Im Internet stießen Irina und ihre Schwiegermutter Svetlana aus Lettland, wohnhaft in England, auf das superbillige All-inclusive-Angebot in Calas de Mallorca. Es ist ihr erster Tag und sie irren herum. Wo sind hier eigentlich die Strände?

Etwas ratlos und eigentlich sauer ist Maria, wie wir sie nennen wollen, die Besitzerin eines Schmuck- und Souvenirladens. Seit hier alles All-inclusive ist, kauft kaum noch einer was. Mit messerscharfen Worten entwirft sie Psychogramme ihrer Kundschaft. Deutsche: benehmen sich schlecht, fassen alles an. Italiener: „Stellen mir den Laden auf den Kopf, aber immerhin kaufen sie was.“ Und reden natürlich, so viel und so laut, dass Maria heute akzentfrei Italienisch spricht. Tschechen tuscheln dauernd - ­„darum habe ich nie Tschechisch gelernt, man hört ja nichts“. Spanier fühlen sich in ihrem Stolz verletzt, wenn man sie beobachtet. Schlimm auch die mallorquinische Kundin: „Erzählt laut herum, dass sie schon alles hat, aber die Halskette, die sie trägt, könntest du direkt in den Kübel schmeißen.“ Am besten benähmen sich die Engländer, und als hätte er auf sein Stichwort gewartet, kauft ein tätowierter Brite ein Klunkerstück und lässt Maria das Wechselgeld. Ihr Blick sagt: Siehst du?

Seit 30 Jahren, so erzählt mir Cati Caldentey im Büro der „Eigentümervereinigung der ersten Halbinsel von Calas de Mallorca“ , kämpft das Küstendorf um die Abnahme als offizieller Gemeindeteil, damit sich das Rathaus von Manacor endlich um den Ort kümmert. Obwohl Calas de Mallorca mit über 7.300 Betten das größte Ferienquartier der Gemeinde ist, hängt es seit 1974 administrativ in der Luft. „Damals organisierten ein paar Leute aus Madrid die Siedlung, verkauften die Parzellen und verschwanden.“ Die Eigentümervereinigung musste sich um alles kümmern: Straßenbau, Müllabfuhr, Grünzonen usw. Vor zwei Jahren demonstrierten die Bürger des administrativen Geisterdorfes sogar vor dem Rathaus. „Wir zahlten Steuern, aber die Gemeinde tat nichts für uns.“ Inzwischen hat Manacor zumindest Straßen und Grünzonen übernommen, der Rest soll folgen.

Blödsinn, sagt Schmuck-Maria. An der Situation verdienten sich ein paar Leute mit guten Verbindungen quadratisch, „darum dauert es so lange und wird nie klappen“.

Am Ende erzählt Maria noch über John Lennon, der sich in den 70ern „zum Meditieren mit dem Maharishi“ in Calas de Mallorca einquartierte. Im Hotel Samoa finde ich Amparo, die damals hier gearbeitet hat. „Die Hippies mieteten ein Hotel für den gesamten Winter.“ Sie erinnert sich an einen „Baum irgendwo beim Minigolfplatz“, in den John Lennon seine Initialen eingeritzt habe. „Wenn er denn noch steht.“ Eine erste Suche bleibt ergebnislos.

Auch im ältesten Souvenirladen von Calas de Mallorca, Souvenir Caty, hat man von der Geschichte gehört: „Transzendentale Meditation, das war so ein Typ mit Bart. Die haben ja alle einen Bart, die so was machen.“ Stimmt nicht: Ich entdecke einen Buddha, und der hat ja auch meditiert. Für 1,10 Euro gehört er mir, meine einzige Anschaffung in Calas de Mallorca: Ein wenig Buddhismus kann gestressten Journalisten nicht schaden.