Vor wenigen Tagen haben Sie das Read´s verlassen. Warum?

Ich war müde von der Routine. Eine Küche in einem Hotelbetrieb, in dem man nicht nur für Restaurant und Bistro, sondern vom Frühstück bis zum Nachmittagssnack für alles verantwortlich ist, das hat mir nicht mehr gefallen. Nach 14 Jahren musste etwas Neues kommen.

Wie lange haben Sie den Gedanken an einen Wechsel mit sich herumgetragen?

Über ein Jahr.

Was werden Sie jetzt tun?

Ich habe viele Ideen, ich habe Angebote, aber noch nichts Konkretes.

Ist ausgerechnet jetzt der richtige Moment für eine Veränderung?

Ich glaube ja. Je länger man an einem Ort, an einem Arbeitsplatz bleibt, desto schwieriger wird es, ihn zu verlassen. Man richtet sich zu gut ein. Allerdings muss ich zugeben: Ich bin im Moment etwas nervös. Nicht, weil ich Angst vor der Zukunft habe. Vielmehr gilt es nun, sich aus einer Vielzahl von Möglichkeiten für das Richtige zu entscheiden - und das dann gut zu machen. Das ist das Geheimnis des Erfolgs.

Denken Sie an ein ?Restaurant Marc Fosh´?

Daran denke ich.

Wo?

Auf Mallorca.

Wodurch soll sich dieses Restaurant auszeichnen?

Dass dort eine Sterneküche zu einem guten Preis geboten wird. Das scheint mir in Krisenzeiten das richtige Konzept. Ich sehe ja an Foshfood, meinem Lokal in Palma, dass man mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis viele Menschen anzieht.

Nämlich?

Wir bieten dort mittags ein Drei-Gang-Menü für 15 Euro, inklusive einem Gläschen Wein. Und hatten neulich 80 Gäste an einem Tag. Dabei wählen nicht mal alle Menü, manche essen auch à la carte. Das läuft so gut, dass ich ein zweites Foshfood auf der Insel eröffnen möchte. Wie gehabt inklusive Kochschule und Feinkostangebot.

Außerhalb von Palma?

Nicht unbedingt. Könnte auch in Palma sein. Was die Leute daran mögen, ist auch das Unmittelbare.

Sie meinen den unmittelbaren Kontakt zwischen Koch und Gast?

Ja. Es ist etwas komplett anderes, ob man in einem Restaurant in der Küche hinter verschlossenen Türen am Herd steht - oder direkt vor den Augen der Gäste in einer offenen Küche kocht. Das fordert von einem Koch eine viel größere Flexibilität. Weil man die Reaktion des Kunden sieht. Weil man sieht, ob es ihm schmeckt oder nicht. Vor kurzem war eine Dame mittags bei Foshfood, die in ihrem Salat herumstocherte. Das hat der Koch gesehen, gefragt, was los ist - und sofort reagiert: Binnen 30 Sekunden hatte sie einen neuen Salat vor sich stehen, mit weniger Salz. Denn das hatte sie gestört. Sie können sich vorstellen: Sie war super zufrieden.

Wenn Sie ein eigenes Restaurant eröffnen, welche Art von Küche werden Sie dort servieren?

Mich fasziniert die spanische Küche. Die authentischen spanischen Gerichte, wie sie in den Familien zu Hause zubereitet werden.

Original spanische Hausmannskost, zubereitet von einem englischen Sternekoch?

Klingt amüsant, ich weiß, aber genau das habe ich vor. Nicht ohne Grund natürlich: Original spanische Küche auf hohem Niveau findet man auf Mallorca so gut wie nicht.

Geben Sie mir ein kulinarisches Beispiel.

Ochsenschwanz zum Beispiel. Das Fleisch ist nicht sehr teuer. Aber man muss damit sehr sorgfältig umgehen, es sehr aufwendig verarbeiten. Nur so ist es möglich, eine gute Küche zu einem interessanten Preis anzubieten.

Alle reden von spanischer Küche: Schlägt gerade die große Stunde der Spanier?

Ich glaube ja. Spanien braucht sich seiner gastronomischen Kultur in keinster Weise zu schämen, auch nicht im Vergleich zu Italien oder Frankreich. Es gibt herausragende Köche. Und es gibt so viele Gerichte, die viele noch nicht kennen. Mit anderen Worten: Es gibt was zu entdecken.

Könnten Sie sich auch vorstellen, mit Ihrem Restaurant aufs Festland zu gehen? Nach San Sebastián meinetwegen, einer Region mit der höchsten Michelin-Stern-Dichte Europas?

Ich kann mir alles vorstellen. Allerdings gehen meine Kinder hier zur Schule, sind hier integriert. Von daher wäre ein solcher Wechsel nicht ganz einfach.

Sie betreuen ein Restaurant in Moskau. Werden Sie sich jetzt mehr darum kümmern?

Ich werde es versuchen. Auch wenn die Wirtschaftskrise dort ihre Spuren hinterlässt, läuft das Restaurant im Zentrum Moskaus ausgesprochen gut. Es gibt gerade ein Angebot, dort für ein weiteres, ein sehr großes Lokal in der Nähe des Roten Platzes das Consulting zu übernehmen.

Was wird dort gegebenenfalls aufgetischt?

Moderne spanische Küche. Italiener gibt sehr viele in Moskau, aber keinen einzigen Spanier ?

Wie ist es für Sie, morgens aufzuwachen und nicht mehr ins Read´s zu fahren?

Seltsam. Vor ein paar Tagen war ich privat auf der Insel unterwegs und merkte plötzlich auf der Rückfahrt, dass ich automatisch den Weg Richtung Santa Maria eingeschlagen hatte ? Das war wohl das Unterbewusstsein.

Atmen Sie jetzt durch? Machen Sie eine Pause?

Notgedrungen (lacht). Nein, im Ernst, ich brauche keine Auszeit. Ich bin so etwas wie ein Work-aholic. Ich brauche morgens einen Grund, um aufzustehen: Ich brauche die Arbeit.

Ein Leben ohne Arbeit können Sie sich nicht vorstellen?

Wenn ich ehrlich bin: nein. Jedenfalls im Moment nicht. Vielleicht mache ich Urlaub, wenn ich den Entschluss getroffen habe, wie es weitergeht.

Der Deutsche Felix Eschrich (30) wird Ihr Nachfolger im Read´s, er war zwei Jahre lang Ihr Sous-Chef. Was zeichnet deutsche Köche aus?

Sie haben sehr viel Disziplin. Sie sind gute Arbeiter. Sie beklagen sich nicht, vermiesen nicht die Stimmung im Team. So etwas kann gefährlich sein. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber ich habe in den vergangenen Jahren sehr viel mit deutschen Köchen zusammengearbeitet. Nicht zuletzt kamen meine beiden Sous-Chefs aus Deutschland. Richtig gute Jungs. Die deutsche Küche hat eine sehr interessante Entwicklung genommen. Und ich hoffe, dass noch viele junge Leute daraus hervorgehen - und dass sie dann nach Mallorca kommen ?

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