Der Weg nach Son Tei führt an einem Feld entlang. Je nach Jahreszeit sieht man die Leute fleißig bei ihrer Arbeit. Schon von weitem erkennt man das Haus auf einer kleinen Anhöhe. Wie ein großzügiges Anwesen liegt es da - und war doch einst ein ganz einfaches Bauernhaus. Das Auto parkt man unten, dann geht es einen Weg hinauf. Ein Truthahn verteidigt sein Revier und wackelt mit Drohgebärden auf einen zu - „sie sind besser als jeder Wachhund", sagen später die Hausherren. Hier und da laufen auch noch Hühner mit ihren Küken herum. Ländlicher geht kaum.

Oben angekommen überblickt man von der 55 Quadratmeter großen Terrasse aus das Feld und den Berg Puig de Sant Nofre. Hier hat sich Guillem Riutort Gayà (46) schon als Kind herumgetrieben. Wobei der Hof damals noch längst nicht so komfortabel war wie heute. Das Bad war außen, das Wasser wurde aus einer sieben Meter tiefen Zisterne Eimer für Eimer heraufgezogen, und zur nächtlichen Beleuchtung kamen Kerzen und Karbidlampen zum Einsatz. Riutorts Urgroßvater hatte das aus den Steinen der Zisterne gebaute Haus 1919 gekauft. Es gab darin einen Aufent­haltsraum, Schlafzimmer und eine kleine Küche. Im restlichen Erdgeschoss waren die Tiere untergebracht, das Obergeschoss diente der Lagerung des Getreides.

Hier wurde Landwirtschaft betrieben - und es war so ungemütlich, dass Catalina Gayà, die Mutter von Guillem Riutort, es vorzog, ins Dorf Sant Joan zu ziehen, als ihre Kinder ins schulpflichtige Alter kamen. Die Wochenenden jedoch verbrachte die Familie weiterhin auf dem Land.

Irgendwann wurde für eine minimale Stromversorgung eine kleine Solarzelle installiert, sogar ein Fernseher angeschafft. An kalten Tagen wärmte man sich jedoch weiterhin an kleinen Öfen unter den Tischen - den braseros -; gekocht wurde auf offenem Feuer in der Küche.

Die Moderne kehrte erst ein, als die Mutter 1999 Guillem ­Riutort das Haus übergab. Er beschloss, die alte Küche so zu belassen, als Erinnerung an die alten Tage gewissermaßen, gleichzeitig jedoch den Schweinestall und den Abstellraum für die Karren zusammenzulegen, um eine Großraumküche von 40 Quadratmetern zu ermöglichen. In die fünf Meter hohe Wand wurde ein offener Kamin eingesetzt. Von hier aus gehen zwei Rohre durch die oberen Räume, um sie zu beheizen.

Das Dach - ursprünglich aus Schilfrohr und Lehm - wurde nun mit richtigen Ziegeln gedeckt. Riutort ließ auch eine Solaranlage von 8 mal 125 Watt aufstellen und Wasserrohre verlegen. Endlich gab es fließend Wasser, einen Herd, einen Kühlschrank, ja, sogar eine Spülmaschine.

Wenn für diese Haushalts­geräte die Sonnenenergie einmal nicht ausreicht, kommt ein kleiner Generator zum Einsatz. Er wurde weit genug vom Haus entfernt aufgestellt, um sein Surren nicht zu hören. Gleichzeitig kann er aber von innen per Knopfdruck eingeschaltet werden. Im heutigen Schlafraum blinkt ein rotes Licht, falls einmal vergessen werden sollte, ihn auch wieder auszuschalten.

In der Küche und auch in dem Haupteingang wurde eine Fenstertür in eine Nische eingesetzt, durch die viel Tageslicht hereinfällt. Für Familienfeiern werden hier Tische zu einer langen Tafel zusammengestellt - somit können mehr als zwanzig Personen im früheren Schweinestall Platz nehmen. Im ehemaligem Ziegenstall ist eine Speisekammer untergebracht, was sich auch geruchstechnisch vorteilhaft bemerkbar gemacht hat.

In einem Durchgangszimmer hat Guillem Riutort einen Heizkörper installiert, der mit Mandel­schalen befeuert wird. Damit beheizt er einen Großteil des 260 Quadratmeter großen Hauses.

Weiter geht es von hier aus in den früheren Pferde- und Eselsstall, er ist zum Teil in den Felsen hineingebaut und liegt 3 Meter unter der Erde. Auch dieser ist so belassen, es fehlen nur die Futter­tröge, die der 46-Jährige wieder aufbauen will. Originalgetreu auch die Beleuchtung: Wenn die aufgereihten Kerzen scheinen, werfen sie ein Licht- und Schattenspiel an die ungleichmäßigen Wände.

Ganz in der Nähe befindet sich das Badezimmer, welches früher nur ein überdachter Durchgang zum Stall war. Auch dieser Raum ist auf der hinteren Seite in der Felswand eingelassen, in eine Nische wurde das Wasch­becken eingebaut. Ein ursprünglich als Staubabzug für die Bauarbeiten gedachter Schacht bringt Tageslicht in den Raum. Ein alter Balken, der andern Ortes entfernt wurde, wurde hier wieder eingesetzt.

Das ist kein Einzelfall: Guillem Riutort geht häufig so vor. Er ist ein Tüftler und stolz auf das, was er aus dem Haus gemacht hat. Über Monate hinweg arbeitete er eng mit den Handwerkern zusammen, konnte dadurch seine Ideen einbringen und auch Geld sparen, das dann an anderer Stelle wieder in das Haus investiert wurde.

In die ehemalige Getreidekammer im Obergeschoss führt nun eine ganz normale Treppe hinauf, es gibt hier Wohn- und Schlafräume. Alles ist sehr schlicht gehalten. Aber auch hier sieht man, wie viel Wert auf alte Familienstücke gelegt wird - eine alte durchwurmte Truhe, eine hochwertige Kommode, die restauriert wurde, ein typisches mallorquinisches Bett, das vergrößert wurde.

Ein Blick in den Kleiderschrank, und ein weiterer Geistesblitz von Guillem Riutort kommt zum Vorschein. Er baute einen passenden Aufsatz auf den Schrank und lässt die Kleiderstangen nun von den Balken der Dachschräge hängen. Somit ist viel Platz gewonnen - eine ge­niale Idee.

Zurück im Erdgeschoss wartet ein Pa amb oli mit selbstgemachter Sobrassada auf die Gäste. Wir lassen uns auf der Terrasse vor dem Haus nieder, blicken auf Feld und Berg, genießen die Gastfreundschaft und nehmen noch einen Moment an dem Familienleben teil, das Guillem ­Riutort so wichtig ist.

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