Helga Schönlaub (69) lebt in Sóller an der bergigen Nordwestküste. Bevor die Österreicherin auf die Insel übersiedelte und Berta traf, hatte sie keinen Hund. Ihren Erfahrungsbericht versteht sie auch als Aufmunterung für 2009 - nicht nur für Tierfreunde.

Berta ist ein Geschenk. Ein Geschenk meiner Freundin zum 60. Geburtstag. Sie war der Meinung, ich sollte endlich mal eine lebenslängliche Beziehung eingehen.

Es begann mit einem Fehler. Wir kauften Berta in einem sogenannten Zoofachgeschäft. Dort versprach man uns - wir fragten nach einem Beagle - ein Foto zu besorgen. Doch nach zwei Tagen gab´s kein Foto, es gab gleich das Original. Wenn die Papiere stimmten, kam das Tier aus Barcelona. Man wollte sich wohl das Geschäft nicht entgehen lassen.

Berta war damals nicht älter als sechs Wochen, wog etwas mehr als ein Kilogramm. Man hatte sie also viel zu früh von ihrer Mutter getrennt. Es hat lange gedauert, bis sie sauber war. Das Resultat: Nach drei Monaten kaufte ich mir eine neue Matratze.

Berta war natürlich vom ersten Tag an der Liebling des ganzen Ortes. Ich wohne im Zentrum, da wurde jede Veränderung genauestens verfolgt. Sie wurde viel fotografiert, und so ist es bis heute geblieben. Inzwischen erlaube ich es allerdings nur noch, wenn man mir verspricht, die Fotos zu schicken. Ich habe schon Bilder aus Düsseldorf, Wien und Edinburgh.

Berta hat ganz wesentlich zu meiner Integration auf Mallorca beigetragen. Und mir den Abschied von meiner Arbeit und von Deutschland erleichtert. Das Einzige, wobei sie mir nicht hilft, ist besser Spanisch zu sprechen.

Berta geht jeden Morgen mit mir zur Plaça. Dort lese ich die Tageszeitungen, während sie huldvoll die Dorfhunde begrüßt. Je nach Laune wird freundlich wedelnd "hallo" gesagt oder wütend gekläfft. Von ihren menschlichen Freunden bekommt sie ihre Streicheleinheiten. Und manchmal auch einen Keks.

Berta hat gemütliche Körbchen, für die Nachtruhe lehnt sie sie aber ab. Sobald ich im Bett liege, springt sie hoch, kratzt ganz, ganz vorsichtig an meiner Schulter, ich hebe die Bettdecke, sie krabbelt darunter, quetscht sich an meine Beine, seufzt einmal hörbar auf - und schläft bis zum Morgen.

Ich gehe dann ins Bad, sie schläft. Ich mache mir Frühstück, sie schläft. Erst wenn ich den Stuhl rücke, um mich an den Tisch zu setzen, höre ich oben einen Plumps - und mein Hund kommt die Treppe langsam herunter, um sein morgendliches Würstchen abzuholen. Berta ist ein ordentlicher Hund. Pippi macht sie zur Belustigung der Einheimischen nur auf Gullys. Sie hört sofort auf, wenn sie nasse Füße bekommt. Diese Marotte hat sie sich ganz ohne Nachhilfe allein angewöhnt.

Für das große Geschäft habe ich immer Tüten dabei. Das gute Beispiel macht langsam Schule. Beim Zeitungshändler - der Besitzer ist, um es vorsichtig zu formulieren, eigentlich sehr zurückhaltend - klaut Berta schon mal ein Überraschungsei. Diese sind natürlich auf Kleinkinderhöhe platziert - und befinden sich damit auch genau auf Hundenasenhöhe.

Trotzdem wird sie nicht ausgeschimpft, und ich darf die Süßigkeit nicht einmal bezahlen. Wenn Berta kommt, werden Kunden vernachlässigt - und ich werde gnädig in die Freundlichkeit, die eigentlich ihr gilt, einbezogen.

