Schlicht war gestern: Die Galerie L21 eröffnet einen weiteren Ausstellungsraum in Palma de Mallorca

Der spröde Charme eines historischen Baus verleiht der Kunst hier besonderen ästhetischen Reiz

Die schmucken Steinböden des Gebäudes kontrastieren bei "L21 Home" mit den zeitgenössischen Werken.

Die schmucken Steinböden des Gebäudes kontrastieren bei "L21 Home" mit den zeitgenössischen Werken. / Nele Bendgens

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Langweilig wird es bei der Galerie L21 nie: Ende 2020 eröffnete Óscar Florit den aktuellen Hauptsitz neben dem ehemaligen Schlachthof s’Escorxador. Auf 600 Quadratmetern können dort zeitgleich fünf Ausstellungen stattfinden. 2022 kam ein Standort in Barcelona hinzu.

Dafür gibt es im Gewerbegebiet von Son Castelló heute keine Ausstellungen mehr, es ist jetzt das logistische Zentrum der Galerie mit Lagerhalle und Werkstatt. „Tatsächlich tut sich dort am meisten, aber hinter verschlossenen Türen“, erklärt Mitarbeiterin Beatriz Escudero beim Besuch eines neuen Ausstellungsraums im Carrer de Reina Maria Cristina, der nun, da sich die andere Tür geschlossen hat, am 28. April seine Pforten geöffnet hat.

Der Eindruck des Halbfertigen ist gewollt

Die Wahl für „L21 Home“ fiel auf ein Haus mit 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf drei Stockwerken, aber vor allem mit viel Geschichte und Persönlichkeit: Dort befand sich das 1960 eröffnete Gimnàs Olimpic, das älteste Fitnessstudio von Mallorca. Viele Elemente sind erhalten – man erkennt noch, wo einst die Duschen waren. Die Schichten und Texturen der Wände, alte Holzbalken und Bodenbeläge aus verschiedenen Zeiten geben den mit natürlichem Licht durchfluteten Räumen eine unverwechselbare Note. Der Eindruck des Halbfertigen sei absolut gewollt.

Aina Pomar und Beatriz Escudero.

Aina Pomar und Beatriz Escudero. / Nele Bendgens

„Unser Hauptsitz in Palma ist ein schlichter Raum mit weißen Wänden“, sagt Escudero, die drei Tage vor der ersten Vernissage, während der Aufbau noch in vollem Gange ist, mit ihrer Kollegin Aina Pomar durch das Haus führt. „Wir wollten eine klare Unterscheidung zwischen den Standorten haben.“ Statt des „White Cube“-Prinzips sollten die älteren und jüngeren Spuren des Lebens, das dieses Haus beherbergt hat, bewusst erhalten werden – selbst die Peppa-Wutz-Aufkleber an einem Fenster durften bleiben.

Werke wirken in Räumen mit Charakter anders

Dass einige Wände eingerissen wurden, um Räume zu vergrößern, bringt die vielen Muster und Ornamente der alten Bodenkacheln erst recht zur Geltung. Und wer die Galerie und ihr Programm bereits kennt, bemerkt, dass die Werke der Künstler in solchen Räumen mit Charakter ganz anders wirken. „Ich denke, dieser neue Kontext bereichert die Erfahrung für die Besucher“, sagt Escudero. So ist die aus rohen Materialien gefertigte Installation der deutschen Künstlerin Valerie Krause wie für den Raum gemacht.

Bei einem Großteil der bei der Kollektivausstellung zur Eröffnung gezeigten Werke handelt es sich um neue Arbeiten, die eigens für diesen Ort und Anlass entstanden sind. Alle 27 von der Galerie vertretenen Künstler sind mit jeweils einem bis drei Werken dabei: Fátima De Juan, Matthew Feyld, Marc Badia, Vera Mota, Jordi Ribes, Alejandro Leonhardt, Eunsae Lee, Mira Makai, Théo Viardin, Hunter Potter, Geran Knol, Daisy Dodd-Noble, Ben Edmunds, Richard Woods, Pixy Liao, Dasha Shishkin, Álvaro Gil, Gao Hang, Nat Meade, Joe Cheetham, Simon Demeuter, Mona Broschár, Edu Carrillo, Erika Hock, Valerie Krause, Fabio Viscogliosi und Stevie Dix. „Einige Künstler haben das Haus in verschiedenen Phasen der Renovierung besucht, um sich inspirieren zu lassen“, sagt Projektmanagerin Aina Pomar.

Ständig in Bewegung

Bei der Hängung treten nicht nur die Werke miteinander in Beziehung, auch die architektonischen Elemente und Strukturen spielen mit hinein. Dennoch wirken die Räume nicht überladen und lassen der Kunst genug Luft. „Normalerweise muss sich das Kunstwerk an den Raum anpassen, bei uns ist es umgekehrt“, erklärt Pomar. Das Konzept ist flexibel: In Zukunft sollen hier weitere Kollektivausstellungen Einzug halten, aber auch Einzelausstellungen in einem Stock seien denkbar. L21 möchte sowohl Werke ihrer Sammlung präsentieren als auch Kollaborationen mit anderen Künstlern anstreben, die zur Galerie passen oder ganz neue Blickwinkel eröffnen.

Skulptur im obersten Stockwerk.

Skulptur im obersten Stockwerk. / Nele Bendgens

„Die Nähe zum historischen Tren de Sóller ist für uns von Bedeutung, denn der Zug symbolisiert den Fluss und die Bewegung, die wir bei L21 immer schon hatten und die wir mit diesen Räumen besonders betonen möchten“, sagt Pomar. Ebenfalls ganz in der Nähe, im Carrer de l’Arxiduc Lluís Salvador, 100, befindet sich ein Raum für Künstlerresidenzen, der vor zwei Wochen ein Upgrade erfuhr: Zwar darf man nicht hinein, aber wer daran vorbeikommt, kann dort in einem Schaufenster regelmäßig brandneue Kunstwerke betrachten.

L21 Home, Eröffnungs-Kollektivausstellung „Entre Cajas“ mit 27 Künstlern, bis 29. Juni, Mo.–Fr. 10–16 Uhr, Carrer de Reina Maria Cristina, 10, Palma.