In gewisser Weise ist sie die Rebellin im Carrer Binicanella, der sogenannten „Goodbye-Deutschland-Straße“ in Cala Millor auf Mallorca. Schräg gegenüber von Jenny Delüx’ Boutique befindet sich der Laden „Los Angeles“. Dort verkaufen Alice Oplatková und ihr Freund unter anderem Taschen und Schuhe. Zudem stellt die 35-Jährige im Schaufenster ihre Bilder aus. Darauf zu sehen sind viele nackte Menschen und die ein oder andere Anti-Nazi-Botschaft. Es ist eine Art Privatgalerie, ein wenig unüblich mitten in der Urlauberhochburg gelegen.

Ab Freitag (29.7.) kann man Oplatkovás Arbeiten in einem kunsttypischeren Ambiente betrachten. Sie zeigt ihre Werke in der Galerie Ca’n Dinsky in Son Servera. Die Ausstellung heißt „Fuck Art“. Das ist weniger eine Aufforderung als eine Art Persiflage auf das Konzept der Pop-Art. Oplatková verbindet Malerei und Graffiti, ihre Arbeiten sind laut und bunt. Fast alle ihre Bilder sind mit Texten versehen.

Basquiat, Can, Blow Up, Deep Throat

Vielleicht stechen die vielen nackten Menschen zuerst hervor. Aber man sollte die Arbeiten nicht darauf reduzieren. Man kann in die Werke eintauchen, sich in den Details und kulturellen Referenzen verlieren. Und dann wieder rauszoomen, das Gesehene zu einem Gesamteindruck verarbeiten. „Ich möchte mit meinen Bildern Geschichten erzählen“, sagt Oplatková. Zu ihren Einflüssen zählen Basquiat und die deutsche 70er-Krautrockgruppe Can, der Filmklassiker „Blow Up“, aber auch Pornos wie etwa „Deep Throat“.

Oplatková ist in Tschechien geboren. Als sie ein Jahr alt war, zog die Familie nach Bochum, wo sie aufwuchs. Es war keine schöne Zeit. „Ich habe viel Mobbing wegen meines Akzents, wegen meines Namens und meiner dunklen Haare erlebt.“ Ihr Verhältnis zu den Deutschen ist deshalb nicht nur von Zuneigung geprägt. Cala Millor, wo sie seit vielen Jahren lebt, mag in dem Kontext wie eine kuriose Wohnortwahl wirken. Mit ihren Nachbarn hat sie dennoch in vielen Fällen ein gutes Verhältnis. „Jenny Delüx hat mir mal eine Schaufensterpuppe für eine Ausstellung geliehen“, erzählt sie.

"Keine langweiligen Sachen malen"

Wie eine Rebellin, gar wie eine Provokateurin wirkt sie auf den ersten Eindruck beim Interview in einem Café in Palma eigentlich nicht. Fast schüchtern ist sie, sie spricht leise. Aber sie hat auch ein Funkeln in den Augen. „Ich will keine langweiligen Sachen malen“, sagt sie über die Wahl ihrer Motive. „Mit Landschaften oder Ähnlichem kann ich wenig anfangen.“ In gewisser Weise seien ihre Arbeiten vom Naturell her politisch, auch wenn sie sich persönlich wenig für Politik interessiere.

Bei der mallorquinischen Kulturszene kommt sie mit ihren Arbeiten gut an. Für den Songwriter Miquel Serra gestaltete sie vor einigen Jahren ein Albumcover. Der bekannte Journalist und Autor Nadal Suau bezeichnete sie kürzlich in einer Instagram-Story gar als „Genie“. Und in gewisser Weise ist sie Teil einer Szene von Frauen von Mallorca, die in ihren Bilden ebenfalls auf nackte Haut und bunte Farben setzen. Wie etwa Lluïsa Febrer oder Bel Fullana, zwei erfolgreiche Künstlerinnen, die beide schon zu Ausstellungen von Oplatková gekommen sind und mit denen sie in Kontakt steht.

Deutscher wollte Schaufensterscheibe einschlagen

Oplatková sagt, sie will mit ihren Werken aufrütteln. Das gelingt manchmal mit erschreckender Effizienz. Vor einiger Zeit hatte sie eines ihrer Bilder im Schaufenster ihres Ladens ausgestellt. Es zeigte einen SS-Offizier und ein Zitat aus Tarantinos Anti-Nazi-Film „Inglourious Basterds“. Eines Tages kam ein älterer deutscher Mann in den Laden und sagte, wenn das Bild am nächsten Tag nicht verschwunden sei, werde er die Schaufensterscheibe einschlagen. „Wir Deutschen haben schließlich Mallorca zu dem gemacht, was es ist.“ Oplatková lachte ihn aus. „Klar, mach doch!“