Der Feinkosthändler, den ich frage, wo ich sie draußen anbinden kann, sagt mir, der Laden gehöre ihm, er würde entscheiden, wer rein darf. Berta darf rein. Inzwischen hat sie sich daran gewöhnt, von ihm immer eine Scheibe Schinken zu bekommen.

Auch beim Metzger gab´s noch nie Probleme. Draußen klebt ein Hundeverbotshinweis. Aber auch da gibt´s keinen Haken, um sie anzubinden. Also kommt sie mit rein. Ich liebe diese spanische Anarchie. Vermutlich werde ich auch nie Probleme mit der Guardia Civil bekommen. Der Boss hat nämlich auch einen Beagle.

Berta hat viele Hundefreunde. Große und kleine. Und ich habe durch sie zauberhafte Menschen kennengelernt. Dass sich meine Sprachkenntnisse dadurch nicht wesentlich verbessert haben, liegt wohl daran, dass Spanier selten Wanderungen mit ihren Hunden machen.

Wenn spanische Hunde Glück haben, liegen sie nicht an der Kette. Auf dem Land sind die Zustände manchmal schon noch sehr traurig, in den Städten hat sich in den vergangenen Jahren vieles gebessert.

Da Berta im Sommer am Strand nicht erwünscht ist, habe ich Gegenden von Mallorca kennengelernt, die ich sonst wahrscheinlich nie entdeckt hätte. Es sind sogenannte Naturstrände. Ohne Liegen, ohne Sonnenschirme, ohne Bars.Dort sagt keiner was, und wenn ich darauf aufmerksam gemacht werde, meinen Hund gefälligst zu entfernen, sind es garantiert deutsche Touristen. Wenn die ein Verbotsschild sehen, wollen sie, dass man sich gefälligst auch danach richtet. Mit acht Monaten war Berta das erste Mal läufig. Es war der absolute Horror. Alle frei laufenden Dorfrüden kamen zum Schnuppern vorbei. Manche verbrachten die ganze Nacht vor meiner Haustür.

Freunde, die etwas außerhalb wohnen, boten mir an, sie an den gefährlichen Tagen zu sich zu nehmen. Sie haben ein großes Grundstück und selbst drei eigene Hündinnen. Da diese früher gemeinsam auf Jagd gingen und dabei schon mal ein Schaf dran glauben musste, wurde das Areal ausbruchsicher eingezäunt. Ausbruchsicher für große Hunde, nicht aber für die kleine Berta.

Die buddelte ein Loch - und war weg. Nach einer stundenlangen Suche fanden wir sie wieder. Auf der Plaça.

Kurze Zeit später veränderte sie sich. Ich ahnte Schlimmes, fuhr in die Tierklinik und ließ per Ultraschall nachsehen. Man sah noch nichts Genaues, gab mir jedoch direkt für die nächste Woche einen Termin zur Sterilisation. Wie sich danach herausstellte, war sie tatsächlich trächtig. Mit welchem Hunde-Romeo hatte sie sich da wohl eingelassen? In der Nacht danach ging´s ihr sehr schlecht. Es musste etwas geschehen. Ein irischer Reiki-Meister kam, um sie zu behandeln. Es war faszinierend, wie toll es wirkte.

Bertas Jagdinstinkt ist nicht sehr ausgeprägt, man kann fast sagen, er ist kaum vorhanden. Für einen Beagle ist das ungewöhnlich. Für mich ist es bequem, denn ich kann sie auf meinen Wanderungen meistens ohne Leine laufen lassen. Als kleiner Hund interessierte sie sich für Enten und schwamm ihnen gerne hinterher. Seit allerdings eine Ente sie in den Popo zwickte, mag sie diese nur noch in gebratenem Zustand.

Vergangenen Winter war Berta in Österreich. Seitdem hat sie übrigens ihr Idealgewicht. Der Schnee gefiel ihr unglaublich gut, und sie tobte bis zur totalen Erschöpfung. Aber das ist eine andere Geschichte.

Übrigens: Meine Beziehung zu Berta dauert jetzt schon über acht Jahre. Und jeder Tag mit ihr macht Freude!

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