Warum mein Wallach ausgerechnet auf die Internetdomainendung „Punto com" getauft wurde, ist auf die Schnelle nicht herauszubekommen. Bei 130 Pferden ist es wohl nicht mehr ganz einfach, einen Namen aus dem Wilden Westen zu finden, um den sich auf der Rancho Grande alles dreht. Fünf Millionen Quadratmeter ist das Reich der Cowboys und der Indianer groß. Nicht viel für eine Farm in Texas. Für eine zwischen Artà und Can Picafort schon. Um die 80 Urlauber haben sich an diesem Abend für das „Moonlight Riding" angemeldet. Der Ritt in die Nacht mit anschließendem Barbecue, Line Dance und Rodeoparty ist das touristische Highlight der Western-Ranch.

Es ist 19 Uhr, und die Teilnehmer werden von den den Treck begleitenden Cowboys und Cowgirls gemäß ihrer reiterischen Fähigkeiten in drei Gruppen eingeteilt. Eine Handvoll Experten traut sich die galoppierende „Turbo-Gruppe" zu, zwei Dutzend Semi-Profis besteigen die Pferde der trabenden „Mini-Turbo-Einheit". Das Gros kann einen Gaul gerade einmal von einer Waschmaschine unterscheiden und wird der „Automatik-Gruppe" zugeteilt. Wer überhaupt nicht reiten mag, fährt bei Sangría und Gitarrenmusik im Planwagen mit.

Automatik, weiß der Reporter, wird in den Staaten jedem noch so schicken Schaltgetriebewagen vorgezogen. Das muss auch bei Pferden Sinn machen.

Westernhüte tragen nur die Chefs. Und so reiht sich „Punto com" mit seinem behelmten Reiter brav in die Karawane ein. Der braune Wallach hat die Gemütlichkeit eines Sofas, sein harter Sattel leider nicht.

Langsam geht die ­Sonne unter. Mit ihren letzten warmen Strahlen im Rücken geht es über eine ausgetrocknete Ebene hinweg. Je weiter hinten man reitet, desto mehr Staub gibt es zu schlucken. Die Berge von Artà färben sich rot. Pferde und Reiter werfen fotogene lange Schatten. Aber vom Pferd aus lassen sich diese nicht digitalisieren. Zumindest nicht unverwackelt.

Durch einige Gatter hindurch und in das Kieferwäldchen hinein. „Punto com" wird langsam wach und möchte spielen. Zielsicher sucht er sich immer die Passage, an der die Äste am niedrigsten hängen. Aber Bücken soll ja gesund sein. Der ­schmale Weg schlängelt sich langsam wieder auf das offene Land hinaus. Und da ist er tatsächlich. Mit einer schmalen Sichel begrüßt der Mond die Moonlight-Rider, während sich der Tag endgültig mit einem immer blasser werdenden rosafarbenen Himmel verabschiedet.

Nach einer Stunde neigt sich der Ausritt seinem Ende zu. Im Dunkeln werden die Pferde festgemacht. Die Knie sind doch ein wenig wackelig geworden und wippen am Boden nach. Es duftet nach gegrilltem Fleisch, und die Rothaut, die eben noch im Planwagen die Nichtreiter musikalisch bei Laune hielt, zupft auf der Bühne lässig „Hotel California". Trotz seiner Federn auf dem Kopf – ein Eagle ist er wahrlich nicht. Beim Line Dance springt dann Bruce Springsteen mit einer alten ­Country-Konserve ein. Vermutlich hätte sonst irgendwer das Kriegsbeil ausgegraben.

Wer von seinem Pferd nicht genug durchgeschüttelt worden ist, versucht sich nach dem Abendessen an dem mechanischen Stier. Für vier Euro kann man seinem Partner als Rodeostar imponieren – und ganz sicher mit der Schadenfreude aller anderen rechnen.

Infos

Rancho Grande

Son Serra de Marina, Carretera Artà-Alcúdia, km 13,7.

Täglich um 19 Uhr Moonlight Riding mit Barbecue und Sangría.

Preis pro Person: 59 Euro.

Mehr Infos unter www.ranchograndemallorca.com

In der Printausgabe lesen Sie außerdem

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