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Für Fans humorvoller Comics: Hier lernen Sie auf Mallorca einen Meister der guten Gags kennen

Der 1984 gestorbene Josep Coll gilt als einer der besten Comiczeichner Spaniens des 20. Jahrhunderts. Eine neue Ausstellung im Casal Solleric lädt nun dazu ein, sein Werk zu entdecken. Großes Plus für Deutsche: Colls Humor kommt häufig ganz ohne Worte aus

Einige "TBO"-Hefte und Publikationen mit Werken von Josep Coll.

Einige "TBO"-Hefte und Publikationen mit Werken von Josep Coll. / B. Rohm

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Wissen Sie, was ein tebeo ist? Mit dem Begriff verhält es sich so wie mit „Nutella“ und den Nussnougatcremes: Er bezeichnet allgemein ein Comicheft, ist aber konkret abgeleitet von „TBO“ – einem in Spanien sehr bekannten, viele Generationen prägenden Comicmagazin, das zwischen 1917 und 1998 erschien. Aktuell gibt es auf Mallorca im Rahmen des Festivals Còmic Nostrum die Gelegenheit, das Werk eines „Giganten“ kennenzulernen, der von 1949 bis 1964 für die Zeitschrift TBO arbeitete: Josep Coll (1924–1984). Der Zeichner, der aus Barcelona stammte, wird von Kritikern, Fachleuten und Bewunderern als einer der besten Comic-Schöpfer seiner Zeit in Spanien angesehen.

Wer nun Sorge hat, dass die Spanischkenntnisse nicht reichen, um im Casal Solleric die von Luis Garbayo und Juan Roig kuratierte Schau mit Coll-Originalen wertschätzen zu können, sei beruhigt. Der Zeichner selbst sagte einmal: „Ich bin der Meinung, dass Worte das Lesen behindern, es verlangsamen und der Comic dann nicht mehr wie ein Film betrachtet werden kann – und das ist es, was ich mir wünsche.“ Tatsächlich zwang der Verlag ihn mitunter dazu, mehr Sprechblasen einzusetzen, als ihm lieb war. Doch seine stärksten Arbeiten brauchen (fast) keine Worte. Sie zeigen in hochkonzentrierter Form, worin Colls Genie bestand: in einem pointierten, auf Situationskomik in Buster-Keaton-Stummfilm-Manier beruhenden Humor.

Ein Figurenreigen mit Wiedererkennungswert

Coll selbst war, wie man in der Schau erfährt, stark von den Abenteuergeschichten aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg geprägt. In seinem eigenen zeichnerischen Universum gibt es keine Protagonisten mit eigenen Namen, aber einen Figurenreigen mit Wiedererkennungswert und viele Varianten eines Themas oder Gags: Fischer im glücklosen Kampf mit ihrer Beute, beherzte Piloten und Fallschirmspringer, Großwildjäger beim wilden Katz-und-Maus-Spiel mit dem Löwen, Schwimmer, denen ihre Unentschlossenheit auf dem Sprungbrett zum Verhängnis wird, oder Kellner, die eigentlich verkappte Sportler sind und mit zu hart gekochten Eiern und zähen Steaks hantieren, als wären sie Bälle.

Ein Comic von Josep Coll, der in der Ausstellung zu sehen ist.

Ein Comic von Josep Coll, der in der Ausstellung zu sehen ist. / B. Rohm

Ein Klassiker unter den Protagonisten des Zeichners: der Schiffbrüchige, der mit Einfallsreichtum und Vitalität seine Situation mehr als Lebensaufgabe denn als existenzielle Notlage begreift. Auch Colls liebevoller Blick auf die Tierwelt ist eines seiner Markenzeichen: Ob sanftmütige Großkatzen, Pinguine, die ihr schwarzes Gefieder nach dem Bad im Eismeer anziehen wie einen Frack, oder grundlos getretene, herzige Hunde, die es dem ungerechten Menschen erfolgreich heimzahlen – die Figuren sind stets ausdrucksstark und strahlen eine gewisse immanente Würde aus.

Inspirierendes Stadtleben

In seinen produktivsten und wohl auch glücklichsten Jahren zwischen 1957 und 1963 ließ sich der Zeichner davon inspirieren, das Stadtleben in Barcelona und Cerdanyola zu beobachten: Er verewigte das Treiben auf den Straßen, in den Bars, Parks, Tanzlokalen und Straßenbahnen. Coll, der selbst nie Auto fuhr, hatte eine besondere Faszination für Fahrzeuge aller Art, die in seinen Cartoons eine Hauptrolle einnehmen und etwas Elastisches und Gummiartiges haben – eigenartig, aber praktisch, wenn sich die Karosserie geschmeidig dem Auf und Ab eines Hügels anpasst.

Manche Szenen sind erstaunlich zeitlos – etwa der Kampf eines Zuggastes mit den Tücken eines widerspenstigen Schiebefensters. Andere hingegen sind ganz offensichtlich aus der Zeit gefallen: Bei den stereotypen Darstellungen von Kannibalen und afrikanischen Stämmen hätte man von den Ausstellungsmachern doch etwas kritische, postkolonialistische Einordnung erwarten können. Auch verliert die chronologische und thematische Gliederung gegen Ende hin ein wenig an Struktur. Dennoch ist die Schau ein kurzweiliges Stück spanischer Comic-Geschichte – und bringt Besucher garantiert zum Schmunzeln.

Comic-Ausstellung: „Coll, un gegant en el TBO“, bis 7. Januar 2026, Casal Solleric, Passeig del Born, 27, Palma, Di.–Sa. 10–20 Uhr, So. 11–14.30 Uhr, Infos: comicmallorca.com

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