Dunkelrot und violett haben sie sich gefärbt. Schimmern wunderschön in der Wintersonne. Die letzten Oliven warten darauf, geerntet zu werden. Bis Weihnachten heißt es deshalb „Endspurt“ bei den Pflückern. Seit Oktober sind sie bei der Arbeit. Zuerst die grünen Oliven, die zum Verzehr bestimmt sind. Picual heißt die Sorte, die jetzt noch gepflückt und zu Olivenöl verarbeitet wird.

Oliven und die Ölgewinnung - das ist eine uralte Tradition. Seit 6.000 Jahren werden Oliven im Mittelmeerraum angepflanzt. 30 Hektar Plantagen mit 13.000 Olivenbäumen besitzt Oli Caimari, einer von Mallorcas größten Olivenölproduzenten, in der Umgebung von Caimari und Palma. Drei verschiedene Olivensorten werden hier angebaut: Arbequina, Empeltre und Picual. In manchen Gegenden stehen die Bäume so dicht, dass eine maschinelle Ernte kaum möglich ist. Noch immer ist die Ernte deshalb ein Prozess, hinter dem viel Handarbeit steht. Aber während bis vor 50 Jahren Erntehelfer mit der Leiter auf die Bäume kletterten und die Oliven mühsam Stück für Stück pflückten, gibt es heute maschinelle Helfer. Grobzinkige Rechen. Oder, wie bei Oli Caimari, sogenannte Vibratoren mit Motor. Damit gehen fünf Erntehelfer auf die Jagd nach den letzten Oliven.

Eine mühsame Arbeit, denn: Das rund 1,80 Meter lange Teil ist ganz schön schwer. Es wiegt mindestens zehn Kilo. Kein Wunder, dass ausschließlich Männer diesen Job machen. An der Spitze des Rechens befindet sich eine Art Zange, mit der der Ast umklammert wird. Was die Steuerung nicht gerade erleichtert. Ist er fest im Griff, wird mit einem kleinen Schalter der Motor angestellt. Und der Ast mit den Oliven so richtig durchgeschüttelt. Gleichzeitig schlägt ein weiterer Erntehelfer mit einem langen Stock auf die benachbarten Zweige ein, so dass die Oliven vom Baum fallen. Auch das ist fast eine Sportart: Es erfordert Kraft und Geschicklichkeit, den Stahlstock nicht nur zu halten, sondern auch noch gezielt auf die vollen Zweige einzuschlagen. Acht Stunden lang wechseln sich die Arbeiter dabei ab. Das Unangenehmste ist nicht mal das Gewicht der Riesenzange oder des Stocks, sondern aufwirbelnder Staub, der Lärm des Motors und der Gestank des Treibstoffs. Luis und Miguel tragen deshalb Ohrschützer. Von wegen Idyll … Die Profis brauchen kaum fünf Minuten, um einen Baum abzuernten. In der Zeit schaffe ich gerade mal einen Ast. Die Oliven fallen in Netze, die auf dem Boden ausgebreitet sind. Die Netze werden in riesige, weiße Säcke geleert. Ein Sack fasst rund 300 Kilo.

3.000 Kilo Oliven werden auf diese Art pro Tag geerntet. Zum Vergleich: Von Hand schaffen die Arbeiter gerade mal 90 bis 100 ­Kilo pro Tag. Die jüngsten Olivenfelder sind so angelegt, dass die Ernte maschinell erfolgen kann. Dort werden pro Tag sogar 6.000 Kilo geerntet. Mit den randvollen Säcken fährt ein Helfer nach Caimari. Dort steht die nagelneue, hellblaue Ölmühle.

In Caimari sorgen zwei Arbeiter dafür, dass die vollautomatische Mühle läuft. Antonio kippt die Oliven in einen Schacht. Von dort aus werden sie erst einmal von Blättern befreit. Dann werden die Oliven gewaschen, später mit Kernen zu einem Brei gepresst und gut verrührt. Der Brei wird unter einer hydraulischen Presse verteilt. In einer Schleuder werden Kerne von organischem Material getrennt. Aus den organischen Abfallstoffen wird Dünger, der Rest wird als Brennstoff genutzt. In einem Überlaufbecken wird dann das Öl vom Wasser getrennt.

2.000 Kilo Oliven pro Stunde werden hier verarbeitet. Daraus werden rund 400 Liter Öl gewonnen. Macht pro Tag rund 3.200 Liter. Ganz wichtig: der Säuregrad. Er bestimmt die Qualität des Öls. Olivenöl darf nur virgen extra heißen, wenn der Säuregehalt nicht mehr als 1 Prozent beträgt. Bei Caimari gibt es fünf unterschiedliche Sorten. Ihr Säuregrad liegt zwischen 0,4 und 2 Grad. Das neue Öl steht übrigens schon jetzt in den Geschäftsregalen.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Kindermenü: Das gibt‘s zu Weihnachten

- Wegweiser: Wanderung zum Kloster Lluc

- Schön hier: Die Stadt der 100.000 Lichter