Schwungvoll fährt der Traktor mit dem beladenen Anhänger durch das geöffnete Tor. Mandelbauer Pedro Segui liefert seine Ernte in der Kooperative Camp Mallorquí in Consell ab. Heute muss er nicht Schlange stehen. Man erwartet ihn bereits an der Waage. „Wir wiegen erst den vollen Anhänger und nach dem Abladen der Mandeln (Spanisch: almendra, Katalanisch: ametla) den leeren", sagt Georgina Brunet (31), die Leiterin der Kooperative. Nach diesem Taragewicht wird dann der Lieferschein für die abgelieferte Fracht ausgestellt. 1.500 Tonnen Mandelkerne werden auf der Insel jährlich im Schnitt geerntet. 26 Prozent der Mandeln werden im Camp Mallorquí verarbeitet, im Vorjahr waren es 350 Tonnen.

Segui fährt den Anhänger millimetergenau rückwärts an die Rampe, öffnet die Rückwand und lässt die Ladefläche hydraulisch in eine schiefe Ebene bringen. Die ersten Mandeln kullern einzeln von der Ladefläche, dann rutscht die ganze Ladung mit einem lautem Rumms nach unten durch das Gitter in einen Schacht. Es staubt gewaltig.

Für die Steinfrüchte beginnt nun ein maschineller Bearbeitungsprozess, der insgesamt eine Stunde dauern wird. „Wir besitzen die einzige Anlage auf Mallorca, die Mandeln knackt, schält und verpackt", sagt Georgina Brunet. Sie führt durch den Maschinenpark, der in einer Industriehalle mit mehreren Räumen untergebracht ist. Die almendras werden aus dem Schacht durch einen Aufzug in eines von sieben Silos befördert. Drei weitere sind sogenannte Nass-Silos, in denen die Mandeln eingeweicht werden, damit sie sich leichter knacken lassen.

In der riesigen Halle herrscht ein ohrenbetäubender Lärm, der von den Knackmaschinen stammt, die die harten Schalen zertrümmern. Türkisfarbene Rüttelmaschinen sortieren die Mandeln anschließend und schleudern sie auf ein dreiteiliges Förderband. Auf dem ersten liegen zerbrochene Mandelschalen. „Wir verkaufen sie zum Heizen, als Rohmaterial für Bioenergie und für den Garten", sagt Brunet. Auf dem mittleren Band befinden sich Mandeln, deren Schale beim ersten Durchgang nicht aufgesprungen ist. Die Mandeln müssen noch einmal zurück in die Maschine. Auf der dritten Spur liegen Kerne (Spanisch: almendrón, Katalanisch: bessó), die so, wie sie sind, in Säcke gefüllt werden und mit ihrer Haut in den Handel kommen.

Die Kerne, die von den leicht bitteren, dunklen Häutchen (Spanisch: piel, Katalanisch: pell) befreit werden sollen, laufen in den schmalen blauen Kästchen eines Förderbandes weiter und landen in einem Heizkessel. „Die Kerne schwimmen hier im Wasserbad, das auf 96 Grad erhitzt ist", sagt Brunet, das tötet Mikroben ab, anschließend lösen sich die Häutchen leicht vom Kern.

Dazu wird ein weiteres Mal gerüttelt: Die Kerne tanzen auf einem Sieb hin und her, die Haut fällt unterdessen durch die Löcher. Die sauberen elfenbeinfarbenen Kerne bringt ein Förderband zur Trockenanlage. Von dort aus kommen die Mandelkerne zu einer vorletzten Auslese, die von Hand durchgeführt wird. Bei der letzten maschinellen Behandlung werden große, mittlere und kleine Mandeln getrennt und in 25 Kilogramm-Säcke gefüllt.

Wenn ein Landwirt mit dem Zertifikat Producción Agrària Ecològica des Consell Insular Mandeln aus ökologischem Anbau abliefert, werden diese getrennt von der übrigen Produktion behandelt und mit dem Ökosiegel verkauft. Camp Mallorquí ist die einzige Kooperative auf Mallorca, die für Ökomandeln gerüstet ist.

