Es ist Juli, es ist Mittag, es sind mehr als 30 Grad. Eberhard Freitag hat sich trotzdem mit dem Fahrrad hoch nach Galilea gequält. „Hier ist kaum Autoverkehr", sagt der deutsche Tourist. Und die Fahrradmiete sei jetzt im Hochsommer auch günstiger.

Das Bergdörfchen in der Gemeinde Puigpunyent ist eben jede Anstrengung wert – die Idylle hält den Besuchern noch immer stand. Auf dem Dorfplatz lässt sich locker ein Parkplatz finden. Auch die Nachrichten haben genug Platz am öffentlichen Anschlag. Da werden die Bewohner informiert, dass kostenlos Kompost abgegeben wird – maximal 100 Kilo –, und es wird eine Katze vermisst: „Lost black & white cat", heißt es auch auf Englisch, „female, quite fat".

„Wenn es mir in Galilea zu langweilig wird, fahre ich nach Palma", sagt Maria, die gerade Fenster putzt. Der Ort sei herrlich, aber ein Schlafdorf. Die Mallorquinerin deutet auf das Haus hinter sich: „Hier war früher eine Bar, ein Restaurant und ein Kino." Aber das sei lange her. Der letzte Lebensmittelladen habe vor Jahren dichtgemacht, nachdem die Besitzerin in Rente gegangen war und auch ihre Nachfolgerin, eine Schwedin, das Geschäft aufgab.

Für die Senioren des Ortes ist das ein Problem. Zum Glück fahre sie noch selbst Auto, sagt Rosa Riera, die gerade die Mülltonne von der Straße holt. „Alle zwei Wochen muss ich nach Palma zum Carrefour." Aber Wegziehen komme nicht in Frage. „Hier wurde ich geboren, und hier sterbe ich."

Wer nicht in den beiden Bars, in der Pizzeria oder den beiden lokalen Baufirmen arbeitet, muss zum Arbeiten nach Palma. Bei Jaime jedoch ist es umgekehrt. Der 25-Jährige kommt jeden Morgen von Palma, um die Bar seines Vaters zu schmeißen. Auf die Frage, was es denn Tolles in Galilea gebe, nimmt er den Reporter am Arm, führt ihn auf die Terrasse und zeigt auf das Panorama. „Das hier." Auf der Terrasse ist auch die Hitze weniger drückend. Eine leichte Brise lässt die Markise knattern, das intensive Zirpen der Zikaden unterbricht nur die Glocke des Kirchturms nebenan. Es ist der richtige Moment, um das Budget von zehn Euro für ein pa amb oli zu investieren.

Kurz bevor die Augen zufallen, kommt Jaime senior an. Er ist zufällig der Delegierte von Galilea im Gemeinderat von Puigpunyent und kennt jeden der je nach Saison 200 bis 400 Einwohner persönlich, nachdem er für ein Buch über den Ort Fotos und Geschichten zusammengetragen hat – darunter auch von Stierkämpfen, die in Galilea ausgetragen wurden. Um die Fotos zu sammeln, war er von Haus zu Haus gegangen.

Und doch hält mancher Bewohner eine Überraschung bereit. So erzählt Jaime Pujol von einem Mann, der seit 30 Jahren in Galilea wohne. Als er eines Tages auf seiner Terrasse saß, holten Touristen plötzlich ein Buch aus dem Auto und ließen ihn signieren. Offensichtlich ein prominenter Autor. So sei das eben in Galilea. „Wer sich von Paparazzi erwischen lassen will, geht nach Valldemossa, in den Dunstkreis von Michael Douglas", sagt Pujol. „Die anderen kommen hierher."

Für die Besucher hält er in einem kleinen Laden Souvenirs bereit – Mitbringsel, die den Namen des Orts tragen. „Das war meine Bedingung an den Lieferanten", sagt Pujol, „sonst hätte er die Sachen behalten können." Für die MZ-Kollegen wird hier eine Magnet-Ensaimada für den Kühlschrank erstanden.

Das Paradies hat aber auch Schattenseiten. So machen neuerdings Einbrecher den Ort unsicher. In der Bar wurden vor kurzem nicht nur ein Fernseher gestohlen, wie die Pujols erzählen, sondern auch Schnapsflaschen, Schokolade, Kaugummi. Und ein Stück Käse.