Oft blühen sie gleichzeitig. Doch in diesem Jahr sind die Mimosen den Mandelbäumen auf Mallorca einen Schritt voraus. Die sonnengelben Pompons aus Staubfäden locken bereits Bienen an, während sich die Blüten der Mandelbäume erst zögerlich öffnen.

Dass die Pflanze den Insekten ihren Pollen anbietet, wenn es auf der Insel am kältesten ist, klingt gar nicht mimosenhaft. Aber diese Pflanze trägt ohnehin den falschen Namen. Denn die Mimose (Acacia dealbata bot., Mimosa plateada span., mimosa comuna kat.) zählt zwar zur großen Familie der Mimosengewächse, ist aber eigentlich eine Akazie, weshalb sie im Deutschen Silberakazie genannt wird. Eine echte Mimose ist dagegen die Mimosa pudica, was schon der deutsche Name Schamhafte Sinnpflanze ausdrückt. Die Blätter des aus den ­Tropen stammenden Strauchs ziehen sich bei Berührung und auch nachts zusammen. Nur im Gewächshaus könnte diese Sorte die Winter auf Mallorca unbeschadet überstehen.

Der Silberakazie schadet dagegen Kälte nur dann, wenn die Temperaturen länger unter null Grad sinken. Das ist auf der Insel so gut wie nie der Fall. Sogar im Bergtal von Ariant stehen die Mimosenbäume derzeit in voller Blüte, wie Susana Quintanilla berichtet, die für den Garten von Heidi Gildemeister verantwortlich ist. Gildemeister, die Autorin des Buches „Mediterranes Gärtnern", schrieb über Akazien, dass eine sorgfältige Auswahl verschieden großer Arten ein farbiges Blütenmeer garantiert. Weiter empfahl sie, einen kräftigen Rückschnitt nach der Blüte, um eine kompakte Wuchsform zu erhalten - oder aber regelmäßig Zweige für die Vase zu schneiden.

Als Lieferant winterlicher Sträuße schätzten auch Mallorquiner die Silberakazie, sagt Mateo Morro, Landschaftsarchitekt und Gärtnereibesitzer in Santa Maria del Camí (www.viverssantamaria.com). Erst kürzlich pflanzte er eine Acacia dealbata in seinen Garten. Der häufige Schnitt soll ihren Wuchs als Strauch fördern. Das hat seinen Grund: Auf seinen Reisen hätte er häufig beobachtet, dass Mimosenarten gut als Büsche gedeihen, weil sie sich so gegenseitig schützen. Stürme könnten die schnell wachsenden Bäume hingegen gefährden. Deshalb empfiehlt er auch die buschige Züchtung Acacia redolens. Auf der Insel eigneten sich, so Morro, ohnehin nur Bäumchen, die auf der Unterlage der Langblättrigen ­Akazie (Acacia longifolia) veredelt sind. Denn dieser Sorte fällt das Anwachsen in der kalkhaltigen Inselerde leichter.

Gar nicht mimosenhaft verhält sich die Silberakazie auf alkalischen, sauren Böden mit niedrigem pH-Wert, die es im Baskenland, Galicien oder Asturien gibt. Denn gerade weil das Gewächs gleichzeitig hübsch und widerstandsfähig ist, hatte man es häufig als Zierbäume in öffentliche und private Gärten sowie in Parks gepflanzt. Dort konnten die Samen gut keimen und die Pflanze uferlos auswildern. So kam es, dass die Silberakazie mittlerweile in den Katalog der invasiven Pflanzen des spanischen Landwirtschafts- und Umweltministeriums aufgenommen worden sind, der das Auspflanzen dieser Sorte verbietet. Die Balearen ausgenommen, denn: „Auf den kalkhaltigen Inselböden haben ihre Samen keine Chance", weiß Morro zu berichten.

Wild wächst die Silberakazie in Australien. Von dort brachten sie britische Botaniker, die James Cook bei seiner Weltumsegelung im 18. Jahrhundert begleiteten, in die Royal Botanic Gardens Kew. Im 19. Jahrhundert pflanzten sie dann britische Gartenbesitzer in ihre Anwesen an der Côte d'Azur. Heute führt in der Nähe von Aix-en-Provence die „Route de Mimosa" über die Dörfer. Die Strecke endet in Grasse, wo der Blütenduft früher für Parfüms extrahiert worden ist. Die Blumensträuße, die im nördlicheren Europa Vorboten des Frühling sind, kommen häufig von dort. Geheizte Gewächshäuser bringen die geschnittenen Zweige dann rechtzeitig zur Blüte.

„In Italien ist die Mimose die Blume des Frauentags am 8. März", sagt Aina S. Erice, Bloggerin und Autorin des Buches „Plantas olvidadas". Dass sich dieser Brauch seit 1946 hartnäckig hält, wäre der Bequemlichkeit geschuldet. Denn genau zu dieser Zeit wären die Mimosen preisgünstig und überall verfügbar. Aber auch weil sie hell, zart und widerstandsfähig sind, böten sie sich für eine schöne, symbolische Interpretation an.