Ein Besuch in Mallorcas kuriosestem und wohl unbekanntestem Museum

Das Museu Bíblic de Mallorca hortet es wahre Schätze

Gerardo Jofre-Granda führt die Besucher persönlich durch das Museum. | FOTO: B. RAMON

Gerardo Jofre-Granda führt die Besucher persönlich durch das Museum. | FOTO: B. RAMON / Montse Terrasa, Brigitte rohm

Montse Terrasa

Laufpublikum gibt es im Bibelmuseum von Palma nicht – es würde sich ohnehin verlaufen. Beim Pförtner des Priesterseminars in der Altstadt, das die eigenwillige Institution beherbergt, werden selbst angemeldete Besucher direkt abgebremst: Die Beschreibung des Weges durch Innenhöfe und über Treppen sei viel zu kompliziert. So muss man sich gedulden, bis man von Gerardo Jofre-Granda, dem Leiter der für das Museum zuständigen Kommission, persönlich abgeholt wird.

Er führt mit Leidenschaft durch das wunderliche Museum, das aus der Zeit gefallen zu sein scheint, eigentlich nur aus einem lang gezogenen Raum besteht und dabei jeden verfügbaren Zentimeter nutzt, um insgesamt 750 Exponate unterzubringen. Gegründet wurde es 1913 von Bischof Pere Campins und dem Priester, Rektor des Priesterseminars und Archäologen Mosén Bartomeu Pascual Marroig.

Lehren über das Jenseits

Schulklassen, sagt Jofre-Granda, könnten sich eine Exkursion ins British Museum sparen, weil hier unter anderem Objekte von Ägypten, Mesopotamien und Rom ausgestellt seien. „Es deckt den gesamten alten Nahen Osten ab und ist der Bibel gewidmet. Wir versuchen, dies durch die hier vorhandenen Stücke auf eine visuelle Art und Weise zu zeigen“, sagt Jofre-Granda.

Den Großteil der Besucher machen Schüler, Religionslehrer und Wissenschaftler aus. Kinder würden sich in der Regel sofort um den Publikumsmagneten in der Mitte scharen: „Die ägyptische Mumie erregt immer große Aufmerksamkeit. Sie ist die einzige auf den Balearen“, erklärt Jofre-Granda.

Modell einer Dornenkrone von Jesus.  | FOTO: B.RAMON

Modell einer Dornenkrone von Jesus. | FOTO: B.RAMON / Montse Terrasa, Brigitte rohm

Bei den obligatorischen Führungen werde oft eine Brücke zur Heiligen Schrift geschlagen, da das Museum einen religiösen Lehrauftrag habe. Zum Beispiel bietet die Mumie einen willkommenen Anlass, um über das Jenseits und die Seele zu sprechen. Der bandagierte Leichnam und sein Sarkophag sind in zwei Vitrinen ausgestellt. Und sie haben schon bessere Zeiten gesehen: Um die Feuchtigkeit zu bekämpfen, wurden Schalen mit absorbierenden Materialien aufgestellt.

Dass das Museu Bíblic selbst schon bessere Zeiten gesehen hat, wäre gelogen. Es hat sich bloß seit seiner Eröffnung nicht verändert – und aus Geldmangel keine angemessene Beleuchtung. Doch trotz der in Zeiten beeindruckender Ausstellungen mit audiovisuellen und interaktiven Elementen recht kümmerlichen Präsentation beherbergt das Museum einige Kleinodien.

Auch eine Tora ist Teil der Sammlung. | FOTO: B. RAMON

Auch eine Tora ist Teil der Sammlung. | FOTO: B. RAMON / Montse Terrasa, Brigitte rohm

So befinden sich im Raum etwa eine Sammlung getrockneter Pflanzen aus Palästina, eine Tora, die viele jüdische Besucher interessiert, sowie kleine sumerische und babylonische Keilschrifttafeln, von denen einige aus dem Jahr 2000 vor Christus stammen: „Es gibt vor allem eine, die sich nicht auf eine Transaktion von Vieh im Austausch gegen etwas anderes bezieht. Sondern sie erklärt, dass eine Mutter einen Gott bittet, ihrem Sohn die Chance zu geben, länger zu leben – das ist für uns interessant“, sagt Jofre-Granda.

Spektakuläre Papyrusfragmente gefunden

Ein weiteres Highlight hat die Mumie inzwischen klar auf den zweiten Platz verwiesen: wertvolle, 4.000 Jahre alte Papyrusfragmente, deren Entdeckung durch die spanische Ägyptologin Marina Escolano-Poveda vor Kurzem Schlagzeilen machte. „Ich hatte nicht erwartet, im Museu Bíblic auf einen Text aus dem Mittleren Reich zu stoßen“, sagt die Wissenschaftlerin. Literarische Zeugnisse aus dieser Zeit (2000–1650 v. Chr.) sind extrem selten.

Die kostbaren Papyrusfragmente aus Ägypten. | FOTO: B. RAMON

Die kostbaren Papyrusfragmente aus Ägypten. | FOTO: B. RAMON / Montse Terrasa, Brigitte rohm

Bei den Fragmenten, die im Museum hinter doppelter Verglasung in einem Rahmen präsentiert sind, handelt es sich um Passagen des „Gesprächs eines Lebensmüden mit seiner Seele“, dem wohl ersten Text mit philosophischen Elementen der Weltliteratur, sowie der poetischen „Hirtengeschichte“ – die Texte erzählen von Liebe und Tod im Alten Ägypten.

Die Fragmente von Mallorca vervollständigen weitere Fragmente, die im Ägyptischen Museum in Berlin aufbewahrt werden. Zwar muss das Bibelmuseum wohl kaum jemals mit Besucherzahlen wie in der deutschen Hauptstadt rechnen – zu mehr Popularität verholfen hat ihm der Sensationsfund jedoch allemal.

Museu Bíblic de Mallorca

Carrer del Seminari, 4, Palma, Besuch nur Mo–Fr. vor

20 Uhr möglich, mit Voranmeldung unter Tel. 971-

21 31 00. Die obligatorische geführte Besichtigung

(Spanisch/Katalanisch) dauert etwa eine Stunde.

THEMEN