Mallorca-Residenten machen aus ihrem Stadtpalast mit Weinkeller einen Literatursalon

Das Ehepaar Susanne und Karl Kases eröffnet in seinem Stadtpalast in Llucmajor einen Literatursalon. Die erste Lesung gestaltet der Gastgeber selbst mit seinem Krimi „Der Mallorca-Job“

In einer renovierten Bodega aus dem 18. Jahrhundert gibt es ab Sonntag in Llucmajor Lesungen.

In einer renovierten Bodega aus dem 18. Jahrhundert gibt es ab Sonntag in Llucmajor Lesungen. / Nele Bendgens

Marlene Weyerer

Marlene Weyerer

Ein steinerner Keller, eingerahmt von riesigen Fässern, dazu noch der Geruch von Wein und Holz. Einzig beleuchtet von Kerzen und Kronleuchtern. Wer am Sonntag (16. April) zur Lesung des Krimis „Der Mallorca-Job“ in Can Gats ging, erlebte eine stimmungsvolle Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammt die Bodega des Stadtpalastes in Llucmajor, in der nun regelmäßig solche Veranstaltungen stattfinden sollen.

Die Gastgeber Susanne und Karl Kases wollen hier Menschen miteinander ins Gespräch bringen. Auch dieser Gedanke hat seinen Ursprung im 18.Jahrhundert, denn damals gab es literarische Salons, in denen Künstler und Gelehrte über Philosophie, Weltgeschichte und natürlich Literatur sprachen.

Susanne und Karl Kases haben 2016 damit begonnen, das alte Herrenhaus in Llucmajor herzurichten. Der 72-jährige Österreicher hat viele Jahre lang in Hollywood als Kameramann gearbeitet und später bei deutschen und österreichischen Produktionen Regie geführt, unter anderem beim Mallorca-Film „Der Traum ihres Lebens“. Seit zehn Jahren verbringt er immer wieder viel Zeit auf der Insel. Seine Frau Susanne arbeitete noch bis 2016 in einer Veranstaltungsagentur, seitdem ist auch sie viel auf der Insel.

Sofort schockverliebt

Erst hatten die beiden ein Ferienhaus in Montuïri, dann entdeckten sie bei einem Spaziergang über den Wochenmarkt in Llucmajor an einer unauffälligen Fassade ein „Zu verkaufen“-Schild. Im Internet fand dann Susanne Kases als Erstes ein Bild von der alten Bodega – und war schockverliebt. „Noch bevor ich einen anderen Raum gesehen habe, sagte ich zu meinem Mann: Das kaufen wir“, erzählt die 63-jährige Berlinerin.

Miteinander in der Bodega

Susanne und Karl Kases in ihrem Stadtpalast Can Gats. / Nele Bendgens

Nachdem der Wohnbereich hergerichtet war, machte sich das Ehepaar dann auch an die Bodega. Hintergrund war ein lang gehegter Traum von Susanne Kases. „Seit 20 Jahren habe ich den Wunsch, ein offenes Haus zu führen, in dem man sich trifft, zusammen isst und redet“, erzählt sie. Gerade in der Zeit von Facebook, Instagram und Co. kommt ihr das Gespräch zu kurz. „Wir kommunizieren viel zu wenig, sind immer nur am Handy.“

Das Ehepaar hat die Bodega umgebaut und den Eingangsbereich zu einem Salon renoviert, in dem die Gäste mit einem Glas Wein begrüßt werden. Das Essen nach den Lesungen soll im Patio stattfinden, bei schlechtem Wetter geht es wieder in den Salon. Ein Catering sorgt für unterschiedliche Happen, die Kases bereiten zudem zwei Suppen vor. Der Wein stammt von der Bodega Miquel Oliver.

Der Eingangsbereich von Can Gats soll elegant und gemütlich sein und mit seiner Salon-Atmosphäre zu kultivierten Gespräche einladen.

Der Eingangsbereich von Can Gats soll elegant und gemütlich sein und mit seiner Salon-Atmosphäre zu kultivierten Gespräche einladen. / Nele Bendgens

„Es ist ein Experiment“, sagt Susanne Kases. Es gehe ihnen nicht darum, dass die Menschen konsumieren und dann nach Hause gehen. Vielmehr soll ein Gespräch zustande kommen. Über das Buch, aus dem da gelesen wurde, aber auch über alles Mögliche, das die Menschen interessiert. In ihrem Innenhof haben die Kases eine kleine Galerie mit wechselnden Ausstellungen zeitgenössischer Künstler untergebracht. Auch das ist ein mögliches Gesprächsthema. „Wir wollen ein schönes, intellektuelles Miteinander schaffen“, sagt Karl Kases.

Der Preis für die Veranstaltung sei mit 40 Euro absichtlich eher hoch angesetzt, sagen die beiden. Zum einen, um einen qualitativ hochwertigen Imbiss samt Wein anbieten zu können. Zum anderen soll der für eine Lesung hohe Preis eine bestimmte Klientel ansprechen. „Es geht uns darum, dass kulturinteressierte Menschen kommen“, sagt Susanne Kases. „Wenn wir es zu günstig machen, ziehen wir vielleicht ein Publikum an, dass gar nicht am Salon interessiert ist, sondern einfach nur essen will.“ Doch auch Networking soll es bei den Gesprächsrunden nicht geben. „Die Menschen sollen nicht aus Eigennutz kommen, sondern weil sie sich unterhalten wollen“, betont Susanne Kases.

Vor Angst erstarren

Den Auftakt für die Reihe macht Karl Kases selbst mit seinem Krimi „Der Mallorca-Job“. Kases war damit beim MZ-Krimiwettbewerb unter die vier Finalisten gekommen. Das Buch ist dann 2021 erschienen. Auf die Lesung freut er sich besonders, weil einige Szenen in einer Bodega spielen. „Es ist quasi eine Lesung am Originalschauplatz“, sagt Karl Kases. „Ich wünsche, dass die Leute vor Angst erstarren.“

Pro Lesung wollen Susanne und Karl Kases bis zu 50 Gäste empfangen. „Bei mehr wäre es schwierig, unsere Grundidee von einem gemeinsamen Gespräch umzusetzen“, sagt Susanne Kases. Weil es für die erste Lesung viele Anmeldungen gab, trägt Karl Kases eine Woche später erneut aus seinem Buch vor.

Als Nächstes soll dann Mallorca-Experte und MZ-Preisträger Axel Thorer am 7. Mai um 12 Uhr aus seinem Leben erzählen. Am 23. Juni um 17.30 Uhr und am 25. Juni um 12 Uhr liest dann Dorothee Röhrig aus ihrem Spiegel-Bestseller „Du wirst noch an mich denken – Liebeserklärung an eine schwierige Mutter“ vor. Das Sachbuch hat Röhrig zu einem großen Teil auf Mallorca geschrieben. Wie es danach weitergeht, wissen Susanne und Karl Kases noch nicht. Erst einmal wollen sie sehen, ob ihr Experiment funktioniert.

Bodega-Lesungen

Nächster Termin: „Der Mallorca-Job“ von Karl Kases (Kriminalroman). 23. April, 12 Uhr Eintritt: 40 Euro (inklusive Getränk und Imbiss) Reservierung unter E-Mail: iflohr.santanyi@gmail.com, WhatsApp: 690-21 87 09. Genaue Adresse wird nach Anmeldung mitgeteilt.

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