Seit seiner Eröffnung im September 2001 ist das Centre Cultural Andratx (CCA) eine Referenz für zeitgenössische Kunst auf Mallorca. In den vergangenen 20 Jahren bekamen mindestens 500 Künstler (manche mehrmals) die Gelegenheit, in dem 4.000 Quadratmeter großen Zentrum zu arbeiten, auszustellen und sich zu vernetzten. Die Galeristin Patricia Asbaek (76), die das Zentrum mit ihrem Mann Jacob gründete, spricht beim MZ-Besuch auch über die weniger rosigen Zeiten – und strahlt dennoch stets heitere Gelassenheit aus.

Patricia Asbaek im MZ-Interview. Bendgens

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Mit welchem Gefühl begehen Sie das 20-jährige Bestehen des CCA Andratx?

Das Ziel für diesen Ort war, ein Zuhause für alle Menschen zu schaffen, die Kunst lieben: Sammler und Künstler. Aber als privates Kulturzentrum hat man es schwer. Ein Museum bekommt Unterstützung, wir müssen von Eintrittsgeldern und Verkäufen leben. Das ist für viele Besucher schwer zu verstehen. Unsere wirtschaftliche Situation war so (macht eine Wellenbewegung mit dem Arm): ein ständiges Auf und Ab. Unser großes Glück war, dass wir 2019 ein gutes Plus hatten, von dem wir uns während der Pandemie mehr oder weniger über Wasser halten konnten. Vergangenes Jahr war es natürlich ein Desaster. Ich denke, es ist ein Wunder, dass wir seit 20 Jahren bestehen.

Woran hapert es denn besonders?

Dieses Jahr hatten wir nicht genug Geld für Marketing übrig. Viele Leute halten sich für sehr clever und sagen: Schaut doch, im Hafen gibt es eine Galerie, die richtig viel verkauft. Come on! Okay, sie verkaufen gut, aber sie verkaufen Mist. Und ich möchte keinen Mist verkaufen. Das sind keine Künstler, sondern Illustratoren. Ich würde lieber schließen, als bei der Qualität Abstriche zu machen.

Der Jahrestag fällt fast genau mit der Nit de l’Art zusammen. Schlechtes Timing?

Wir werden zu diesem Anlass am 25. September die tolle Ausstellung „Big Huggings with Kisses“ mit Dominik Halmer, Martin Mannig, Ria Patricia Röder, Helga Schmidhuber und Holger Schmidhuber eröffnen und zeigen zur selben Zeit noch die große Ausstellung „Insights“. Da fallen wirklich viele Dinge zusammen. Aber ich denke, das ist in Ordnung. Aus dem 25. Jahrestag werden wir dann auf jeden Fall ein Riesenevent machen, zu dem auch meine ganze Familie kommen soll.

Zum 15. Jahrestag hatten Sie drei Ausstellungen, die speziell das deutsche Publikum interessierten. Wiederholen Sie die Strategie?

Ja, denn mit „Insights“ zeigen wir die wohl stärkste Ausstellung deutscher Kunst, die wir jemals hatten. Ich glaube, wir hätten ohne die deutschen Sammler nicht überlebt. Sie waren sehr gut zu uns, und wir haben ihnen viel zu verdanken. Wenn sie hierherkommen, denken sie nicht, „Das sind Dänen“, sondern konzentrieren sich auf die Kunst. Sie sind sehr gut informiert, das liebe ich an ihnen.

Sie pflegen grundsätzlich eine enge Beziehung zur Kunstwelt in Deutschland.

Ich kenne alle Galerien und sehr viele Künstler, und die meisten kennen uns. Deutsche Künstler sind sehr talentiert in Selbstvermarktung, aber auch hervorragend ausgebildet. Bei der Auswahl der Bewerber für die Residenzen muss ich manchmal wirklich sagen: Jetzt haben wir zu viele Deutsche. Denn sie sind einfach gut – und ihre Bewerbungen ebenfalls. Sie können erklären, was sie vorhaben.

Die Residenzen im CCA sind heiß begehrt. Was macht dieses Programm so erfolgreich?

Die Künstler lieben diesen Ort. Es ist entspannt, wir zwingen sie hier zu nichts. Dazu sind sie von wunderbarer Natur umgeben, was sich oft im Werk niederschlägt. Erst kürzlich war ein Künstler hier, der mit sehr düsteren Gemälden begann. Alles war grau und schwarz. Dann veränderte sich seine Palette, und das letzte Bild hatte exakt die Farben von hier. Ich könnte ein ganzes Buch mit Dankesbriefen der Residenten füllen. Sie schreiben, dass sie hier Energie zurückgewinnen, um Neues zu kreieren. Viele Künstler hinterlassen dem CCA freiwillig hochwertige Werke, was viele unserer Ausstellungen ermöglicht. Kurioserweise sind die einzigen, die das in all den Jahren nicht getan haben, ausgerechnet Dänen. Niemand ist wohl Prophet im eigenen Land.

Wie entscheiden Sie bei 350 bis 500 Bewerbungen, wer einen der 44 Plätze bekommt?

Am Anfang ist es gar nicht so schwierig. Mindestens zwei Drittel kann ich sofort ausschließen. Bei den letzten 100 bis 120 wird es dann heikel. Wir versuchen, Künstler auszuwählen, die herausstechen und international funktionieren könnten. Die Wundertat besteht darin, jemanden zu finden, der in der Lage ist, mit einem starken Werk anzugreifen, das aber zugleich nicht abstoßend ist. Es gibt nicht so viele Künstler, die das beherrschen. Und wenn wir sie gefunden haben, bringen wir sie zusammen. Darin sind wir richtig gut. Die Balance muss stimmen, wir wollen etwa nicht zu viele männliche Künstler haben. Natürlich machen wir auch Fehler, aber sehr selten.

In welchen Fällen ging es denn schief?

Vor vielen Jahren hatten wir mal jemanden, der zu viel gekifft hat. Das hat die anderen Künstler gestört. Er brach nach der Hälfte der Zeit ab. Wir wollten ihn eines Tages zur Rede stellen und mussten feststellen, dass er mitten in der Nacht verschwunden war. Ein anderer Künstler steckte in einer Sinnkrise und wurde krank, das war ein richtiges Drama. Aber das sind wirklich Ausnahmefälle.

Welche Ausstellungen aus den zwei Jahrzehnten sind Ihnen besonders im Herzen und im Gedächtnis geblieben?

Es gab so viele Highlights! Natürlich die aller-erste Ausstellung mit Künstlern wie Torben Giehler und Frank Nitsche. Emotional gesehen waren einige der Ausstellungen von Kuratoren etwas ganz Besonderes, etwa „La Canción del Pirata“mit Rosa Martínez 2002. Sie brachte die besten spanischen Künstler hierher, auch Miquel Barceló. Und die Ausstellungen von Hendrik Prinz von Dänemark sowie Carl-Henning Pedersen 2016 waren wundervoll.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich würde gern in Zukunft wieder ein wenig zu den großen Ausstellungen zurückfinden und sie mit denen unserer Residenten mischen. Außerdem würde ich es begrüßen, wenn die Menschen von der Insel mehr Interesse an uns zeigten. Das vermisse ich wirklich. Alle deutschen und britischen Kunstliebhaber kommen hierher, von den Einheimischen hauptsächlich einige Menschen aus Andratx. Aber wo sind all die Leute aus Palma?