Es war ein hartes Geschäft in unwirtlicher Natur: die Erzeugung von Eis mit Schnee der Tramuntana. Erstmals erwähnt wurde dieses mallorquinische Gewerbe 1564, betrieben wurde es bis Anfang des 20. Jahrhunderts, als der Bau der ersten Eisfabrik in Inca sein Ende einläutete. Von den teilweise beeindruckenden Bauten, die errichtet wurden, um Schnee einzusammeln und zu Eis zu pressen, sind heute nur noch Ruinen übrig.

Eine der größten Ansammlungen von cases de neu (Schneehäusern) befindet sich rund um den Puig d´en Galileu am Wanderweg GR 211, konkret jener Teilstrecke, die vom Kloster Lluc zur Herberge Tossals Verds bzw. zum Stausee Cúber führt. Interessant auch deshalb, weil die ­nevaters (Schneesammler), um den Transport der Eisblöcke hinunter ins Tal zu ermöglichen, einen der spektakulärsten Trockensteinwege der Tramuntana bauten: den Camí de ses voltes d´en Galileu.

Die ­Trasse schlängelt sich einen – man hat den Eindruck: beinahe vertikalen – Felshang hinauf. Oben liegen in mehreren Senken die Ruinen der Schneehäuser verteilt. Übrig sind davon nur noch die grob aus Stein errichteten Mauern. Dennoch lassen sich die Dimensionen der ursprünglich überdachten Bauten erahnen, und vor allem gewinnt man eine Vorstellung von der Härte des Daseins der nevaters.

Das Schneebusiness hatte eine lange Tradition. Schon in den Märchen von Tausendundeiner Nacht wird es erwähnt, und die Zivilisation aus dem Morgenland war es wahrscheinlich auch, die es während ihrer Herrschaft über die Insel von 900 bis 1229 hier einführte. Die meisten der mehr als 40 Schneehäuser, die auf der Insel geortet worden sind, liegen auf rund 1.000 Meter Höhe.

Das am tiefsten gelegene – die Casa de Neu de ses Figueroles im Gemeindegebiet Selva auf nur 615 Metern Höhe – erinnert an die klimatischen Veränderungen, die Mallorca über die Jahrhunderte hinweg erfahren hat. Tatsächlich war es im 17. und 18. Jahrhundert auf der Insel deutlich kälter als heute.

Dauernde Schneesicherheit gab es freilich nur in höheren Lagen. Genau dort gingen die nevaters ihrer Arbeit nach: Lag genügend Schnee, zogen sie in Steinbaracken, die in unmittelbarer Nähe der Schneehäuser lagen, und füllten die zum Teil riesigen Depots allmählich an. Je nachdem, wie stark es im jeweiligen Winter geschneit hatte, konnte die Kampagne mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Die cases de sa neu hatten hoch angelegte Öffnungen, durch die der Schnee hineingeschaufelt wurde, und einen ebenerdigen Zugang zum Herausnehmen der Eisblöcke. Das Anfüllen fand Schicht für Schicht statt. Sobald eine Schneeschicht aufgefüllt war, trampelten die nevaters auf ihr herum und drückten sie zusammen. Danach wurde diese Schicht mit diversem Material wie Schilf abgedeckt. Auf die oberste Schicht kam eine Lage Zweige, Schilf und Asche. Dann wurde das „Haus" dicht gemacht. Erst Anfang des Frühjahrs wurden die Eisblöcke herausgeholt. Dann begann der mühselige Transport, über den Serpentinenweg hinunter nach Lluc und dann per Eselskarren nach Palma.

Dort diente das Eis zur Erzeugung von Speiseeis, aber vor allem auch medizinischen Zwecken: Man senkte damit das Fieber, behandelte Verbrennungen und innere Blutungen. Das Eis war begehrt: Eine behördliche Anordnung aus dem Jahr 1656 drohte mit Strafen für den Verkauf von Eis außerhalb von Palma, solange die Hauptstadt nicht versorgt war.

In der Printausgabe vom 4. März (Nummer 513) lesen Sie außerdem:

- Kindermenü: Für eine bessere Welt

- Schön hier: Stadtführer über das gotische Palma

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