Festivalleiter Jaume Ripoll muss es im MZ-Gespräch selbst zugeben: Sieben Tage sind eigentlich nicht genug für das üppige Programm, das die Zuschauer beim elften Atlàntida Film Fest erwartet (26.7.–1.8., bis zum 26.8. auch online auf der Streaming-Plattform Filmin). Mit Vorführungen an mehreren Orten – darunter Sala Rívoli, CineCiutat, La Misericòrdia, Can Ribas, Ses Voltes und Museu de Mallorca – wird Palma eine Woche lang zur Hochburg des europäischen Films.

Dieses Jahr kosten die Vorführungen in den Kinosälen einen symbolischen Eintrittspreis von 3 Euro. Karten und Infos zum Programm gibt es unter atlantidafilmfest.com. Wie immer wartet das Festival mit einem abwechslungsreichen Mix auf. Wir stellen eine subjektive Auswahl sehenswerter Filme vor, die Sie nicht verpassen sollten.

Begehrlich: El chico más bello del mundo, 28.7.

Björn Andrésen 1971 als schöner Knabe Tadzio in "Tod in Venedig". Atlàntida Film Fest

Der Schwede Björn Andrésen verkörperte 1971 in der Verfilmung von Thomas Manns „Der Tod in Venedig“ den Tadzio, Regisseur Visconti bezeichnete ihn als „schönsten Jungen der Welt“. Die Doku zeigt, wie hoch der Preis von Ruhm und Schönheit war. Mit dabei: Andrésen persönlich. (Rívoli, 18 Uhr)

Verstörende Doku: Lost Boys, 29.7.

Die Exzesse in Südostasien nehmen eine düstere Wendung. Atlàntida Film Fest

Frisch aus dem Gefängnis, unternehmen zwei Freunde eine Reise voller Sex und Drogen nach Thailand und Kambodscha – bis einer spurlos verschwindet. Nichts für schwache Nerven, aber ein Favorit des Festivalleiters: "Der Film ist unglaublich. Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen." (CineCiutat, 18 Uhr)

Intensive Freundschaft: Julia & I, 29.7.

Vier Jahre, aufgezeichnet von der Schauspielerin Nina Hobert. Atlàntida Film Fest

Der Film glänzte zuvor auf dem Festival CPHX Dox und handelt von zwei Freundinnen, die turbulente Zeiten erleben. Für Ripoll eine Perle des Festivals: "Es ist außergewöhnlich, wie diese Doku in das Leben der Frauen hineinzieht." Regisseurin Nina Hobert und Protagonistin Julia Werup sind zu Gast. (CineCiutat, 20 Uhr)

Zwielichtige Welt: The Show, 29.7.

Tom Burke spielt in dieser mysteriösen Szenerie einen Detektiv. Atlàntida Film Fest

Wenn sich die britische Comic-Legende Alan Moore („Watchmen“, „V wie Vendetta“) erstmals als Drehbuchautor und Schauspieler versucht, ist es kein Wunder, dass sich im Film Vampire und maskierte Rächer tummeln. Im Anschluss kann man bei einem Vortrag noch tiefer in Moores Universum eintauchen. (Rívoli, 18 Uhr)

Schöpferin der Mumins: Tove, 30.7.

Die Lebensgeschichte von Tove Jansson als faszinierender Film. Atlàntida Film Fest

Die Fantasiewelt von Tove Janssons Mumin-Trollen prägte so manche glückliche Kindheit. "Aber wenige wissen, wie sie ihre Sexualität im sozialen Kontext ihrer Zeit lebte", sagt Ripoll. Nach der Filmbiografie der finnischen Künstlerin gibt es einen Vortrag, der auch ihre Rolle als LGBT-Ikone beleuchtet. (Rívoli, 18 Uhr)

Trügerischer Friede: Human Factors, 30.7.

Die deutsch-italienisch-dänische Produktion brilliert auf Festivals. Atlàntida Film Fest

Das Filmdrama "Der menschliche Faktor" von Ronny Trocker war dieses Jahr beim Sundance Film Festival und auf der Berlinale nominiert. Minimalistisch und hochspannend erzählt es von einer bürgerlichen Familie, deren Harmonie im Ferienhaus durch ein mysteriöses Ereignis ins Wanken gerät. (Rívoli, 18 Uhr)

Generationenporträt: All eyes off me, 30.7.

Ein Film über die Suche nach emotionaler und sexueller Erfüllung. Atlàntida Film Fest

Nachdem ihr Debüt „People that are not me“ einer der meistgesehenen Filme in der Geschichte des Atlàntida war, stellt die israelische Regisseurin Hadas Ben Aroya nun ihren neuen Film persönlich vor – eine so gewagte wie zärtliche Reflexion über Liebe, Erotik und Fantasien der Millennials. (CineCiutat, 20 Uhr)

Apart: En busca del violín perfecto, 30.7.

Ein Geigenbauer steht vor der Herausforderung seines Lebens. Atlàntida Film Fest

Ripoll schwärmt von dieser Geschichte: Ein Geigenbauer will für die Künstlerin Janine Jansen das ideale Instrument schaffen. Zuvor gibt es einen musikalischen Vortrag mit der deutschen Violinistin Nina Heidenreich über die Geheimnisse der Geigen und des Holzes, aus dem sie geschnitzt sind. (Museu de Mallorca, 22 Uhr)

Universum eines Genies: Fellinopolis, 31.7.

Der Dokumentarfilm zeigt Fellinis Kulissen und ihn selbst dahinter. Atlàntida Film Fest

Ein Pflichttermin für Fans des italienischen Regisseurs Federico Fellini anlässlich dessen 100. Geburtstags: Der Film von Silvia Giulietti entführt in Fellinis Traumwelten – durch die Augen von Ferruccio Castronuovo, dem als Einzigen gestattet war, seine Sets zu filmen und zu dokumentieren. (CineCiutat, 18 Uhr)

Gewagt: Antígona: Cómo osamos!

Das politische "Chaos" in Europa als moderne griechische Tragödie. Atlàntida Film Fest

Der kreative Kopf hinter diesem Film ist der slowenische Philosoph Slavoj Žižek. In dessen Version von Sophokles’ Antigone spielen Politiker und Entscheidungsträger die Hauptrollen. Im Anschluss findet eine Debatte mit dem „Rockstar unter den Intellektuellen“ und dem Regisseur Jani Sever statt. (Rívoli, 18 Uhr)

Schatz aus dem Archiv: El jefe político

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Der diesjährige Abschlussfilm zeigt Mallorca vor 100 Jahren und besitzt dank Themen wie politischer Korruption und Post-Pandemie (Spanische Grippe) noch heute Sprengkraft. Neue musikalische Untermalung bekommt der Schwarz-Weiß-Streifen live von Komponist Miquel Brunet. (Misericòrdia, 22 Uhr)