls die Figur des Melchior. Es ist eine Figur, die in dem 90-minütigen Stück relativ viel Text hat, und das auf Mallorquinisch. Pujol, so erzählt Hillmann, glaubte nämlich, er habe mit Hillmann einen Deutschen vor sich, der des Mallorquinischen souverän Herr sei. „Dem ist natürlich nicht ganz so, obwohl ich die Sprache mehr oder weniger verstehe. Aber Sprechen ist doch noch einmal eine andere Nummer", sagt Hillmann.

Aber man ist auf Mallorca ja flexibel, und eine kurze Sprechprobe mit Auszügen seiner Rolle als Melchior bestand Hillmann dann ohne größere Unfälle. Trotzdem ließ er sich seinen Part noch einmal von einem mallorquinischen Dichter vorsprechen. „Seither feile ich nach und nach an der Aussprache von so manchem Wort. Der Klang ist uns Deutschen ja doch manchmal etwas fremd", sagt er. Das ­mache aber nichts. Denn es sei ja nur authentisch, wenn der Melchior mit Akzent spreche, schließlich war der aus Persien stammende ­König des Mallorquinischen wohl kaum mächtig. Inzwischen habe er seinen Part zwar auswendig im Kopf, aber bei den Proben müsse er dennoch hoch konzentriert sein, um seinen Einsatz nicht zu verpassen.

Ein wenig Sorgen bereiten ihm noch die, wie er es nennt, „Würste", die seine Ensemblekollegen in den Text einbauen könnten, weshalb er dann vielleicht doch seinen Einsatz ­verpassen könnte. Die „Würste" nennen sich auf Mallorquinisch butifarras und sind ein elementarer Bestandteil der „Adoració". Jeder Dar­steller hat das Recht - um nicht zu sagen die Pflicht -, in seinen vorgefertigten Text eigene Versatzstücke einzubauen. Traditionell sind es Spitzen gegen andere Darsteller der Gruppe oder gegen die Politik oder Gesellschaft. Seine butifarra will - oder darf - ­Hillmann vorab nicht verraten. Seine Partnerin, die Sängerin Nermin Gönenc wird ihre butifarra singend darbieten. Sie wurde gefragt, als die Figur der ­Maria ausfiel - und sprang spontan ein. „Meine butifarra wird ein Schlaflied für das Jesuskind", sagt ­Gönenc. Das ausnahmsweise in diesem Jahr nicht von einem Baby aus Fleisch und Blut ­dargestellt wird, sondern lediglich von einer Puppe. Corona lässt keine andere Wahl.

Auch sonst sind die Vorbereitungen natürlich durch die Pandemie beeinträchtigt, bis hin zur Ungewissheit, ob das Spektakel denn tatsächlich stattfinden kann. „Wir gehen jetzt einfach mal davon aus", lässt sich Hillmann die Laune nicht vermiesen. Schließlich probe man bereits seit zwei Wochen ausschließlich im Freien, und auch die Aufführung im Ses ­Voltes (6.1., 11.30 Uhr) steige ja an der frischen Luft. Die Darsteller werden wohl eine durchsichtige Maske tragen. Das Publikum, so denn zugelassen, muss auf jeden Fall mit Maske erscheinen. Derzeit sind 150 Zuschauer erlaubt (kostenlose Karten gibt es auf der Website palmacultura.koobin.cat/reis_orient). „Man kann sich auch oben an die Mauer an der Kathedrale stellen, dann kann man das Stück ja auch sehen", sagt Gönenc.

Die Kleider für die Darsteller fertigt auch im 25. Jahr in Folge Rafa Pizarro an, der schon angekündigt hat, dass sich die Pandemie auch in den Kostümen widerspiegeln wird. Weitere Darsteller aus Politik und Kultur sind etwa der Schauspieler Joan Carles Bestard, dem die Ehre zuteil wird, mit König Herodes die Hauptrolle zu spielen. Schauspielerin und DJane Clara ­Ingold ist Zeremonienmeisterin.