Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die neue Ausstellung des Shootingstars Leon Löwentraut (23) auf Mallorca ausgerechnet „Unstoppable" heißt. Denn tatsächlich hätte die Schau in der Galerie Gerhardt Braun in Palma längst eröffnen sollen, aber der Galerist drückte wegen Corona die Pausentaste. „Wir lassen uns jetzt nicht stoppen. Wir schieben nur ein bisschen", erklärt Braun beim MZ-Besuch. Nach einem zunächst für Herbst geplanten Starttermin war vom 14. Mai 2021 die Rede, inzwischen optimistisch von Ende Juni. „Es ist ein wenig wie beim Wellenreiten", sagt der Galerist über das ständige Umplanen.

Nun könnte Braun natürlich, wie so viele andere Galerien auf Mallorca, auf eine fulminante Vernissagen-Sause verzichten und ohne große Zeremonie die noch mit Papier verhangenen Türen der „Art Hall" im Carrer de Sant Feliu öffnen. Für andere Ausstellungen käme das auch durchaus infrage, aber nicht bei dem „internationalen Mega-Typ" Löwentraut, wie Braun es formuliert: Der junge Bursche brauche die Inszenierung. Und seine Fans den direkten Kontakt, das Erinnerungsfoto. Der einst von der „Bild"-Zeitung als „Bubicasso" bezeichnete Liebling der Schickeria trifft mit seinen bunten, energiegeladenen Gemälden den Geschmack eines großen Publikums. Aber der Farbrausch allein ohne rauschendes Fest drumherum? Da würde etwas fehlen.

Lange warten, dann zünftig feiern

Und so gedulden sich Künstler und Galerist notgedrungen: „Wir haben jetzt so lange gewartet, da wollen wir es auch richtig krachen lassen", sagt Braun. Riskieren wolle man dabei selbstverständlich nichts, deshalb setzt der Galerist große Hoffnungen auf ein zügiges Voranschreiten der Impfkampagne. Das Event sei für ihn erst dann vorstellbar, wenn einige Hundert Gäste, die zu diesem Anlass teilweise eigens auf die Insel fliegen würden, in die 350 Quadratmeter großen Ausstellungsräume eingelassen werden dürften - und nicht nur Kleingruppen, bei denen die ersten 20 Personen den Neid aller anderen zu spüren bekämen. Ein DJ und Getränkeausschank seien ebenfalls ein Muss. Was ihm für Löwentrauts Auftritt vorschwebt, will er noch nicht verraten, und er sagt nur: „Da werden wir schon noch Überraschungen haben." 2018 fuhr der Künstler, in einen exzentrischen Designermantel gehüllt, zur Vernissage bei Gerhardt Braun mit der Kutsche vor. Auf Ibiza ließ er sich gar wie ein Hollywoodstar mit dem Hubschrauber einfliegen.

Das Geheimnis um die neue Ausstellung lüftet Braun schon einmal für die Redakteurin und gewährt einen Blick hinter die Kulissen. „Unstoppable" will die nicht zu stoppende Kreativität des jungen Künstlers zeigen. ­Löwentraut experimentierte zuletzt mit neuen Techniken und entdeckte sogar (für seine Verhältnisse) den Purismus. Auf den neueren expressiven Gemälden drückt er nicht mehr ganz so oft auf die Farbtuben mit dem Silber und Gold. Die üppig verschnörkelten Kompositionen lassen dank ruhiger und freier ­Flächen Raum zum Atmen: Werke wie „Counterpoint I" und „Counterpoint II" bestechen mit schwarzem und weißem Hintergrund. Die Reduzierung hebt optisch die Farben in der Mitte und die Plastizität der Figuren hervor.

Löwentraut-Fans werden entzückt sein

Ein wirklich ungewohnter Anblick für Kunstsammler dürfte eine Reihe von schlichten Kohlezeichnungen auf Büttenpapier sein, mit denen der Künstler 2020 begann. Die ­Arbeiten mit klarer Picasso-Referenz bilden einen auffallenden Gegenpol zum umgebenden Farbenmeer. Gerhardt Braun sagt dazu: „Die einen lieben ihn, die anderen sagen: ,So ein Hype.' Aber immer mehr von der zweiten Gruppe finden sich jetzt in diesen Arbeiten wieder." Verfechter vom Team Farbe dürften dagegen von Werken wie „Angel of Love" entzückt sein, die neben den Originalen auch als günstigere Editionen auf Papier zu haben sind. Die seien jedoch schnell vergriffen, die Galerie fängt jetzt schon Schritt für Schritt mit den Reservierungen an. Und die Warteliste sei lang: Bevorzugt würden internationale Kunden, die noch kein Werk von Löwentraut besäßen. Die Preisspanne reicht von 9.400 Euro für eine Zeichnung bis 105.000 Euro für das großformatige Diptychon „Apocalypse".

Ein besonderes Werk ist eine rund 500 Kilo schwere, handübermalte Bronzeskulptur, inspiriert von den kolossalen Steinstatuen der Osterinsel. Ihre schillernde ­Oberfläche lässt zugleich an ein in Glanz­papier gewickeltes Osterei denken. Sie soll später einen speziellen Platz im frisch eröffneten „Art Window" direkt gegenüber der ­Galerie bekommen, das sonst etwa alle vier Wochen wechselnde Werke zeigen wird. ­Eines ist gewiss: Gerhardt Braun nutzt die Wartezeit auf die Löwentraut-Vernissage überaus produktiv. Noch ein Raum soll bald im Carrer Sant Feliu dazustoßen, ein weiterer an der Plaça Chopin befindet sich in der letzten Umbauphase, und auch die aufgege­benen Räumlichkeiten der Galeria Maior in Palma übernimmt nun Braun. Die Expansion der Galerie lässt sich ganz offensichtlich auch nicht stoppen.