Weiter nach Osten geht es auf dem Landweg nicht. Eine 13,5 Kilometer lange kurvige Straße führt von Port de Pollença immer entlang der Steilküste zum Cap Formentor empor, an dessen äußerstem Zipfel sich laut mallorquinischem Volksmund die Winde treffen. Etwa auf halber Strecke senkt sich das Sträßchen wieder hinab zum Meer, um gleich nach einer scharfen Linkskurve seinen Weg hinauf zum Leuchtturm fortzusetzen. An diesem weitestgehend sturmgeschützten Knick treffen sich die Winde nur selten, dafür die Menschen. Zumindest jene, die sich einen Aufenthalt in der Fünf-Sterne-Herberge Hotel Formentor leisten können.

Vor 80 Jahren erfüllte sich an diesem schönen Flecken Erde der gebürtige Argentinier und Kunstliebhaber Adán Diehl seinen großen Traum. Anlässlich des Jubiläumsjahres hat die mallorquinische Hotelkette Barceló nun ein beeindruckendes Buch unter dem Titel „Formentor - La utopía posible“ (Formentor - Die mögliche Utopie) herausgegeben, das in Wort und Bild die bewegte Geschichte der Luxusherberge dokumentiert und sich ausführlich dem Leben des Hotelgründers Adán Diehl widmet. Als Autorin konnte Carme Riera gewonnen werden, eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Balearen.Viele historische Fotos und eine aktuelle Bildreportage des Word-Press-Photo-Preisträgers Carlos Spottorno illustrieren acht Jahrzehnte eines Hotels, das einen Meilenstein im Luxussegment des Mallorca-Tourismus setzte.

Nicht zuletzt wegen der Vision eines „gescheiterten Helden“, der gar kein Hotelier sein wollte. Ursprünglich wollte Diehl nur eine Villa für sich selbst bauen, dann wurde doch ein Hotel daraus. Ein Haus, das mit seinen Einnahmen die Kunst fördern sollte. Aber dazu kam es nicht. Im Gegenteil. Das 1929 eröffnete Hotel Fass war kein Geldsegen, sondern ein Fass ohne Boden. Aus unternehmerischer Sicht hätte es gar nicht gebaut werden dürfen, da es auf dem Landweg nur über einen schlecht ausgebauten, holprigen und nach Regenfällen schlammigen Schotterweg zu erreichen war.

Die ersten beiden Hotelgäste mussten sogar per Boot vom nahe gelegenen Hafen in Pollença übergesetzt werden. Zwei betagte englische Ladys landeten mit grünlichen Gesichtern am Hotelsteg und drückten einem Mann, der sie am Anleger freundlich in Empfang nahm, geistesabwesend ein Trinkgeld in die Hand. Aber es war kein Rezeptionist, der da am Meeresufer stand. Es war Adán Diehl persönlich. Vermutlich hatte er an diesem Tag zum ersten und letzten Mal mit seinem Haus etwas verdient. Diehl steckte sein ganzes Vermögen in das Hotel. Aus dem Millionär von einst wurde ein abgebrannter, völlig mittelloser Mann, der 1934 vor seinen Gläubigern nach

Frankreich fliehen musste.

Der Mann war seiner Zeit weltweit voraus. Allein schon die Idee, in einer völlig abgelegegen und unerschlossenen Gegend ­einen Golfplatz anzulegen, dürfte von den Hotelierskollegen in den 30er Jahren hämisch belächelt worden sein. Vielleicht sogar zu Recht, denn nach wochenlangem Schuften musste das Projekt damals wieder abgeblasen werden. Es gab keine Möglichkeit, das Grün zu bewässern.

Diehl hinterließ ein Hotel, das über die Jahre hinweg weit über Mallorcas Grenzen hinaus bekannt wurde und - dank des Erwerbs eines enormen Grundstücks - eine nahezu nicht verbaute Halbinsel, deren naturbelassene Schönheit seither der gesamten Bevölkerung und nicht nur den Hotelgästen zugutekommt.

Viele weitere Besitzer versuchten in dem Hotel ihr unternehmerisches Glück. Viele mussten - wie schon Diehl - einsehen, dass dieses Hotel sich nur schwer rechnet. Selbst 25 Jahre nach der Eröffnung schrieb es noch rote Zahlen. Seit 2006 ist das Haus im Besitz der mallorquinischen Barceló-Gruppe, die die gesamte Anlage sanieren möchte und diverse Umbauten plant.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

-Schön hier: Flotter Dreier gegen den Kater

Wegweiser: Wanderung auf den Puig de Maria

Kindermenü: Spielen, schneiden, fönen - Besuch beim Kinderfriseur