Richard Rogers, der am Samstag im Alter von 88 in seinem Haus in London verstorbene Stararchitekt, hinterlässt auch auf Mallorca Spuren. 1998 entwarf er den 2002 im Norden von Palma de Mallorca eröffneten Technologiepark ParcBit. Auf dem Gelände in der Nähe der Balearen-Universität haben sich über die Jahre etliche Unternehmen angesiedelt, bis heute ist es Mallorcas Start-up-Schmiede. Allerdings hatte sich der Erbauer des Centre Pompidou den ParcBit anders vorgestellt: Seinen Plänen zufolge sollte dort auch Wohnraum für zwischen 6.000 bis 8.000 Menschen entstehen.

Der Auftrag für den ParcBit erging noch unter der Regierung des Jahre später wegen Korruptions verurteilten konservativen Ministerpräsidenten Jaume Matas, abgenommen wurde der Technologiepark dann aber von dem sozialistischen Ministerpräsidenten Francesc Antich. Der entschied sich gegen den ursprünglichen Plan, dort auch Wohnraum zu schaffen.

Der Technologiepark ParcBit vor den Toren von Palma de Mallorca. B.RAMON

Leben und arbeiten

Für Rogers war das ein Fehler, schließlich ging es um ein zentrales Element des Projekts: "Dort nur Büros zu schaffen, ist der falsche Ansatz, weil es darum geht, ein nachhaltiges Ökosystem zu schaffen, das es erlaubt, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren", sagte er damals weitsichtig. "Die Mitarbeiter innovativer Unternehmen sind anders als die der althergebrachten. Sie schätzen die Lebensqualität, und ihre Arbeitszeiten sind viel flexibler. Die Grenzen zwischen Unternehmen und dem Zuhause sind fließend

Der Verfechter einer "kompakten Stadt" plante ebenso eine interkonfessionelle Kirche in dem Gewerbegebiet, doch auch daraus wurde nichts. Trotz der Abstriche an seinem Projekt zeigte sich Richard Rogers bei der Eröffnung zufrieden, sein Masterplan sei sogar über die Erwartungen hinaus ausgeführt worden. Der ParcBit werde mit der Zeit Form annehmen, die Wohnungen würden dann halt in Zukunft gebaut. Bis heute ist das nicht geschehen, der ParcBit verwaist nach Feierabend und am Wochenende.

Weltweit bekannt

Richard Rogers' bekanntestes Bauwerk ist der radikale Kulturpalast Centre Pompidou in Paris, den er zusammen mit dem Italiener Renzo Piano entwarf. Der Innenraum lässt sich maximal nutzen, da die Architekten das gesamte Versorgungssystem in künstlerische Elemente verwandelten.

Das Centre Pompidou in Paris. HO

Geboren wurde Rogers am 23. Juli 1933 in eine großbürgerliche Familie in Florenz, die kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach London zog. Rogers studierte erst in London, dann mit Norman Foster in Yale. Die beiden gründeten 1963 mit den beiden Architektinnen Su Brumwell und Wendy Cheesman das sogenannte Team 4, woraus sich die britische High-Tech-Bewegung entwickelte.

Der Pritzker-Preisträger begriff sich als moderner Funktionalist. In England herrschte damals extreme Wohnungsnot, die nur mit billigen, vorgefertigten Häusern gelindert werden konnte. Doch Rogers entwickelte seinen farbenfrohen, wiedererkennbaren, aber auch anpassungsfähigen Stil, bei dem er sowohl die Gebäudestruktur als auch die Infrastruktur als Designelemente einsetzte.

Nach seinem weltweiten Durchbruch in den siebziger Jahren mit dem Centre Pompidou entwarf er das Hauptquartier für den Versicherungsmarkt Lloyd's of London; es folgten der Millennium Dome, der Terminal 5 des Flughafens Heathrow sowie das Leadenhall Building im Londoner Finanzbezirk mit dem Spitznamen "Cheesegrater (Käsereibe).

In Spanien entwarf Rogers auch gemeinsam mit Antonio Lamela den überaus eleganten geschwungenen Terminal 4 am Madrider Flughafen.

Terminal 4 am Flughafen von Madrid SERGIO BARRENECHEA

Auch das sehr hell und offen gestaltete walisische Parlament namens Senedd in Cardiff mit seiner besonderen, geschwungenen Architektur ist ein Werk von Rogers. Man danke "Lord Rogers" für seine Vision und sei in Gedanken bei seinen Freunden und seiner Familie, hieß es auf dem Twitter-Account des Parlaments.

Den Bau des Three World Trade Centers in Manhattan schloss er kurz vor seinem 85. Geburtstag ab. Auch dieser Wolkenkratzer wird – typisch für Rogers – von einem äußeren Verstrebungssystem aus reflektierendem Glas und Edelstahl zusammengehalten. Das American Institute for Architects verlieh ihm 2019 dafür und für sein Lebenswerk den höchsten Architekturpreis der Vereinigten Staaten, die AIA-Goldmedaille. /ck (mit dpa)