Die mallorquinische Popmusikszene lebt in einem kuriosen Zwiespalt. Es gibt eine unfassbare Menge an talentierten Musikern auf der Insel, die auch in regelmäßigen Abständen durchaus solide Songs produzieren.

Doch so wirklich packend, so wirklich aufregend ist es eher selten. Songwriter-Musik, der ein oder andere Rapper, ein Haufen Rock- und Metalbands sowie einige Musiker, die sich den traditionellen Klängen Mallorcas hingeben – so in etwa lässt sich der Umfang des hiesigen Repertoires umschreiben.

Beats aus der Küche

Wie erfrischend, wenn da Musiker wie Plan-ET des Weges kommen. Hinter dem Künstlernamen versteckt sich Jaume Forteza. Seit rund anderthalb Jahren setzt der 22-Jährige Ausrufezeichen mit seiner Mischung aus elektronischer Musik, Trap und Pop. Und kann mittlerweile auf eine Reihe an treuen Fans zählen, die bei seinen Konzerten die meist auf Mallorquinisch gehaltenen Liedtexte mitsingen. Wie beim Insel-Festival „Mobo Fest“ Ende Juli, wo er Hunderte Festivalbesucher um halb vier Uhr morgens zum Tanzen brachte.

Die lebendige Szene von Manacor

Forteza ist in Manacor aufgewachsen. Die Stadt im Osten Mallorcas hat eine lebendige Szene, und mit Künstlern wie Miquel Serra, Jorra i Gomorra oder zuletzt Reïna populäre Musiker hervorgebracht. Fortezas Vater war Musiker, spielte Bass. Er selbst machte seine ersten Schritte am Schlagzeug, bevor er mit 16 Jahren anfing, das Musikprogramm Ableton zu lernen und erste Beats zu bauen.

Mittlerweile studiert Forteza Musikproduktion in Barcelona. Derzeit ist er in den Semesterferien und verbringt diese damit, gemeinsam mit seinem Bruder Johannisbrotschoten zu ernten. Ein recht lukrativer Nebenverdienst angesichts der hohen Preise, die derzeit für die Hülsenfrucht gezahlt werden. Nebenbei produziert er weiterhin Musik: „Ich hoffe, dass ich im Oktober neue Musik herausbringen kann.“

Ein Laptop, ein Midi-Keybaoard, ein Mikro

Obwohl er als angehender Produzent bestens mit der Funktionsweise eines professionellen Studios vertraut ist, bevorzugt er für seine eigene Musik immer noch ein recht rudimentäres Equipment. Einen Laptop, einen Midi-Keyboard, ein 100-Euro-Mikro. Damit setzt er sich in die Küche seines Elternhauses. Gute Musik, da ist er sicher, lässt sich auch ohne viel Schnickschnack produzieren.

Vielmehr komme es auf das an, was man aus dem macht, was man hat. Forteza saugt Musik unterschiedlichster Richtungen auf. Er kann lange über Künstler sprechen, deren Musik er gern hört. Die Rockbands aus seiner Heimatstadt finden da ebenso Erwähnung wie Trapkünstler a la Yung Beef, Rapper wie Trippie Red und Hyperpop-Vorreiter 100 Gecs. Sein großes musikalisches Vorbild ist Elektro-Produzent Skrillex.

Hiphop und melancholischer Inselpop

Diesen Einfluss der verschiedenen Stile hört man auf „Kepler 454“, wie etwa der Skrillex-Einschlag bei „Qui conyo te creus“. In anderen Momenten wird die Liebe zum melancholischen Inselpop in Kollaborationen deutlich, wie etwa in der Ballade „Discussions amb el cervell“, das gemeinsam mit der Band Modern York entstanden ist. „1312“ ist mit einem klassischen Hip-Hop-Beat unterlegt. Und „Bby“ ist eine luftige Sommernummer mit leichten Reggae-Anleihen.

Es ist erstaunlich, dass in dieser Vielfalt an Stilen ein kohärentes Gesamtwerk entstanden ist (das von einem Fan aus Menorca mal als „Urban Punk“ zusammengefasst wurde). Zumal auch die Texte eine thematische Vielfalt aufweisen. In Songs wie „Speed“ erzählt Forteza vom unbeschwerten Partyleben: Sa gent se fica Speed/i una nina me susurra que vol acabar en es llit (Die Leute nehmen Speed und ein Mädchen flüstert mir zu, dass sie im Bett landen möchte). „Supergluuu“, das er mit der Deutsch-Mallorquinerin Maria Hein aufgenommen hat, ist dagegen ein Herz-SchmerzLied. Und in „El temps“ behandelt Forteza die Angst vor dem Verlust, vor dem Verschwinden der Erinnerungen.

Ein Charakteristikum der mallorquinischen Musikszene ist, dass alle äußerst wohlerzogen und freundlich sind. Arroganz, selbst gespielte, findet man kaum. Forteza ist da keine Ausnahme. Fast schüchtern klingt er, wenn er über die Resonanz auf seine Musik spricht: „Ich freue mich natürlich, wenn die Leute mir sagen, dass ich anders klinge, dass ich was Besonderes mache.