Fünf Europameisterschaften, eine Vize-Weltmeistschaft und zwei olympische Silbermedaillen. Keine Frage: Deutschland hat Stefan Blöcher (49) einiges zu verdanken. Vor allem aber die Tatsache, dass man sich in den 80er Jahren neben Beckers Tennis auch für eine bis dahin eher bedeutungslose Sportart zu interessieren begann: Feldhockey. Der ?White Pakistani" aus Wiesbaden, wie man Blöcher in den Hockeyhochburgen Indiens und Pakistans taufte, gilt bis heute als erster und einziger deutscher Hockeyprofi, der dank cleverer Marketing- und Werbeverträge nicht nur fünfstellige Jahresgehälter kassierte, sondern sich auch in den Medien als Kommentator und Sport-experte einen Namen machte. Nach seinem Karriere-Ende 1992 griff der gelernte Einzelhandelskaufmann und Diplomsportlehrer zum Golfschläger und wurde wenige Jahre später Direktor des Golfclubs Wiesensee (Rheinland-Pfalz). 1999 verpflichtete man Blöcher schließlich als Geschäftsführer für die 18-Loch-Anlage Golf de Andratx in Camp de Mar.

Zehn Jahre Stefan Blöcher auf Mallorca. Ein Grund zum Feiern?

Die vergangenen zehn Jahre haben sicherlich nicht nur mir persönlich, sondern auch dem Golfclub und Mallorca viele menschliche Highlights beschert. Aufgrund der gegenwärtigen Krise ist mir derzeit aber nicht nach feiern zumute. Ich fühle mich vielmehr wieder in Aufbruchstimmung versetzt, etwas Neues in Gang zu setzen.

Golf de Andratx gilt seit Beginn der Ära Blöcher als ausgesprochener Promi-Platz. War das von Anfang an so beabsichtigt?

Ich habe an diesem Image natürlich gefeilt. Es gibt ja auf Mallorca richtige Championchip-Plätze wie Son Gual oder Son Muntaner, die im sportlichen Bereich viele Möglichkeiten bieten. Wir sind diesbezüglich aufgrund der angrenzenden Urbanisation und des Hotels eingeschränkt, die Enge lässt uns einfach nicht viel gestalterischen Spielraum. Ich habe in Camp de Mar daher von Anfang an auf die Lifestyle-Komponente gesetzt, um erfolgreich zu werden. Dank mehrerer Prominenten-Turniere wie die Premiere Trophy, das Air Berlin Turnier oder andere Events, die wir hier im Laufe der Jahre auf die Beine gestellt haben, konnten wir uns als echtes Lifestyle-Produkt im europäischen Golfangebot etablieren. Heute spielen hier viele berühmte Persönlichkeiten aus Sport, Medien und Wirtschaft.

Gehen die vielen Events und der Rummel mit den Prominenten einigen Mitgliedern nicht auf die Nerven?

Ja, ich bin das eine oder andere Mal deswegen schon kritisiert worden. Im vergangenen Jahr war bei einem Mercedes-Event der ganze Parkplatz besetzt. Das hat einige Mitglieder verstimmt. Aber gut, es ist eben auch nicht einfach, die Interessen jedes einzelnen unserer Aktionäre unter einen Hut zu bekommen. Ich habe jedoch in den ganzen zehn Jahren stets 100-prozentigen Zuspruch von der Mitgliederversammlung für alle meine Projekte bekommen. Man sollte auch nicht vergessen, dass viele Clubmitglieder von solchen Events auf die eine oder andere Weise profitieren.

Das Mercedes Turnier ist in diesem Jahr abgesagt worden, die Air Berlin Trophy auf unbestimmte Zeit verschoben und die Premiere Trophy findet gar nicht mehr statt. Wenden sich die Prominenten von Mallorcas Golfplätzen ab?

Wir müssen in dieser Hinsicht wieder bei null anfangen. Alle, die wir bisher in diesem unbekümmerten Glauben gelebt haben, dass alles auf der Insel so erfolgreich weitergeht wie bisher, müssen das. Umdenken ist jetzt gefragt. Ich suche bereits nach Ideen für neue attraktive Events. Man muss jetzt allerdings erst einmal abwarten, was das Jahr noch bringt.

Wie stark ist die Wirtschaftskrise für den aktuellen Einbruch der Gästezahlen auf Mallorcas Plätzen verantwortlich?

Die größte Krise in diesem Winter ist das schlechte Wetter. Seit Oktober bis jetzt haben wir außer ein, zwei Wochen fast durchgehend Regen gehabt. Dazu kommt, dass Golfspieler immer kurzfristiger buchen. Man geht also ins Internet, schaut auf die Wetterkarte, sieht Regenwolken über Mallorca - und bucht die Türkei.

Nur wegen der Sonne?

Der Preis spielt natürlich ebenfalls eine Rolle. Und auch diesbezüglich ist die Türkei mit vielen All-inclusive-Angeboten und einer in den vergangenen Jahren verbesserten Infrastruktur eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Mallorca geworden.

Sind Pauschalangebote wie die 5in1-Karte oder die Greenfee-Flatrate wie bei der ?Air Berlin Winter Golf´-Aktion der richtige Weg, um Mallorca als Golfdestination auch in flauen Zeiten attraktiv zu machen?

Das 5in1-Projekt, an dem mit uns noch weitere Insel-Plätze beteiligt sind, entstand aus der Notwendigkeit heraus, neue Anreize im Golfangebot zu schaffen. Außer Álvaro Middelmann, der sich als Präsident von Mallorcas Fremdenverkehrsverband für die Branche starkgemacht hat, tut sich vonseiten der öffentlichen Hand ja nichts. Die Investitionen und Fördermittel im Golftourismus sind bisher falsch eingesetzt worden, das sah schon alles sehr korrupt aus. Und auch die Präsentationen der Landesregierung auf großen Messen wie der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin lassen zu wünschen übrig. Man hat den Eindruck, dass die gar nicht daran interessiert sind, ob mehr oder weniger Touristen kommen.

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