Wenn der US-Amerikaner Drew Aaron sagt „Kunst ist meine Leidenschaft und meine Liebe", dann kauft man es ihm durchaus ab. Vor allem aber weiß der 43-jährige Sammler und Unternehmer, der mit seiner Familie in Alaró lebt, ganz genau, wie man sie inszeniert und vermarktet. Mit seiner ­Gallery Red in Palma de Mallorca agiert er in der ­Nische, internationale, etablierte zeitgenössische Kunst auf Mallorca anzubieten - darunter große Namen des globalen Markts wie Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat, Damien Hirst, ­Banksy und Jeff Koons.

Seine Sammlung, sagt er, umfasse inzwischen mehr als 15.000 Werke von rund 35 ganz verschiedenen Künstlern, eine Hälfte von ihnen etabliert, die andere Hälfte aufstrebende Talente. Diese große Vielfalt stellte Aaron zuletzt vor ein Problem: „Wenn man sie im selben Raum ausstellt, gibt es keinen guten Dialog zwischen den Werken, und die Chemie stimmt einfach nicht", so der Wahl-Mallorquiner bei einem Treffen in den Büros seines Finanzunternehmens Lionsgate Capital. Die Lösung für das Dilemma: eine Aufteilung in spezialisierte Räume oder „Marken". Die traditionell ausgerichtete „Muttergalerie" Red soll bedeutende, schöne, farbenfrohe, nicht zu extravagante zeitgenössische Kunstwerke zeigen, die untereinander gut harmonieren.

Mix aus Soho New York und Soho London

Neu dazu kommt ein Ausstellungsraum mit drei Stockwerken, der am 15. März seine Pforten öffnet: die Soho Gallery, laut Aaron „ein Mix aus Soho New York und Soho London". Die Innenräume sind in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten. Und nach dreijähriger harter Überzeugungs­arbeit konnte der Unternehmer sogar die Anwohner überreden, auch die ­Fassaden der angrenzenden ­Häuser schwarz umstreichen zu lassen, damit der ästhetische Gesamteindruck stimmt.

Die Galerieräume sollen künftig auf 140 Quadratmetern jene 20 Prozent der jungen, coolen, „edgy" Street-Art- und Pop-Art-Künstler abbilden, die nicht recht zum Rest passen ­wollen. Werke von Banksy, David ­LaChapelle, der in Asien heiß begehrten spanischen Künstlerin Sol Felpeto oder dem erst siebenjährigen Über­flieger Leonardo, aber zum Beispiel auch von Keith Haring sollen dort ­ihren Platz finden.

Werke mit Bling-Bling-Effekt

Bei einer Führung durch die Gallery Red gibt Drew Aaron Einblicke in den Sortierungsprozess: Er verweist etwa auf eine elegante Marmor-Skulptur von Evelyne Brader-Frank, die eindeutig zum Team Gallery Red gehört. Die Skulptur eines quietschgelben ­Riesengummibärchens von dEmo ist hingegen ein klarer Fall für die Soho Gallery. Genau wie eine pinke Kuh von Andy Warhol, die neben den klassischen Blumen und Marilyn Monroes ­etwas zu ausgeflippt ist. „Die erste Ausstellung wird eine Kollektivschau mit 20 Künstlern, die aus unserer Sicht die beste Street-Art weltweit repräsentieren", so Drew Aaron.

Doch mit der Zweiteilung ist es noch nicht genug, denn am 1. April geht ein weiteres neues Projekt an den Start: „Das Art Loft Palma geht in die genau entgegengesetzte Richtung der Soho Gallery", erklärt der Sammler. Bei der Auswahl der Kandidaten für Red und Soho seien fünf oder sechs übrig geblieben, die zu glamourös, aufregend und schillernd waren und ihren eigenen Raum zum Atmen einforderten. „Da wurde uns klar, dass wir nicht zwei, sondern drei Marken brauchen", sagt Aaron.

Die Werke mit dem gewissen Bling-Bling- und Wow-Effekt wandern also in das exklusive Loft, das die Gallery Red gemeinsam mit der Mar­nali Gallery betreiben wird. Diese sei ­„definitiv viel verrückter", man wolle sich daher in der Mitte treffen: Marnali wählt für die Bestückung der 500 Quadratmeter Fläche die am wenigsten schrillen Arbeiten aus, Gallery Red ihre exzentrischsten.

Saint-Tropez- und Ibiza-Flair

Ibiza

Drew Aaron gewährt einen ersten Blick in die luxuriösen Räumlichkeiten mit den sechs Meter hohen Decken: ­Jeder Saal erstrahlt in einer anderen Farbe, eine große Terrasse soll für spezielle Abendevents genutzt werden, die Saint-Tropez- und Ibiza-Flair nach ­Mallorca bringen sollen. „Alice im Wunderland trifft Euphorie" sei die wohl treffendste Beschreibung für die Idee hinter dem Art Loft.

Die Zusammenarbeit mit der Marnali Gallery führt Drew Aaron als Beleg dafür an, dass er Wert auf gute Nachbarschaft legt und nicht nur sein eigenes Süppchen kochen will. Auch die Be­ziehung zur nahe gelegenen Galerie ­Pelaires soll durch eine bessere Beschilderung und Erleichterung des Zugangs von der Plaça Chopin aus intensiviert werden. Und dass Gerhardt Braun plant, im Mai am Chopin-Platz einen neuen Ableger zu eröffnen, fügt sich perfekt in Aarons Vision eines neuen Künstlerviertels in diesem Gebiet von Palma de Mallorca ein, das er selbst natürlich als Gallery Red Square bezeichnet.

Den Kern bildet freilich sein eigener roter Planet, wo Kunst und Kommerz miteinander verschmelzen und man leicht den Überblick verliert, was nun inzwischen alles zur Umlaufbahn gehört und gehören wird: die Gallery Red, ihre Erweiterung Gallery Red Square, Soho Gallery und Art Loft Palma, ein Concept Store und ein Frame Shop, der Handtaschenladen Rouge, das im Februar eröffnete Café Red mit lokalen Produkten und private Ausstellungsräume, die mit Termin besucht werden können.

1. Gallery Red, 2. Gallery Red Square, 3. Gallery Red Concept Store, 4. Café Red, 5. Soho Gallery mit zwei Eingängen, 6. Gallery Red Frame Shop, 7. Art Loft Palma, 8. Design Showroom, 9. Rouge Mallorca, 10. Lionsgate Capital.