Wer beim Clúster de Còmic i Nous Mèdia de Mallorca die beste Idee für das neue Thema des Festivals Còmic Nostrum liefert, muss in den sauren Apfel beißen und das Event koordinieren. Diesmal traf es Joan Miquel Morey, der sich darüber – gespielt – die Haare rauft, seinen Enthusiasmus beim MZ-Besuch aber dann doch nicht verbergen kann. „Wegen all der Querdenker und Impfverweigerer wollten wir dieses Jahr die Bedeutung der Wissenschaft und Forschung hervorheben“, erklärt der Kulturmanager voll Überzeugung.

Vom 4. November bis zum 9. Januar sind fünf Ausstellungen geboten, mit QR-Codes kann man sich viele der gezeigten Comics kostenlos und vollständig herunterladen. Dazu gibt es ein Rahmenprogramm mit Führungen, Masterclasses und weiteren Highlights.

Superhelden und verrückte Professoren

Auf dem Passeig del Born ist „La ciència segons Forges“ zu sehen – eine Hommage an den spanischen Karikaturisten Antonio Fraguas „Forges“, mit 66 humorvollen und sozialkritischen Cartoons des 2018 verstorbenen Altmeisters. Im Schaufenster des Casal Solleric läuft auf einem Bildschirm die Projektion „100tífics!“ mit hundert Porträts von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Comic-Stil.

Bei der Schau im Erdgeschoss des Casal Solleric geht es um „Persones superheroïnes ... Persones científiques!!!“ Denn tatsächlich haben Superheldinnen und -helden viel mit der Wissenschaft zu tun, wie der Koordinator erklärt: „Fast immer gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, wie sie zu ihren Superkräften kommen, oder zumindest eine aus dem Bereich Science-Fiction.“ Die bekannten Figuren aus dem Marvel-Universum sollen vor allem junge Besucher anlocken.

Aus der Ausstellung "Relats d'anticiència" im Innenhof des Casal Solleric.

Aus der Ausstellung "Relats d'anticiència" im Innenhof des Casal Solleric. Còmic Nostrum

Ein Blickfang ist auch die Ausstellung „Relats d’anticiència“ im Innenhof: „Hier führt ein Professor mit zwei Köpfen Selbstgespräche“, so Miquel. „Es geht um absurde Themen ohne wissenschaftliche Basis, auch wenn sie den Anschein erwecken.“

Die Schau "El còmic i la ciència" bildet den Kern

Das Herzstück von Còmic Nostrum ist zweifellos die große Ausstellung „El còmic i la ciència“, die das gesamte Zwischengeschoss beansprucht und in verschiedene Themenbereiche aufgeteilt ist. Der erste Raum ist der Physik, der Chemie und dem Ursprung des Universums gewidmet: Hier tauchen Einstein und Stephen Hawking als Comicfiguren auf.

Die Zeichnerin Raquel Gu bekommt viel Platz für ihre Darstellungen von Wissenschaftlerinnen aus der Vergangenheit und Gegenwart und für ihre humorvollen Erklärungen des Periodensystems, bei denen sie etwa dem Element Kalium ein Bananenkostüm verpasst. „Mit all den Fake News in den sozialen Medien fanden wir es auch notwendig, grundsätzlich zu erklären, wann etwas unwissenschaftlich ist“, sagt Miquel. Das geschieht anhand eines Steinzeitmenschen-Cartoons auf Katalanisch: Einen Meteoriten beobachten – richtig. Daraus folgern, mit Opfergaben hätte man ihn verhindern können – ganz falsch.

Natur-Illustrationen aus balearischer Feder

Der zweite Raum zum Thema Biologie und Geologie ist ein wahres Schmuckstück geworden: Hier hängen zum Beispiel beeindruckende Naturzeichnungen der bekannten mallorquinischen Illustratorin Aina Bestard. „Wir haben auch Werke, die aus Bildbänden statt aus Comics stammen. Aber diese beiden Disziplinen sind für uns Cousins ersten Grades“, erklärt Miquel.

Im Saal sind weitere Kunstwerke aus balearischer Feder zu sehen, an der Wand gegenüber etwa eine Auswahl von Nívola Uyás Illustrationen zum Buch „GEAS. Mujeres que estudian la Tierra“ über Geologinnen, die Geschichte schrieben – und dennoch nicht die verdiente Wertschätzung erfuhren.

Titelblatt des Buches "Geas, mujeres que estudian la Tierra", illustriert von Nívola Uyá. Còmic Nostrum

Erstaunlich persönlich wird es im nächsten Raum zur grafischen Darstellung von Medizin: Dort sind unter anderem Comics zu sehen, in denen Künstler ihre eigenen schmerzhaften Erlebnisse, Ängste und Leiden verarbeiteten. „Paco Carrión fand eine überraschende Bildsprache, um der Erfahrung einer sehr harten Zeit nach einer Operation Ausdruck zu verleihen“, so Miquel. Im preisgekrönten autobiografischen Comic „Una posibilidad entre mil“ setzten sich Cristina Durán Costell und Miguel Ángel Giner Bou mit der Missbildung ihrer Tochter auseinander.

Das könnte Sie interessieren:

Im Themenbereich „Alles hängt zusammen“ geht es um die großen Themen, vom Klimawandel bis zur Pandemie, den Abschluss bildet „Science-Fiction und Realität“. Dabei ist eine Wand einem wissenschaftlichen Experiment des MIT-Professors Antonio Torralba mit dem Zeichner Àlex Fito gewidmet: Eine künstliche Intelligenz sollte lernen, Fitos Stil zu imitieren. „Man sieht die ersten Versuche und den Lernprozess der Software“, erklärt Miquel. Am 7. November um 13 Uhr sind Torralba und Fito eingeladen, um über ihr Projekt zu sprechen. Joan Miquel Morey beunruhigen solche Experimente freilich nicht, sagt er: „Sie zeigen deutlich, dass an die menschliche Kreativität heute noch nichts herankommt.“

Infos zum Programm: comicmallorca.com