Ein Spaziergang durch die „unglaublich übersprudelnde" Kreativität von Miquel Barcelós Atelier: So beschreibt der Kurator Enrique ­Juncosa, was die Besucher bis September im Museo Picasso de Málaga erwartet. Fast alle Werke sind neu, quasi frisch aus dem Ofen, die Farbe gerade erst getrocknet: Die Ausstellung „Miquel Barceló. Metamorfosis" zeigt rund hundert Werke, die der bekannteste Künstler von Mallorca in den vergangenen fünf Jahren in verschiedensten Techniken schuf - darunter dreißig Keramikarbeiten, dreizehn Gemälde, zweiundvierzig Aquarelle, sechs Skizzenbücher und sieben große Bronzeskulpturen, die im Innenhof des Museums zu sehen sind.

Ein fantastisches ­Bestiarium

Die Schau zeugt von Barcelós ständiger Transformation und Experimentierfreude. „Meine ganzes Werk ist ein reiner Exkurs, ich gehe gern steinige Wege", sagte der Künstler der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". Die titelgebenden Metamorphosen beziehen sich jedoch auf Franz Kafkas 1912 entstandene Erzählung „Die Verwandlung", die ­Barceló für eine kürzlich erschienene Neuauflage mit 60 Aquarellen bebilderte. Dieser und weiteren Buchillustrationen wie für „Die Göttliche ­Komödie" (Dante) und „Faust" (Goethe) ist es zu verdanken, dass ein fantastisches ­Bestiarium in Barcelós Kunst Einzug hielt: Menschliche Figuren, die sich in Garnelen oder Pflanzen verwandeln, tummeln sich dort nun ebenso wie Stiere und grüßende Fische.

Auch leuchten neuerdings viele frische Farben auf seiner Palette, wo bislang Erdtöne dominiert hatten. Auf manchen der großen Gemälde sind nächtliche Landschaften in Schwarz und Blau, stürmische Himmel und Vollmonde zu sehen. Bilder mit Tierdarstellungen, die an Höhlenmalerei erinnern, bezeugen, dass Barceló die prähistorische Kunst als genauso „modern" betrachtet wie jede andere Epoche der Kunstgeschichte.

Die Summe von glücklichen Unfällen

Ohne sich von der Malerei abzuwenden, ­lotete der Künstler zuletzt auch die formalen und konzeptuellen Möglichkeiten der Keramik aus, wie seine Serie „Tótems" beweist. Diese großformatigen Exponate aus aufeinanderliegenden Blöcken wecken Assoziationen von klassischer Architektur, Gottheiten und Mythen einer unbekannten Zivilisation. Andere Keramikarbeiten, die Barceló in seinem Atelier in Vilafranca de Bonany anfertigte, sind von einer ausgefeilten Schroffheit; ­figürliche Elemente lassen dabei an Pflanzen und Wasserlebewesen denken, an Blüten­blätter, Blätter und Flossen, einige von ihnen tragen anthropomorphe Züge.

In Barcelós Werk sind der schöpferische Prozess selbst und die „Alchimie des Materials" bedeutsam. Dessen Bearbeitung kann auch ein Vorgang mit ungewissem Ende sein. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Keramikarbeit in der Ausstellung, bei der ihm ein Fehler unterlaufen war: „Sie wird nach und nach zerbröseln (...) und vielleicht in ein paar Jahren nicht mehr existieren", so der Künstler im Interview. Doch gerade das gefalle ihm, denn viele seiner Werke seien per se flüchtig. „Alles ist ein Fehler oder eine Summe von Fehlern und Unfällen, manchmal von glücklichen Unfällen."

Verbranntes Selbstporträt

In diese Kategorie fällt wohl auch ein ­außergewöhnliches Selbstporträt, das die Ausstellung bereithält: Es hat eine verkohlte, ­verbrannte und zerkratzte Optik. „Manchmal werden die Bilder nicht gut oder gefallen mir nicht", erklärte Barceló dazu. „Dann gebe ich ihnen eine letzte Chance, indem ich sie räuchere. Wenn ich danach die Oberfläche zerkratze, kommt etwas dabei heraus." Und falls nicht, wanderten die Werke danach direkt ins Feuer. In diesem Fall jedoch habe ihn das Ergebnis überzeugt. Und in gewisser Weise ist es nicht das einzige Selbstbildnis im Museo ­Picasso: „Ich sehe mich in allen Werken der Ausstellung", sagte Barceló. „In den Skarabäen, in den Fischen, in den Stieren..."