Alle Mandeln lagern in Kühlkammern bei einer Temperatur von 12 Grad und 6 Prozent Luftfeuchtigkeit. Die geschälten Mandeln werden von Subunternehmen zu Splittern und Blättchen weiterverarbeitet. In der Kooperative in Consell verpackt man sie später zu Gebinden von einem halben, einem oder fünf Kilogramm. Doch dafür bleibt in diesen Tagen keine Zeit. Noch bis Ende November ist man ausschließlich damit beschäftigt, die Ernten der Landwirte anzunehmen.

Als Pedro Segui mit dem rosafarbenen Lieferschein in der Hand auf seinen Traktor steigt, ist er ungehalten. „Die Mandelernte lohnt sich nicht", sagt der Landwirt. Auf seinen Mandelplantagen, die sich auf 17 Hektar ausbreiten, ist eine von den Erntemaschinen im Einsatz, die in den 90er Jahren die Mandelernte revolutioniert haben. Die Netze sehen aus wie riesige umgeklappte Regenschirme. Beim Rütteln des Baumes fallen nach allen Seiten Mandeln ins gespannte Netz. Die Erntemaschine befreit die Mandel auch sogleich von ihrer ersten weichen grünen Hülle, an deren Aufspringen man erkennt, dass die Mandel reif ist.

Bevor es diese Maschinen gab, schlugen die payeses die Mandeln mit langen Schilfstangen, cañas, von den Bäumen, unter denen sie Netze auslegten. Dies forderte den Einsatz der ganzen Familie oder Saisonarbeiter vom spanischen Festland. An den Berghängen der Serra de Tramuntana, wo Maschinen nicht zum Einsatz gebracht werden können, ernten die Bauern noch heute mit Stangen.

„Die Maschine kostet mich 65 Euro die Stunde", sagt Segui. Es gibt auch Verleiher von Erntemaschinen, die statt Stundenhonorar 85 Prozent der Mandelernte kassieren.

Ein Baum liefert im Jahr um die 50 Kilogramm Mandeln, wenn es sich um Plantagen handelt, die bewässert werden. Wenn die Bäume mit den Niederschlägen auskommen müssen, liefern sie nur 15 bis 20 Kilogramm im Jahr.

Schon vom jungen Mandelbaum können Früchte geerntet werden. Ihre endgültige Größe und Leistungsfähigkeit erreichen die Bäume im Alter von 10 bis 15 Jahren. Nach 50 Jahren altern die Mandelbäume schnell, ihre Blühfreudigkeit lässt nach und es wird Zeit, sie durch neue Bäume zu ersetzen.

Auf den Balearen gibt es rund 5 Millionen Mandelbäume, die auf 18.000 Hektar wachsen. Die Europäische Union subventioniert die Mandelplantagen. In diesem Jahr bezahlt die EU den Landwirten pro Hektar 241,50 Euro, ob diese Unterstützung auch für 2012 erwartet werden kann ist noch nicht sicher.

Ungewiss ist auch, wie viel Segui in diesem Jahr für seine Mandeln bekommt. „Im Vorjahr wurde für das Kilogramm Mandelkerne zwischen 2,10 und 2,30 Euro bezahlt", sagt Brunet. Dieser Preis wird dieses Jahr nicht erreicht. Weltmarktführer ist die USA, die kalifornische Ernte wird dieses Jahr üppig ausfallen, das drückt den Preis der spanischen Mandeln.

Dass die kleinere mallorquinische Mandel der größeren aus Kalifornien geschmacklich überlegen ist, das wussten Feinschmecker schon immer. Doch jetzt belegt dies auch eine kürzlich erschienene Studie der Balearen-Universität (UIB). Und an Weihnachten, wenn der Turrón auf dem Tisch liegt, ist auch Mandelbauer Pedro Segui trotz der Niedrigpreise wieder guter Dinge.

In der Printausgabe vom 8. September (Nummer 592) lesen Sie außerdem:

- Showtime: Der Paradiesvogel mit den 500 Perücken

- Aktiv auf der Insel: Abenteuerspielplatz Galatzó

- Abschlag: Die Fairway-Tricks des Mr. Robinson

- Schone Dinge: Große Gefühle für kleines Geld

- Wasserwelten: Das "Hyatt" unter den Ozeanriesen

- Kibdermenü: Der Erfinder mit Lupe und Lötkolben

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