Später wirkt alles wie ein luftig-leichter Traum, wenn sich die Zuschauer von „Corteo“ verzaubern lassen. Doch die wahre Magie des Cirque du Soleil – und viel harte Arbeit – findet hinter der Bühne statt. Eine Zirkusfamilie aus 120 Personen, davon 52 Artisten aus insgesamt 28 Ländern, sowie jede Menge Equipment sind nötig, damit die Show funktioniert. Kein Wunder, dass es Wegweiser braucht, damit sich niemand im Velodrom von Palma verläuft: Schilder mit „Massage“, „Stage“, „Laundry“ und einem lapidaren „Everything else“ zeigen, wo es langgeht.

Wenn die Integration leicht fällt

Und dennoch: Nach einem brummenden Bienenstock fühlt es sich nicht an, wenn man einige Stunden bevor der Vorhang aufgeht, die riesige Halle betritt. Die Atmosphäre ist entspannt, eine Künstlerin mit Baby auf dem Schoß beobachtet ihre Kollegen beim Training. Nur sechs der Artisten waren auch schon bei der ersten „Corteo“-Show 2005 in Kanada mit dabei. Einer der „Frischlinge“ ist Reck-Artist Luis Moya, der erst vor anderthalb Monaten zum Ensemble stieß. Die Integration sei ihm leicht gefallen, sagt er: „Es fühlt sich wie Familie an.“

Per Skateboard von einer zur anderen Seite

Die Bühne befindet sich in der Mitte der Halle, das Publikum verteilt sich auf zwei Seiten. Links und rechts sind die beiden Backstage-Bereiche. Um während der Show unbemerkt zur anderen Seite zu gelangen, flitzen die Künstler mit einer Art Skateboard unter der Bühne durch. Hinter den Kulissen herrscht Ordnung: Vierzig Engelsflügel, dazu Trompeten, Hula-Hoop-Ringe, ein gigantischer Luftballon, riesige Betten und ein Tisch mit Weingläsern stehen bereit. „Die sind aber nicht für die Artisten nach der Show, damit wird musiziert“, erklärt eine Mitarbeiterin. Der romantischen Natur des „Corteo“-Erfinders Daniele Finzi Pasca sei es zudem geschuldet, dass eine „Romeo und Julia“-Einlage Teil der Show ist – daher der Miniaturbühnenkasten im Rokoko-Stil.

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Der Cirque du Soleil hält seinen Einzug in Palma

Die Muskeln warm halten

In einer anderen Ecke des Backstage wird indes nicht geschmachtet, sondern auf engstem Raum geschwitzt: Schon mittags halten Artisten auf dem Laufband, der Hantelbank und dem Fahrrad ihre Muskeln warm. Wer seine Kollegen durch die Gegend wirft, darf nicht schwächeln. „Meine Performance braucht sehr viel Vertrauen“, sagt Monize Gmach. Die grazile Brasilianerin schwingt bei der allerersten Nummer am Kronleuchter: „Ich bin sehr klein und das Gewicht des Leuchters ist eine besondere Herausforderung für mich.“

Artisten schminken sich selbst

Das Schminken übernehmen die Artisten selbst. Eine Schuhmacherin und eine Näherin kümmern sich um etwa 200 maßgeschneiderte Kostüme und Schuhe von Größe 17 bis 53. In der Kostümabteilung wird am frühesten begonnen und am spätesten aufgehört, denn nach der Show bleiben die Kleider selten heil. Und die prächtige Ausstattung ist essenziell für die besondere Atmosphäre: „Für mich ist ‚Corteo‘ eine der besten Shows des Cirque du Soleil. Der rote Faden der Geschichte macht sie so magisch“, sagt Luis Moya. Nervös wirkt er nicht. „Nur ganz kurz bevor es auf die Bühne geht, spüre ich dieses Prickeln im Bauch.“