Das Studio Weil auf Mallorca ist allein schon einen Besuch wert, um den eindrucksvollen Bau von Star-­Architekt Daniel Libeskind zu bestaunen. Doch nun gibt es noch ein paar weitere Gründe, einmal im früheren Atelier von Barbara Weil in Port d'Andratx vorbeizuschauen. ­Jessica und Jimmy Weinstein, die Kinder der inzwischen verstorbenen US-Künstlerin, hatten das Haus 2019 als Museum mit Werken von Weil ge­öffnet. „Dieses Jahr wollen wir alles etwas anders machen und zum ersten Mal auch weitere Künstler ausstellen, wir freuen uns riesig", sagt Jessica Weinstein beim MZ-Besuch.

Die Pläne standen zwar schon länger im Raum, mussten jedoch wegen der Pandemie verschoben werden. Dafür soll es nun richtig losgehen: Drei temporäre Ausstellungen sind dieses Jahr geplant, zuerst eine Doppelausstellung, die seit dem 12. Juni und noch bis zum 4. August zu sehen ist: „Obra sobre papel" von Barbara Weil und „AL-ARO" von Rafa Forteza. Im Anschluss werden bis zum 28. August die Gewinnerinnen des neu ins Leben gerufenen Preises „Premio Barbara H. Weil", der sich speziell an lokale Künstlerinnen richtet, ihre Arbeiten präsentieren. Und schließlich soll noch eine Fotografie-Ausstellung im Herbst folgen. Zudem stehen im Sommer auch eine Reihe mit Jazz-Konzerten sowie eine Theateraufführung auf dem Programm.

Die frisch eröffnete Ausstellung zeigt nun im Erdgeschoss eine ungewöhnliche Facette von Barbara Weil. „Menschen, die mit dem Werk meiner Mutter vertraut sind, werden davon begeistert sein", sagt Jessica Weinstein. Die kleinformatigen Arbeiten auf Papier bestechen durch ihre Leichtigkeit und Anmut: Manche erinnern an hauchzarte Rosenblüten, andere haben den sanften Schwung von japanischer Kalligrafie oder strahlen Dank ihrer elektrisierenden Farben eine fast musikalische Dynamik und Lebendigkeit aus. Sowohl ältere als auch neuere Werke sind darunter, doch ein großer Teil stammt aus den 1980er-Jahren. „Zur selben Zeit malte sie auch Bilder in sehr großem Format mit kräftigen Farben. Diese Werke hier sind viel intimer und bedächtiger, zeigen aber den gleichen Ausdruck im Kleinen", so die Tochter.

Der letzte Teil des Raums schafft einen Übergang zum zweiten Part, denn hier hängen Gemälde von ­Barbara Weil und Rafa Forteza einander gegenüber und treten in einen ­direkten Dialog. Steigt man dann die Treppe nach oben in den Hof und betritt den oberen Ausstellungssaal, taucht man vollständig in ­Fortezas Kunstwelt ein. Für die erste externe Schau war der 66-jährige, sehr renommierte mal­lorquinische Künstler ­Weinsteins abso­luter Wunschkandidat: „Ich denke, es sind zwei ­Bildsprachen, die sich sehr gut verstehen. Meine Mutter und er haben sehr lebendige Werke geschaffen, die Freude und Energie ausstrahlen", sagt sie. ­Forteza lernte Weil um das Jahr 1985 kennen, sie liefen sich oft bei Kunstmessen über den Weg und vertieften ihren Kontakt.

„Es gab immer eine Beziehung zwischen Barbara und mir, die von Freundschaft, Respekt und viel Empathie geprägt war", erzählt Forteza, während er mit Begeisterung durch seine Ausstellung führt, und er spricht dabei fast so über seine Kollegin, als sei sie noch am Leben. „Wir haben uns kreativ aufeinander ­abgestimmt. Ich bin in ihren Raum eingedrungen. Aber er gibt uns beiden die Freiheit, unsere Arbeiten so zu zeigen, dass die Betrachter merken, wie viele unterschiedliche Wege es in der Kunst gibt", sagt er. Die einzigartige Architektur macht es indes nicht unbedingt leicht, die Aufmerksamkeit der Besucher auf die ­Werke zu lenken. Aber Forteza gibt sich als höflicher Gast: „Das ist, wie wenn mich jemand auf einen Kaffee in sein Haus einlädt. Dann steht es mir nicht zu, die Einrichtung zu kritisieren." In jedem Fall ermöglichen es die Räume, den verspielt-skurrilen Skulpturen und hypnotischen Gemälden ganz nah zu kommen.

Für den Künstler ist das eigentlich nicht nah genug: „Es ist so schade, dass man sie nicht anfassen darf!", sagt er und demonstriert, dass diese Regel natürlich nicht für ihn selbst gilt. Er bewegt sich durch seinen kunterbunten Skulpturenreigen wie ein begeistertes Kind auf einem Spielplatz. Forteza dreht die Figuren, schraubt Kugeln ab, die dann über den ­Boden kullern, lässt Köpfe und Gliedmaßen wippen. Zu jeder einzelnen Skulptur hat er ein liebevolles Verhältnis („Diese hier sieht aus wie eine Geburtstagstorte", „Dieser Kerl ist etwas Besonderes, weil er mit seinem großen Ohr lauscht"). Von festen Kategorien wie Bildhauer, Maler oder Zeichner hält er übrigens nichts. Er drücke sich aus - und seine Werke seien eine Zusammenfassung der interessanten Momente seines Lebens. In Sachen sprudelnde Kreativität sind Weil und Forteza ein Dream-Team.

Studio Weil

C/. Valleluz, 1, Port d'Andratx