Im barocken Innenhof des Stadtpalasts Can Vivot schillert dieser Tage ein Ensemble aus futuristischen Kunstwerken. Als Nachzügler-Projekt des Art Palma Brunch hat La Bibi Gallery am 7. April eine Ausstellung des australischen Künstlers Michael Staniak eröffnet.

Der ist zum ersten Mal auf Mallorca und offenkundig fasziniert vom ehrwürdigen Herrenhaus, dessen Geschichte bis auf das 14. Jahrhundert zurückgeht: „Es ist einer dieser Orte, die man selbst gesehen haben muss und die einen umhauen“, sagt Staniak beim MZ-Besuch am Tag vor der Eröffnung.

Die Installation der sieben Bilder und sieben Skulpturen ist eine Herausforderung, denn die Wände des geschützten Gebäudes dürfen nicht angerührt werden. So teilen stattdessen mobile Tafeln mit kleineren Arbeiten den Raum, schwebende Platten mit großformatigen Werken sind an der Decke montiert. Die dünne Oberfläche der Tafeln sowie der Sockel für die dreidimensionalen Arbeiten wirken wie Spiegel. „Ich mag diese Verzerrung, weil sie ermöglicht, eine andere Realität wahrzunehmen – als hätte man einen Filter darübergelegt“, so Staniak.

Man bewegt sich in der Installation durch einen Parcours, der Illusion und Verwirrung stiftet: Wo beginnt die echte Architektur, wo die Spiegelung? Der Künstler will dabei eine Parallele zum Internet zeigen, das uns oft zweifeln lässt, was real ist und was nicht. „Bildschirme wurden von Beginn an als Fenster betrachtet“, erklärt Staniak. Das bekannteste Betriebssystem für Computer heißt nicht umsonst „Windows“. Für Staniak ergibt das Bild des Fensters heute keinen Sinn mehr: „Social Media hat mehr etwas von einem Spiegel: Es reflektiert uns, unsere Realität und unsere Interessen.“

Physische und virtuelle Welt

Staniaks Kunst spielt stets mit unserer Wahrnehmung und der Beziehung zwischen physischer und virtueller Welt. Seine vibrierend farbintensiven Bilder lassen sich auf zwei Arten betrachten: offline und online. In der Ausstellung wirken sie für das Auge auf den ersten Blick flach, als sei die Textur mit einer Software kreiert. Bei einer Abbildung der Werke im Internet wird leichter ersichtlich, dass es sich um eine echte Struktur mit Farbpigmenten handelt.

Staniaks eigener Blick auf seine Kunst veränderte sich 2018 bei einer Residenz auf Fogo Island an der kanadischen Atlantikküste – einem unwirklichen Ort. „Ich beschreibe das immer wie eine Szene aus ,Star Wars‘: Minus 15 Grad, überall Eis, und das Atelier war völlig isoliert.“ Mit einer Drohne machte er Aufnahmen der Landschaft und bemerkte deren Ähnlichkeiten zu seinen Werken. „Viele Leute erinnerten meine Arbeiten an Satellitenaufnahmen von fremden Welten, aber ich hatte bis dahin immer dagegengehalten.“ Fortan sah er Landschaften mit anderen Augen und begann, Elemente daraus bewusst als Material für seine Bildtexturen zu verwenden.

Skulptur von Michael Staniak.

Skulptur von Michael Staniak. Nele Bendgens

Extreme Hitze und Druck

Die Verankerung in der materiellen Wirklichkeit ist bei den Skulpturen noch deutlicher: „Man fühlt das Material regelrecht, weil die eine Seite bemalt ist, die andere Seite roh. Man kann sehen, dass der Herstellungsprozess extreme Hitze und Druck erforderte“, sagt Staniak. Die Arbeiten bestehen aus schwerer Bronze, was eine Brücke zu den traditionellen Techniken schlägt, basieren aber auf 3-D-Scans von Höhlenwänden.

Diese wiederum haben laut dem Künstler viel mit der digitalen Ära zu tun – und sogar mit Can Vivot, in dessen Innenhof soziale Ereignisse wie Hochzeiten und Trauerfeiern stattfanden. „Höhlen waren vor Tausenden von Jahren Treffpunkte der Gemeinschaft. Das Internet, so wie wir es heute nutzen, ist ganz ähnlich: Wir bilden Gruppen und haben Foren“, sagt Staniak. Die Handabdrücke unser Vorfahren auf Höhlenwänden sind der prähistorische Anmeldeprozess. Im historisch jüngeren Stadtpalast fließen für die Dauer der Schau nun Zeitebenen und Realitäten ineinander.

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Staniak in Can Vivot, 7.– 23. April, Di.–Sa. 11–19 Uhr, mit Termin: hello@labibigallery.com, C/. de Can Savellà, Palma