Spanischer Popstar Rigoberta Bandini: Wie Schlager, wenn Schlager nicht so ranzig wäre

Fast hätte die katalanische Sängerin Rigoberta Bandini Spanien beim Eurovision Song Contest vertreten. Zum Glück kam es anders. Denn so wurde sie mit ihrer Popmusik richtig erfolgreich

Eine Kunstfigur, die natürlich wirkt: Rigoberta Bandini.

Eine Kunstfigur, die natürlich wirkt: Rigoberta Bandini. / D. BORRAT

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Vielleicht war es doch ganz gut, dass die Jury des Benidorm Fest im vergangenen Januar kuschte. Statt der feministischen Hymne „Ay Mamá“ von Rigoberta Bandini, die als Favoritin ins Rennen gegangen war, entschied sie sich für den zahmeren Beitrag der Sängerin Chanel – sie sollte Spanien beim Eurovision Song Contest vertreten.

Ganz viel Gefühl und eine Menge Spaß

So blieb Paula Ribó, die kurz vor dem Lockdown 2020 den ersten Song als Rigoberta Bandini herausgebracht hatte, die Möglichkeit, zu einem der größten Popstars des Landes aufzusteigen. Und dabei mit einer musikalischen Sprache, die alles andere als dem Zeitgeist entspricht: Ihre Musik ist wie Schlager, wenn Schlager nicht so ranzig und reaktionär wäre. Eingängige Melodien, eine Basstrommel, die in den Refrains auf die Viertelnoten haut, ganz viel Gefühl und eine Menge Spaß. Denn wenn es darauf ankommt, ist sich Rigoberta Bandini nicht für ein „la la la“ zu schade.

Und dazwischen sozialkritische Botschaften, mitgeteilt in einfachen Worten. Es war wohl eines der Highlights auf jedem der großen Musikfestivals des Landes, als Rigoberta Bandini die zentrale Zeile des Songs „Ay Mamá“ – „No sé por que dan tanto miedo nuestras tetas“ (Ich weiß nicht, warum unsere Titten so viel Angst auslösen) – mit ihrer Backgroundsängerin und Cousine Belén Barenys oben ohne wie wild auf der Bühne herumhopste. Dass Barenys schwanger war, verstärkte den Effekt dieser Hymne auf das Muttersein nur noch mehr.

Eine Kunstfigur, die unheimlich natürlich wirkt

Mit Rigoberta Bandini ist es der ehemaligen Synchronsprecherin (unter anderem „Frozen“) gelungen, eine Kunstfigur zu schaffen, die unheimlich natürlich wirkt. Die mit ihrem Mann und ihren Cousins auf der Bühne steht. Die sich 2020 in „Fiesta“ ausmalte, wie sich wohl die Freiheit nach der Pandemie anfühlen würde („Es wird auf der Welt kein Wesen geben, das eine Umarmung verschmäht“). Die in „Perra“ darüber singt, wie sie gern eine Hündin wäre, die ohne Leine und Maulkorb herumläuft, weil sie so den Pflichten des Erwachsenseins entkäme. Oder die sich in „A todos mis amantes“ bei ihren Ex-Lovern entschuldigt, deren cuores gebrochen zu haben.

Im Oktober veröffentlichte die Katalanin ihr Debütalbum „La emperatriz“ (Die Kaiserin). Danach ging es auf Tour, wo sie mehrfach die größten Hallen des Landes wie das Wizink Center in Madrid ausverkaufte. Am 23. Dezember war die letzte Show. 2023 will sie sich dem Songschreiben widmen. In welche Richtung es geht, wisse sie selbst nicht, gestand sie. Oder wie es in ihrem Hit „Too Many Drugs“ heißt: „Ich gehe meinen Weg. Und sehe zu, wie ich mit meinem Ego klarkomme.“